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# taz.de -- Bund als G-20-Lohndrücker: Billiglöhne sind der Gipfel
> Das Bundesinnenministerium wirbt Sicherheitsdienste für den Objektschutz
> an, die nicht tarifgebunden sind. Die Gewerkschaft Verdi ist empört.
Bild: Können ruhig Billiglöhner schützen: Bundeswehr-Deinstleistungszentrum
Hamburg taz | Das Bundesinnenministerium hat bei einer Ausschreibung für
Objektschutzaufgaben während des G-20-Gipfels in Hamburg bewusst nicht
tarifgebundene Security-Unternehmen umworben, indem ihnen deutlich gemacht
wurde, dass zum Schutz bundeseigener Liegenschaften auch Angebote unter
Tarifstandards Berücksichtigung finden werden.
Unter den zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen rund um den G-20-Gipfel geht es
um einen der kleineren Aufträge, wenn auch das Bundesinnenministerium den
Schutz ihrer Liegenschaften während des Treffens der Staatenlenker in
Hamburg ausschreibt. Dazu gehören zum Beispiel Gebäude von Bundesbehörden
oder Areale von Institutionen wie Technisches Hilfswerk, Bundespolizei und
Bundeswehr.
## Verdi sieht „fatales Zeichen“
Dass nun explizit nicht tarifgebundene Firmen aufgefordert werden, sich zu
bewerben, sei dennoch ein „fatales Zeichen“ und ein „Skandal“, sagt Pet…
Bremme, in Hamburg Fachbereichsleiter der Abteilung „Besondere
Dienstleistungen“ in der Gewerkschaft Verdi.
Denn das Bewachungsgewerbe ist nicht nur eine besondere Dienstleistung,
sondern eine prekäre Branche, in der in der Vergangenheit oft
Arbeitsrechts-Wild-West und Dumpinglöhne geherrscht haben oder noch
herrschen. Daher ist Ver.di froh, dass es in den letzten Jahren gelungen
ist, den Niedriglöhnen durch Tarifverträge mit dem Verband des
Sicherheitsgewerbes entgegenzuwirken. Dem gehören allerdings nicht alle
Security-Unternehmen an. Und die Tarifverträge sind bisher für die Branche
nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden.
Darum traf Verdi-Sekretär Bremme der Schlag, als er von der Ausschreibung
des Bundesinnenministeriums durch das Beschaffungsamt in Bonn erfuhr, mit
der Firmen zur Bewachung von bundeseigenen Einrichtungen, Gebäuden und
Flächen während des G-20-Gipfels zwischen Ende Juni und Mitte Juli gesucht
werden. Darin werden explizit Firmen aufgefordert, sich zu bewerben, die
nicht dem Unternehmerverband angehören und somit nicht tarifgebunden wären.
Die Vergütung der Wachleute solle sich zwar am Tarifvertrag des Hamburger
Bewachungsgewerbes „orientieren“, der einen Lohn von mindestens 9,50 Euro
pro Stunde vorschreibt, aber in der Ausschreibung heißt es: „Eine
Orientierung ist eingehalten, wenn der für den bestehenden Lohntarifvertrag
ausgewiesene tarifliche Stundengrundlohn um nicht mehr als fünf Prozent
unterschritten wird.“
## Innenministerium wollte „Mindestniveau“ festschreiben
In einem Brief an Verdi, der der taz vorliegt, argumentiert das
Bundesbeschaffungsamt, durch die Klausel wolle man tarifgebundene
Unternehmen daran erinnern, dass sie den Tarif einhalten müssten. Gerade
dem „fachkundigen Bieter“ werde klar, dass die Unterschreitung des
Tariflohns nur denjenigen Unternehmen erlaubt sei, die nicht einer
Tarifbindung unterliegen. „Es wird somit gerade ein Mindestniveau des
Grundlohns für all diejenigen Bieter geschaffen, die dem Geltungsbereich
Tarifvertrags nicht unterliegen“, sagt eine Sprecherin.
„Quatsch“, schimpft Gewerkschafter Bremme. „Mit dieser Ausschreibung werd…
Unternehmen, die Tarifflucht in der Branche betreiben, Tür und Tor
geöffnet“, sagt er „Und die tariftreuen Firmen werden benachteiligt.“
Ver.di schlägt daher als Ausgleich für den Tarifvertragsverstoß eine
pragmatische Lösung vor, so Bremme: „Wir erwarten, dass der Bund eine
mögliche Lücke zum Tariflohn schließt und die besondere Belastung der
Beschäftigten im Bewachungsgewerbe zusätzlich mit einem G-20-Zuschlag von
einem Euro die Stunde wertschätzt.“
11 Jun 2017
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Lohndumping
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Security
Tarif
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Wachschutz
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