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# taz.de -- Visumfrei von Kiew nach Berlin: Ласкаво просимо в Б…
> Herzlich willkommen in Berlin: Ab Sonntag dürfen ukrainische Staatsbürger
> ohne Visum in die EU reisen. Die Berliner Ukrainerinnen und Ukrainer
> freuen sich.
Bild: So fing es an: Ukrainerinnen und Ukrainer in Berlin demonstrieren im Deze…
## Jetzt ist es konkret
„Das ist das Ereignis, auf das wir alle gewartet haben. Ich hab schon vor
Jahren einen Song geschrieben, der hieß ‚Visa free‘. Als ich noch meinen
ukrainischen Pass hatte, hätte ich mir nichts lieber als das gewünscht. Ich
hab ja am eigenen Beispiel gespürt, was es heißt, bei Konzerten für jedes
Land ein Visum beantragen zu müssen. Das kostet Nerven und Zeit und Geld.
Die Leute haben auf dem Maidan auch für die Reisefreiheit gestanden. Jetzt
ist es konkret. Ich glaube nicht, dass das zu einem großen Anstieg der
Arbeitsmigration führen wird. Da ist Polen viel näher. Und diejenigen, die
schon in Berlin arbeiten wollten, sind hier. Die sind eben mit Visum
eingereist. Aber jetzt ist es natürlich einfacher und günstiger.“
Yuriy Gurshy ist Musiker und wurde in Charkiw geboren
## Unser Lebensstil
„Ich bin auf der Krim geboren und 1993 das erste Mal nach Deutschland
gekommen. Ich weiß, was es heißt, alle Unterlagen für ein Visum
zusammenzubekommen. Obwohl ich inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft
habe, freue ich mich sehr für meine Landsleute. Gerade für die jüngere
Generation und für zivilgesellschaftliche Aktivisten gehört es ja zum
Lebensstil, zu reisen, sich zu treffen, gemeinsame Projekte zu machen.
Dafür ist die visafreie Reisemöglichkeit großartig, weil sie auch spontane
Reisen erlaubt. Zuvor musste man erst nach Kiew in die Deutsche Botschaft,
um ein Visum zu beantragen.
Vielleicht entdecken auch mehr Berliner und Deutsche die Ukraine. Als 2005
der Visazwang für Deutsche in die Ukraine abgeschafft wurde, sind viele zum
ersten Mal in dieses Land gefahren.“
Yuliya Erner ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet beim
Deutsch-Russischen Austausch.
## Lange Zeit unerwünscht
„Das Visum stellte für mich immer eine bürokratische und psychologische
Hürde dar. Die Vorbereitungen nahmen mindestens eine Woche in Anspruch, es
folgten stundenlanges Schlangestehen und dann noch eine Woche für die
Antragsbearbeitung. Dazu kamen die Gebühren, die für ukrainische
Verhältnisse recht hoch waren – 35 Euro für das Visum und 20 Euro für die
Leistungen des Visumbüros. Viele Ukrainer gaben noch vor dem
Antragsverfahren auf. Die Europäische Union war gefühlt unerreichbares
Gebiet, obwohl mit Polen, Ungarn, der Slowakei und Rumänien vier unserer
direkten Nachbarländer Mitglieder der EU sind.
Ich erinnere mich an meinen ersten Visaantrag. Ich war 18 Jahre alt und
wollte in Düsseldorf einen Sprachkurs absolvieren, den ich sogar schon
bezahlt hatte. Mein Antrag wurde abgelehnt. Ich habe das Visum am Ende aber
doch erhalten. Dennoch konnte man sich damals leicht als unerwünschter Gast
in Europa fühlen.“
Anna Chepizhko ist Stipendiatin des diesjährigen IPS-Programms des
Deutschen Bundestages.
## Gemischte Gefühle
„Ins Flugzeug steigen und einfach nach Berlin, Paris oder Warschau fliegen.
Das ist toll. So lange haben Ukrainer auf diese Entscheidung gewartet, dass
sie fürchten, die EU könne es sich im letzten Moment noch anders überlegen.
Gleichzeitig sehe ich im Fernsehen in Kiew, dass eine andere Debatte wieder
hochkommt: das Visa-Regime mit Russland. Bis heute können russische
Staatsbürger ohne Visum in die Ukraine einreisen. Nun hat die Regierung
einen Gesetzentwurf vorbereitet, der das ändern soll. Einerseits denke ich,
es ist naheliegend, ein Visa-Regime mit dem Land einzuführen, von dem man
attackiert wird. Und doch werde ich das Gefühl nicht los, als würde mir
damit das Stück Freiheit, das ich gerade bei der EU gewonnen habe, wieder
weggenommen. Viele Ukrainer haben Verwandte in Russland, Freunde, die sie
regelmäßig besuchen – auch ich. Sollte die Ukraine tatsächlich die
Visapflicht für Russland einführen, würde der Kreml das Gleiche tun. Die
Verlierer werden jene Ukrainer sein, die weiterhin in Russland ihr Geld
verdienen und dort Angehörige haben.“
Inga Pylypchuk ist Journalistin und Kolumnistin
## Bild der Ukraine ändert sich
„Um ehrlich zu sein, fehlt es mir noch schwer zu glauben, dass es wahr ist.
Die Visafreiheit gibt uns jetzt die Möglichkeit, auch kurzfristiger und
spontaner zu reisen. Großartig!
Was die ukrainische Community in Berlin betrifft, gibt es eine Gruppe von
Leuten, die sich ehrenamtlich für die Menschen in der Ukraine einsetzten.
Andere entwickeln Projekte zur Förderung der Zivilgesellschaft und von Good
Governance. Viele meine Freunde waren schon in der Ukraine und sind sehr
begeistert. Ich denke, je offener die EU gegenüber der Ukraine ist, desto
mehr Anziehungskraft wird sie haben.“
Nataliya Pryhornytska ist Masterstudentin an der FU Berlin
## Gut für Integration
„Die Visafreiheit für die Ukraine ist ein wichtiger Faktor der ukrainischen
Integration in die EU. Auch in Berlin. Hier gibt es viele Initiativen,
einige organisieren Kulturveranstaltungen, andere sammeln Geld und
organisieren Sommercamps für die Kinder aus der Ostukraine, wiederum andere
zeigen ukrainisches Kino in Berlin. Ich denke, es wäre gut, wenn alle
Initiativen mehr zusammenarbeiten. Während des Euromaidan hat die Community
ihre Kraft und ihren Zusammenhalt schon gut gezeigt, sodass es für diese
neue Vereinigung in kurzer Zeit gute Aussichten gibt.“ Oleksandra Gnyp ist
Stipendiatin des DAAD
## Das reicht nicht
„Diese visafreie Geschichte ist ein wichtiges Zeichen. Gleichzeitig werden
jetzt Grenzübertritte schwerer. Und zwar für Rentner, Studenten, einfache
Arbeiter, für alle, die nicht fliegen können, weil es zu teuer ist. Wir
haben heute sechs Stunden mit dem Bus an der ukrainisch-polnischen Grenze
gestanden. Die Menschen haben mir berichtet, es sei schlechter geworden,
als es hieß, jetzt käme die Visafreiheit. Das muss sich ändern, es muss
mehr Personal her.“
Oleksandra Bienert ist Koordinatorin der Menschenrechtsinitiative Pravo
8 Jun 2017
## AUTOREN
Uwe Rada
Daniel Schulz
## TAGS
Ukraine
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