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# taz.de -- Kommentar Erdoğans Machtausbau: Gnadenlose Konsequenz
> Recep Tayyip Erdoğans Projekt der Alleinherrschaft steht kurz vor der
> Vollendung. Wer glaubt, ihn aufhalten zu können, macht sich etwas vor.
Bild: Normale Wahlen dürften in der Türkei der Vergangenheit angehören
Der türkische Autokrat Recep Tayyip Erdoğan hat Sonntag ein Ziel erreicht,
auf das er Jahre hingearbeitet hat. Mit der Rückkehr an die Spitze der
Regierungspartei AKP, die im Parlament eine absolute Mehrheit hat,
übernimmt er die Kontrolle über die Legislative.
Durch die Zustimmung zum Präsidialsystem vor einem Monat wird er ab 2019
ein Präsident mit allen exekutiven Befugnissen sein. Das Projekt
Alleinherrschaft steht für Erdoğan damit kurz vor der Vollendung.
Die Transformation der Türkei von einer fragilen Demokratie zu einer
islamischen Führerherrschaft ist nun nur noch schwer zu stoppen. Viele
säkulare Intellektuelle, die von dieser Entwicklung existentiell betroffen
sind, wollen das noch nicht wahrhaben. Sie hoffen darauf, dass Erdoğan die
jahrelangen Auseinandersetzungen nicht mehr lange durchhält, sich aufgrund
ökonomischer Schwierigkeiten von seiner Basis entfremdet und/oder die
Unterstützung seiner Partei verliert.
Noch leistet ein Teil der Gesellschaft tapfer Widerstand. Doch in
absehbarer Zukunft wird kaum noch die Chance bestehen, das Ergebnis der
Volksabstimmung vom 16. April zu korrigieren.
Egal, ob der knappe Sieg des Präsidialsystems mit unlauteren Mitteln
erzielt wurde oder nicht: Erdoğan treibt die Umwandlung des Landes mit
gnadenloser Konsequenz voran. Und er hält den Erregungspegel bei seinen
Anhängern weiterhin hoch – mit der Gülen-Bewegung als innerem und den
syrischen Kurden als äußerem Feindbild. Der Ausnahmezustand bleibt, sodass
das Land nicht zur Besinnung kommt. Normale Wahlen dürften der
Vergangenheit angehören.
Die Europäische Union muss sich deshalb gut überlegen, ob und wie sie mit
der Türkei noch zusammenarbeiten will. Eine reine Handelskooperation würde
nur Erdoğan nutzen und wäre deshalb fatal. Doch die Kontakte ganz
abzubrechen, würde auch den Demokraten in der Türkei schaden. Es kommt
deshalb darauf an die Zivilgesellschaft zu schützen, ohne den Autokraten zu
stützen.
22 May 2017
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
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Recep Tayyip Erdoğan
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