# taz.de -- Journalistische Herausforderung AfD: Bleibt sachlich! | |
> Sie nennen Medien „Lügenpresse“ und wollen per Tabubruch | |
> Aufermerksamkeit. Dennoch sollte man über die AfD objektiv berichten. | |
Bild: Pegida-Demo 2016: Schön, wenn man so geliebt wird. Von Umarmungen wird d… | |
Als Journalistin [1][über die AfD zu schreiben], die für sich selbst | |
beansprucht, Teil von Gegenöffentlichkeit zu sein, ist anders, als über | |
andere Parteien zu berichten. Da sind Politik und Ziele der AfD, die die | |
weltoffene Gesellschaft angreifen und den demokratischen Rechtsstaat, in | |
dem wir leben, gefährden können. Da ist zudem [2][der mitunter schwierige | |
direkte Umgang mit der Partei], ihren Funktionär*innen und Anhänger*innen. | |
Und die Gefahr, als Journalistin das Geschäft der Rechtspopulisten zu | |
betreiben. Wie also über die Partei berichten? Fünf Gedanken. | |
## 1. Keine Pauschalurteile | |
Man muss die Inhalte der AfD nicht mögen, aber sie füllt eine Lücke, die am | |
rechten Rand des demokratischen Parteienspektrums entstanden ist. Weder die | |
Mitglieder noch die Wähler*innen sind alle Rassist*innen oder gar | |
Rechtsextreme. Manche von ihnen wünschen sich schlicht die schwarz-weiße | |
Welt der Kohl’schen CDU zurück, sie haben das Recht auf eine politische | |
Repräsentanz. Aber es gibt völkische und rechtsextreme Positionen in der | |
AfD, Funktionär*innen und Anhänger*innen, die sich an oder jenseits der | |
Grenze des Zulässigen bewegen, die Teil von Netzwerken weit ins | |
rechtsextreme Lager sind. Und sie werden mehr. | |
Das muss gut recherchiert und präzise beschrieben werden, | |
Pauschalisierungen sind fehl am Platz. Sie helfen weder, die AfD und ihre | |
Anhänger*innen zu begreifen, noch bringen sie diese dazu, über ihre | |
Entscheidung nachzudenken. Stattdessen bestätigen sie ihre Vorurteile gegen | |
Medien und das Gefühl, mal wieder Opfer zu sein. | |
## 2. Sachlich bleiben | |
Die taz hat jüngst die beiden Spitzenkandidat*innen der AfD auf der | |
Titelseite als „Das Ekelpaket“ bezeichnet, ein Teil der Redaktion und der | |
Leser*innen mag das angemessen oder witzig finden. Es bleibt aber eine | |
persönliche Diffamierung unter der Gürtellinie, die nichts zu einer | |
inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD beiträgt. Darum aber sollte es | |
gehen. | |
## 3. Klug sortieren | |
Für die AfD ist Provokation ein zentrales Mittel, um Aufmerksamkeit und | |
Berichterstattung zu generieren, das hat die Parteispitze in einem | |
Strategiepapier selbst so formuliert. Für Journalist*innen ist das ein | |
Dilemma: Berichten sie, spielen sie das Spiel der AfD mit. Aber deshalb | |
nicht schreiben? Journalist*innen sollten hier tun, was sie immer tun | |
sollten: Sorgsam abwägen, was berichtenswert ist und was nicht. Billige | |
Provokationen sind das eher nicht, Tabubrüche wie Höckes Forderung einer | |
[3][„180-Grad-Wende in der Erinnerungskultur“] oder Petrys Überlegung, | |
[4][an der Grenze auf Flüchtlinge zu schießen], schon eher. | |
## 4. Genau hinsehen | |
Die AfD benennt auch gesellschaftliche Probleme, die es wirklich gibt und | |
die einen Teil der Bevölkerung umtreiben. Die Profillosigkeit mancher | |
Parteien. Der Sexismus mancher Migrant*innen. Die schlechten Aussichten | |
mancher Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt. Probleme bei der Inklusion. Haben | |
wir diese und andere Probleme deutlich genug benannt? Oder manchmal aus | |
Sorge, es könnte die Situation weiter verschlimmern, einen Teil der | |
Realität ausgeblendet? Und damit Platz gelassen für die einfachen Antworten | |
der Rechtspopulist*innen? Es hilft alles nichts: Wir müssen dahin schauen, | |
wo es wehtut. Und zwar ganz genau. | |
## 5. Haltung zeigen | |
Sachlich zu berichten aber heißt nicht, dies ohne Haltung zu tun. Diese | |
kann sich in der Auswahl der konkreten Themen und ihrer Einordnung | |
niederschlagen, in hartnäckiger Recherche oder der Auswahl von | |
Gesprächspartner*innen. Die eigene Meinung aber kann man sich getrost für | |
den Kommentar aufsparen. | |
23 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Medien-und-die-AfD/!5399011 | |
[2] /Treffen-europaeischer-RechtspopulistInnen/!5371514 | |
[3] /Nach-Ansprache-in-Dresden/!5388898 | |
[4] /Waffengewalt-gegen-Fluechtlinge/!5275455 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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