| # taz.de -- Neues Künstlerhaus: Begegnungsraum im Schnoor | |
| > Mitten im Schnoor hat der „Ausspann“ wiedereröffnet. Er soll Raum für | |
| > Kunst, Kreativität und Integration schaffen. Die Finanzierung steht auf | |
| > der Kippe. | |
| Bild: Ruth Degenhardt und Ronald Philipps in der Tür des „Ausspann“ | |
| BREMEN taz | Der „[1][Ausspann]“ im Schnoor will mehr bieten als nur | |
| Gastronomie. Seit Ende März ist das gelb gestrichene Eckhaus offiziell nun | |
| wiedereröffnet. Als Künstlerhaus soll es Raum für alle Teile der | |
| Gesellschaft bereitstellen. | |
| „Tee aus dem Samowar und Leitungswasser gibt es gratis“, sagt [2][Ronald | |
| Philipps, Künstler] und Initiator des Projekts. Außerdem wurde das Prinzip | |
| des „Suspended Coffee“ eingeführt. Beim „aufgeschobenen Kaffee“ haben | |
| Kunden die Möglichkeit, zusätzlich zu ihrem Getränk noch ein zweites zu | |
| bezahlen. Was bezahlt wurde, wird auf die Tafel gegenüber der Theke | |
| vermerkt. Die bezahlten Getränke können sich dann Bedürftige bestellen. | |
| „Inzwischen zahlen manche Besucher auch schon Essen“, berichtet Philipps. | |
| Integration ist ein besonders wichtiger Teil des Ausspanns. Von Anfang an | |
| haben Flüchtlinge im Haus geholfen und nutzen die Räumlichkeiten für | |
| Sprachkurse und Kreativ-Gruppen. Seinen Ursprung hat das Projekt in der | |
| Flüchtlingskrise. „Nachdem diese 2015 begann, fragten verschiedene Gruppen, | |
| die mit Flüchtlingen arbeiten, ob sie mein Atelier für kreatives Arbeiten | |
| nutzen können“, erzählt Philipps. Sein Atelier in Walle wurde immer voller. | |
| Häufig ging der Künstler, der eigentlich im wenige Meter entfernten | |
| [3][Künstlerhaus Art15] verwurzelt ist, am leer stehenden Ausspann vorbei. | |
| „Im Februar 2016 habe ich mich dann entschieden, das Haus zu mieten.“ Über | |
| ein Jahr wurde mit zahlreichen Ehrenamtlichen, darunter vielen | |
| Flüchtlingen, am 1562 gebauten Speicherhaus gewerkelt. Fertig ist es | |
| dennoch nicht. In der Mansarde entsteht gerade ein Multimedia-Atelier. Die | |
| Wände wurden gemeinsam mit einer Klasse von „neudeutschen“ SchülerInnen d… | |
| Rübekamp-Schule gestrichen, die Farbe wurde von einem Malerunternehmen aus | |
| dem Schnoor gesponsert, die SchülerInnen haben sich mit bunten | |
| Handabdrücken an den Dachschrägen verewigt. | |
| Auch in anderen Räumen des verwinkelten Hauses sind Geflüchtete aktiv. Eine | |
| Gruppe afghanischer Frauen trifft sich, um zu besprechen, wie sie die | |
| Integration von Frauen verbessern können. Andere Geflüchtete lernen mit | |
| Hilfe von Ehrenamtlichen Deutsch, während ihre Kinder betreut werden. | |
| Allerdings sind die Deutschkurse noch nicht zertifiziert. „Das ist in | |
| Arbeit“, so Philipps. | |
| Studierende und Geflüchtete treffen sich, um gemeinsam kreativ zu sein. | |
| „Der Ausspann ist ein schöner Ort für die Zusammenkunft verschiedener | |
| Gesellschaftsgruppen“, meint eine Studentin. „Er bietet Raum für Projekte | |
| und diejenigen, die Projekte gestalten wollen.“ Eine junge Frau aus Sri | |
| Lanka meint: „Der Austausch mit den anderen hilft mir, Deutsch zu üben.“ | |
| Es gibt für Flüchtlinge auch Informationen und Einzelgespräche zu | |
| Asylverfahren. Die Sprache sei dabei egal, meint Philipps. „Sobald ich die | |
| Sprache erkannt habe, habe ich jemanden, der dolmetscht.“ | |
| Ehrenamtliche und Geflüchtete bringen selbst Ideen für Projekte ein, so ist | |
| etwa ein Nähkurs geplant. Wenn etwas im Ausspann nicht umgesetzt werden | |
| kann, wird nach Alternativen gesucht. „Eine Gruppe von Flüchtlingen, die | |
| gerne Musik machen wollte, habe ich etwa an das Kulturzentrum Lagerhaus | |
| vermittelt“, erzählt Philipps, der den Ausspann als Ganzes auch als | |
| Kunstprojekt sieht. | |
| Die Finanzierung des Projekts ist ein Problem. „Das Haus steht mal wieder | |
| auf der Kippe“, sagt Philipps, der die Kosten zur Zeit selbst trägt. Das | |
| soll sich jedoch ändern – ein Förderverein wird gerade gegründet. Damit, so | |
| glaubt Mit-Initiatorin Ruth Degenhardt, kommen mehr Spenden: „Es ist etwas | |
| anderes, als Verein Geld zu sammeln als als Künstler.“ Die InitiatorInnen | |
| hoffen, dass Spenden kommen, wenn Spendenquittungen ausgestellt werden | |
| können. | |
| „Das Haus soll auf drei Säulen stehen“, sagt Philipps. Neben der Wirtschaft | |
| seien Politik und Behörden, die etwa für die Nutzungserlaubnis zuständig | |
| sind, und die Gesellschaft wichtig. „Die Leute sollen mehr | |
| Eigenverantwortung übernehmen“, meint Philipps. „Wir stellen hier mitten in | |
| der Stadt ein Haus zur Verfügung, die Gesellschaft soll diese Möglichkeit | |
| nutzen. Jeder kann eigene Ideen mitbringen und sie hier umsetzen.“ | |
| 28 May 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://ausspann-bremen.de/ | |
| [2] http://digitalkunst-bremen.de/ | |
| [3] http://art-15.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jördis Früchtenicht | |
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