# taz.de -- CDU nach der NRW-Wahl: Es wackeln die Wände | |
> Damit haben selbst eingefleischte Christdemokraten nicht gerechnet. Ihr | |
> Spitzenkandidat Armin Laschet hat die Landtagswahl gewonnen. | |
Bild: Der Wahlsieger nach Bekanntgabe der Ergebnisse | |
Düsseldorf taz | Es ist ein politisches Erdbeben. Ohrenbetäubende „Armin, | |
Armin“-Rufe branden auf, als Armin Laschet am Sonntagabend das im Garten | |
der Düsseldorfer CDU-Zentrale aufgebaute Zelt betritt. Die Wände vibrieren. | |
Mit einer solchen Sensation haben selbst eingefleischte Anhänger nicht | |
gerechnet. Ihr Spitzenkandidat hat die nordrhein-westfälische Landtagswahl | |
gewonnen. Die unschlagbar erscheinende SPD ist geschlagen. Rot-Grün ist | |
abgewählt. „Heute ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen“, ruft er | |
seinen Parteifreunden entgegen. „Dies ist das Ergebnis einer tollen | |
Gemeinschaftsleistung.“ Jetzt hieße es „Ärmel hochkrempeln“. | |
Schon morgens hatte sich Laschet zuversichtlich gezeigt. Begleitet von | |
seiner Frau Susanne und seinen beiden Söhnen gab er in einem Aachener | |
Wahllokal seine Stimme ab. „Es gibt eine reale Chance, dass wir gewinnen | |
können“, sagte er. Noch bis vor wenigen Wochen wäre er für eine solche | |
Aussage ausgelacht worden. Kaum jemand traute ihm zu, | |
SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schlagen zu können. | |
Auf dem Höhepunkt des Schulz-Hypes betrug der Rückstand der CDU auf die SPD | |
bis zu 14 Prozentpunkte – kaum aufholbar, wie es schien. Doch mit den | |
Unionserfolgen im Saarland und vor einer Woche in Schleswig-Holstein keimte | |
auch bei Parteifreunden an Rhein und Ruhr wieder Hoffnung auf. In den | |
Umfragen verringerte sich der Abstand rasant. | |
Der sich jetzt abzeichnende Sensationswahlsieg der CDU zeigt: Der Genosse | |
Trend ist ein Christdemokrat geworden. Dabei waren die Zweifel an Laschet | |
selbst in den eigenen Reihen lange Zeit groß gewesen. Zu beliebt schien die | |
Amtsinhaberin, zu schwach ihr Herausforderer. | |
Kein Siegertyp, sondern nur ein Verlegenheitskandidat sei er, hieß es über | |
den 56-jährigen Rheinländer. Zu nett, zu gemütlich, zu konturenlos, zu | |
wenig ambitioniert und bisweilen zu chaotisch, lautete der Tenor. Der | |
rechte Unionsflügel verübelte dem liberalen Laschet überdies, dass er in | |
der „Flüchtlingskrise“ aufrecht an Angela Merkels Seite geblieben war. | |
Auch im Wahlkampf setzte Laschet allen Unkenrufen zum Trotz auf die | |
Kanzlerin, die ihn mit zahlreichen Auftritten unterstützte. Zur Bespaßung | |
der konservativen Klientel holte er sich gleichwohl auch noch CSU-Chef | |
Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Hermann zur Verstärkung. | |
Dass er zudem Wolfgang Bosbach als Berater anheuerte, war ein cleverer | |
Schachzug zur Befriedung parteiinterner Kritiker. | |
In den Medien hatte Laschet einen schweren Stand. Genüsslich erinnerten sie | |
an seine Klausurenaffäre, die ihm vor zwei Jahren den Lehrauftrag an der | |
RWTH Aachen kostete: Er hatte studentische Arbeiten verbummelt, diese aber | |
trotzdem benotet – wobei auch Studierende Noten erhielten, die gar nicht | |
mitgeschrieben hatten. | |
Unter der Überschrift „Warum Laschet nicht gewinnen wird“ veröffentlichte | |
die Wirtschaftswoche noch Mitte April ein bitterböses Porträt, in dem | |
genüsslich die Pleiten, Pech und Pannen des CDU-Spitzenkandidaten | |
ausgebreitet wurden. Selbst die Anekdote, wie er mal aus dem Urlaub in | |
Portugal seine Sprecherin anrief und dabei mit Handy und Zigarillo in den | |
Pool fiel, durfte nicht fehlen. Das war zwar lustig, aber analytisch | |
lausig. | |
Tatsächlich ist die Strategie Laschets, die rot-grüne Landesregierung an | |
ihren Schwachstellen zu packen, aufgegangen. Erfolgreich bediente er die | |
diffuse Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Während die SPD ganz auf die | |
vermeintliche Strahlkraft ihrer Ministerpräsidentin baute, thematisierte | |
der Herausforderer die dunklen Flecken. | |
Geschickt legte der frühere Journalist den Finger in die | |
sozialdemokratische Wunde. So verwies er immer wieder auf die Kinderarmut, | |
die in Krafts Amtszeit gestiegen sei, obwohl sie doch versprochen habe, | |
„kein Kind zurückzulassen“. Demgegenüber lautete sein Versprechen, NRW zum | |
„Aufsteigerland Nummer 1“ zu machen, in dem Kinder aus allen sozialen | |
Schichten eine Chance hätten. Seinen Fokus richtete Laschet allerdings ganz | |
klassisch christdemokratisch auf die innere Sicherheit. Unablässig verwies | |
er auf die hohen Einbruchszahlen im Land, die deutlich über dem | |
Bundesdurchschnitt liegen. | |
Den umstrittenen sozialdemokratischen NRW-Innenminister Ralf Jäger, dem | |
Kraft trotz zahlloser Affären und Skandale die Treue gehalten hat, | |
titulierte er als „Sicherheitsrisiko“. Damit traf Laschet offenkundig die | |
Stimmung im Land. Jetzt sieht alles danach aus, dass er als Nachfolger | |
Krafts in die Düsseldorfer Staatskanzlei einziehen wird. | |
Offen ist derzeit noch, ob die FDP oder die SPD Juniorpartnerin der CDU | |
wird. Das hängt davon ab, ob die Linkspartei den Sprung in den Landtag | |
schafft. | |
14 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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