# taz.de -- Linke-Politiker über „Recht auf Arbeit“: „Dann ist der Staat… | |
> Die Linke setzt im Wahlkampf auf ein einklagbares „Recht auf Arbeit“. Der | |
> Staat müsse Jobs garantieren, sagt Fraktionsvize Sabine Zimmermann. | |
Bild: Arbeiten in der Druckerei: Der Staat soll den Wunschjob garantieren | |
taz: Frau Zimmermann, die Linke will soziale Grundrechte im Grundgesetz | |
verankern. An diesem Donnerstag wird der Bundestag über Ihren Gesetzentwurf | |
abstimmen. Um welche Grundrechte geht es? | |
Sabine Zimmermann: Wir fordern ein „Recht auf soziale Sicherheit“, ein | |
„Recht auf frei gewählte Arbeit“, ein „Recht auf eine menschenwürdige | |
Wohnung“, ein „Recht auf Bildung“, das „Recht auf politischen Streik“… | |
noch einiges mehr. | |
Welche Bedeutung haben soziale Grundrechte für Ihren Wahlkampf? | |
Soziale Gerechtigkeit ist das Kernthema der Linken. Soziale Grundrechte | |
sind ein wirksames Instrument, um soziale Gerechtigkeit herzustellen. | |
Soziale Grundrechte finden sich auch in einigen Landesverfassungen, etwa in | |
Hessen und Berlin. Sie werden dort aber nur als unverbindliche Ziele und | |
Programmsätze verstanden. Will die Linke darüber hinausgehen? | |
Natürlich. Unser Gesetzentwurf spricht ganz klar von „individuell | |
einklagbaren“ Grundrechten. Deklarationen, die nur auf dem Papier stehen, | |
gibt es genug. Wir brauchen soziale Rechte, die in jedem Einzelfall beim | |
Bundesverfassungsgericht durchsetzbar sind. | |
Was wäre die Folge, wenn etwa das „Recht auf Arbeit“ im Grundgesetz stünd… | |
Gäbe es dann keine Arbeitslosigkeit mehr? | |
Wenn ein Unternehmen in Konkurs geht, sind die Leute erst mal erwerbslos, | |
aber dann können sie sich auf das Recht auf Arbeit berufen. Der Staat hat | |
nun die Pflicht, ihnen Arbeit zu verschaffen. | |
Nehmen wir an, ich habe eine Ausbildung als Drucker. Muss mir der Staat | |
dann Arbeit als Drucker besorgen oder genügt es, wenn er mir einen Job als | |
Paketbote anbietet, weil da gerade Leute gesucht werden? | |
Natürlich haben Sie Anspruch auf eine Arbeit entsprechend Ihrer | |
Qualifikation. Und wenn Sie etwas anderes machen wollen, dann haben Sie ein | |
Recht auf Umschulung und Weiterqualifizierung. | |
Ich will erst mal Drucker bleiben. Dann bietet mir die Agentur für Arbeit | |
eine Stelle als Drucker an, die aber weit unter Tarif bezahlt wird. Muss | |
ich die dann annehmen? | |
Nein, wir wollen ja gerade weg vom derzeitigen System, bei dem man seine | |
Ansprüche verliert, wenn man eine schlecht bezahlte Arbeit ablehnt. | |
Oder mir wird eine Stelle in Hamburg angeboten. Ich will aber im | |
Schwarzwald bleiben. | |
Wir sprechen von „frei gewählter Arbeit“, dazu gehört auch der Arbeitsort. | |
Es sind schon zu viele Familien zerstört worden, weil Menschen über große | |
Entfernungen pendeln mussten. | |
Nun finde ich im Schwarzwald keine Arbeit als Drucker. Muss mir jetzt der | |
Staat einen Arbeitsplatz schaffen? | |
Wenn es zu wenig Arbeitsplätze gibt oder Sie erfolglos Bewerbungen | |
geschrieben haben, dann ist der Staat in der Pflicht. Dann greift das Recht | |
auf Arbeit. | |
Wir haben derzeit rund 2,5 Millionen Arbeitslose . . . | |
Wenn man die versteckte Arbeitslosigkeit einrechnet, dann sind es eher 3,5 | |
Millionen. | |
Umso schwieriger. Was würde es kosten, für 3,5 Millionen Menschen neue Jobs | |
mit Tariflohn im öffentlichen Dienst zu schaffen? Das sind doch | |
Mehrausgaben von weit über 100 Milliarden Euro pro Jahr . . . | |
Wenn der Staat wieder mehr investiert – in Infrastruktur, in Pflege –, dann | |
entstehen auch Jobs in der freien Wirtschaft. Und wenn mehr Menschen Arbeit | |
haben, steigt auch die Nachfrage. Wir wollen, dass der Staat in gute Arbeit | |
investiert statt in Erwerbslosigkeit. Mit gut zwei Milliarden Euro | |
zusätzlich können rund 200.000 öffentlich geförderte Jobs geschaffen | |
werden. | |
Nach Ihren Angaben haben wir aber 3,5 Millionen Arbeitslose. Hinzu kämen | |
alle, die ihre schlecht bezahlten Jobs in der Wirtschaft aufgeben und nun | |
einen gut bezahlten Job vom Staat fordern. Sie alle hätten nach Ihrem | |
Gesetzentwurf ein Recht auf frei gewählte Arbeit … | |
So ein gewaltiges Projekt lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. | |
Es müsste wohl eine Übergangsfrist geben. | |
20 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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