# taz.de -- Ausstellungen zum „grünen Fürst“: Pücklers Park im Blick | |
> Sich selbst bezeichnete er als bizarr, seine Parks sind Weltkulturerbe: | |
> Ausstellungen in Babelsberg und Branitz würdigen Fürst Pückler. | |
Bild: Drinnen im Schloss die Schau, drumrum sein Park: Pückler in Babelsberg | |
Einen wie Pückler kann man sich einfach nicht mehr als Zeitgenossen | |
vorstellen. Zu toll hat es der Fürst getrieben. Und doch: Überaus groß sind | |
seine Meriten. | |
Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871) war ein Hallodri mit unzähligen | |
amourösen Affären, etlichen gewonnenen Duellen und ungeheurer | |
Verschwendungssucht. Pückler war ein preußischer Dandy, der mit seinem | |
Viergespann gezähmter Hirsche die Linden in Berlin entlangkutschierte, sich | |
meist aber in der Weltgeschichte herumtrieb und als früher Globetrotter oft | |
jahrelang unterwegs war von England (Gartenkunst!) bis Ägypten. | |
Dort kaufte Pückler 1837 auf dem Sklavenmarkt in Kairo eine etwa 12-jährige | |
Schwarze, Machbuba geheißen, die einige Zeit die Rollen von Pflegekind, | |
Mätresse und Dienerin des Fürsten einnahm. Machbuba aber starb bereits drei | |
Jahre nach ihrer Ankunft im unwirtlich kalten Preußen. | |
Pückler hielt sich auch andere menschliche und tierische „Exoten“, gezähm… | |
Kraniche etwa, und eine Zeit lang war ein Schnellläufer als eine Art | |
privater Postkurier in seinen Diensten. Pückler liebte es zu verblüffen. | |
Seine Natur bezeichnete er selbst als „bizarr, nicht vulgär“. | |
Andere bescheinigten Pückler ein „tiefes, edles Gemüth“ und ein „gutes, | |
weiches Herz“. Ausgerechnet mit diesen warmen Worten willigte Pücklers | |
Gattin Lucie von Hardenberg (eine Tochter des preußischen Staatkanzlers) | |
1826 in die geplante Scheidung ein. Der Plan beider Eheleute sah vor, durch | |
Neuverheiratung des Fürsten mit einer reichen Dame dessen exorbitanten | |
Schulden zu tilgen – was übrigens misslang. | |
## Ein bunter Vogel | |
Pückler war ein bunter Vogel und kleidete sich zuweilen auch ähnlich. Doch | |
er war auch einer der interessantesten Schriftsteller deutscher Zunge des | |
19. Jahrhunderts, der mit seinen Reiseabenteuern wie mit seinen | |
Society-Berichten aus den Salons und Höfen Europas Bestseller lieferte. | |
Pücklers Stil mit seinen umständlichen langen Sätzen und den vielen | |
eingeflochtenen Fremdwörtern käme heute wohl nicht mehr gut an, wäre er als | |
Autor nicht ohnehin vergessen. Doch für eines – neben dem nach ihm | |
benannten Eis – wird er heute noch gefeiert: das ist seine „Parkomanie“. | |
Die Parks von Bad Muskau, Branitz (bei Cottbus) und Potsdam-Babelsberg | |
bestehen bis heute als die großen Werke des „grünen Fürsten“ und sind | |
Unesco-Weltkulturerbe. | |
Und obwohl kein rundes Jubiläum ansteht, ist 2017 so etwas wie ein | |
Pückler-Jahr. In Branitz nimmt man den Besuch von Königin Augusta, der | |
Gattin des Kronprinzen und nachmaligen Kaisers Wilhelm I., am 25. Juli 1864 | |
zum Anlass für eine Sonderausstellung ab Mitte Mai und in Babelsberg widmet | |
die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) Pückler jetzt ebenfalls | |
eine Schau. | |
Im Branitzer Schloss, dem Alterssitz Pücklers, geht es um Hintergründe, | |
Verlauf und Nachklang des königlichen Besuchs, inklusive „Tafelfreuden“. | |
Pückler war zu diesem Zeitpunkt bereits 78, die Königin 53. Der Fürst | |
resümierte den Besuch so: „Die Königin sah ich nie froher und zufriedener, | |
voll all ihrer eigenthümlichen Grazie, und wie um zehn Jahre verjüngt.“ | |
Auch in der Schau „Pückler. Babelsberg – Der Grüne Fürst und die Kaiseri… | |
auf Schloss Babelsberg kommt Augusta nicht zu kurz, war sie doch dafür | |
verantwortlich, dass Pückler den Babelsberger Park gestalten konnte. Ohne | |
Honorar freilich, wenn man von der Verleihung des Titels „Durchlaucht“ an | |
den Fürsten einmal absieht. | |
## Mehr Glück als Lenné | |
Der Potsdamer Parkdirektor Peter Joseph Lenné hatte den Babelsberg bereits | |
vor Pückler als Ort eines Parks in der Kette der von ihm geplanten | |
Verschönerungsmaßnahmen rings um Potsdam auserkoren. Seine Bemühungen rings | |
um das von Schinkel 1833 errichtete Schloss versickerten aber buchstäblich | |
im Sande. Seine Neupflanzungen auf dem während der Franzosenzeit 1806 | |
abgeholzten Gelände verdorrten. | |
Pückler hatte mehr Glück. Er übernahm ab 1844, behielt die Wegeführung | |
Lennés bei, fügte noch größere Bäume und kleinere Strukturen hinzu. Vor | |
allem aber konnte er nun auf ein großzügiges Bewässerungssystem | |
zurückgreifen, das durch eine Dampfmaschine gespeist wurde. Das | |
zinnenbekrönte Dampfmaschinenhaus steht noch heute am Ufer der Havel. | |
Pückler konnte so auf den Höhen des sandigen Babelsberges ein „Schwarzes | |
Meer“ anlegen. Der künstliche See mit seinen vier Inseln ist frisch | |
rekonstruiert nun wieder erlebbar. Es tummeln sich Goldfische darin. | |
Ebenfalls wiedererweckt sind diverse Brunnen und ein Wasserfall. | |
Angeblich kann man heute die Anteile von Lenné und Pückler im Park vielfach | |
nicht mehr unterscheiden. Von Pückler jedenfalls stammt die Gestaltung des | |
Pleasuregrounds, also der Partien unmittelbar am Schloss mit seinen | |
großzügigen Terrassen. Hier macht sich Pücklers Extravaganz etwa in einer | |
Blumenfontäne bemerkbar. Diese vergoldete Blumen-Etagere wirkt heute etwas | |
kitschig, wie manches am und im neugotischen Schloss, das in den 1840ern | |
noch erweitert wurde. Wilhelm und Augusta hatten als Kronprinzenpaar zu | |
repräsentieren, und begriffen das – wie damals üblich – als prunken. | |
## Die höhere Gartenkunst | |
Um einen der größten deutschen Landschaftsparks (mit 130 Hektar) angemessen | |
zu würdigen, muss man sich noch einmal vergegenwärtigen, dass es sich dabei | |
um nichts Geringeres als ein riesiges Kunstwerk handelt. Pückler hat bei | |
seiner „höheren Gartenkunst“ ein Gemälde mit dem Spaten geschaffen. | |
Vieles ist in Babelsberg darauf abgestellt, vom Schloss aus betrachtet zu | |
werden. So kann man in der aktuellen Schau vergleichen, wie der heutige | |
Zustand mit den Gemälden aus dem 19. Jahrhundert übereinstimmt, indem man | |
von Augustas Arbeitszimmer aus den großen und wiederhergestellten Fenstern | |
blickt. Es ist verblüffend, wie die Pappel draußen, die gerade einmal über | |
zwei Jahrzehnte hier wächst, mit den gemalten Ansichten übereinstimmt. | |
Die englische Gartenkunst, die Pückler in Babelsberg in Anschlag brachte, | |
sieht nach Landschaft aus, dabei ist alles Berechnung, Planung und | |
Arrangement, um Sichtbeziehungen in die Weite aufzubauen und Bilder zu | |
erzeugen, darin aufscheinend etwa die Kuppel der Nicolaikirche oder der | |
Ruinenberg. Der Babelsberger Ausstellung geht es natürlich um solche | |
Aspekte beim Park, aber auch „Obstgärtnerei“ und „Eisküche“ werden | |
thematisiert. Daneben gibt es „Seitenblicke“ auf die bisherigen | |
Sanierungsergebnisse beim Schloss. | |
Dass Babelsberg im Schatten des bekannteren Sanssouci steht, liegt wohl | |
auch an den Verunstaltungen des Parks, dem nach 1900 eine Partie hinter dem | |
Schloss für eine nie erfolgte Erweiterung des Schlosses als Fehlstelle | |
eingeschrieben ist. Vor allem aber die Zubauten und Grenzanlagen zu | |
DDR-Zeiten wirkten verheerend. Während im Park schon sehr viel | |
wiederhergestellt wurde, ist das Schloss innen noch weitgehend | |
unrestauriert. Die Planungen für die Sanierung laufen. Bereits jetzt aber | |
liefern Schloss und Park samt Ausstellung eine wunderbar genussvolle Reise | |
in eine Zeit, wo die Natur zur Kunst geadelt wurde. | |
14 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Ronald Berg | |
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