Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Das war die Woche in Berlin II: Sehnsucht nach dem Anderen
> Tausende drängeln sich am 1. Mai bei der Eröffnung des Holzmarkts, dem
> neuen Kreativdorf an der Spree.
Bild: Eröffnungssause mit Hinterngewackel im neuen Kreativdorf
Sie kamen scharenweise, sie kamen in Pink und Rosa, und sie tanzten zu
Techno und House. „Wir treiben’s bunt & bleiben rosa“, lautete das
Partymotto zur Eröffnung des neuen Kreativdorfs Holzmarkt am 1. Mai, und
dass sich lange Schlangen am Eingang bildeten, war wenig verwunderlich.
Denn der Holzmarkt, das ist der legitime Nachfolger der berühmten Bar 25,
die in den nuller Jahren am Spreeufer einer der wildesten Orte der Club-
und Alternativszene war: eine Mischung aus Ökodorf, Technospielwiese und
Bauwagenplatz. Seit 2012 hat die Holzmarkt-Genossenschaft, die in Teilen
aus den alten Bar-25-Leuten besteht, am Nachfolger an selber Stelle
getüftelt. Das Grundstück hat man mithilfe einer Schweizer Stiftung
erworben.
Draußen wirkte es während der Eröffnungssause wie ein Reenactment der
Berliner Neunziger – ein Open-Air-Rave mit viel Haut und Hinterngewackel.
Man kämpfte sich durchs Gewimmel und Gedrängel zwischen Feuerstellen,
Ateliers, einer Bäckerei, einem Café, Open-Air-Bühnen und
Veranstaltungssaal. Hoch oben über dem Gelände und den Bauten, die wie eine
zusammengestückelte Holzburg wirken, wehte eine rote Fahne. Der Aufdruck:
ein Fragezeichen.
Das passte gut, denn das Holzmarkt-Projekt bietet viel Anlass für Fragen
zum Thema städtische Freiräume sowie Sub- und Klubkultur – und im kleinen
„Sälchen“ des neuen Hauses wurden diese am Eröffnungstag auch gestellt.
Dort sprachen unter anderem Love-Parade-Mitgründerin Danielle de Picciotto
und Städteforscher Charles Laundry über die Zukunft der Freiräume und der
Subkulturen in Berlin. De Picciotto hielt gleich mal fest, dass schon das
stetige Fragestellen an sich verdienstvoll sein kann, denn Berlin sei
eigentlich immer eine „Stadt des Hinterfragens“ gewesen. Der Underground,
so die Künstlerin, müsse sich immer wieder fragen: „Was müssen wir
aufbrechen?“ Laundry hingegen sprach von der Sehnsucht nach einer „Other
City“, einer „postkapitalistischen, Post-irgendwas-City“ – im Gegensatz…
seiner Heimatstadt London sei Berlin diesbezüglich noch immer ein
Hoffnungsschimmer.
Wenn man so will, ist Le Dörf, wie die Betreiber selbst den Holzmarkt
nennen, diese „Other City“ im Kleinen. Dort wird es vor allem wichtig sein,
sich selbst immer wieder infrage zu stellen. Denn die Gefahr, ein
alternatives Disneyland statt ein Motor für Kulturprojekte zu sein, dürfte
beim Holzmarkt bestehen. Als man aber drei Stunden lebendige Diskussion im
„Sälchen“ mit den Betreibern und Besuchern hinter sich hatte, konnte man
guter Dinge sein, dass hier künftig die richtigen Fragen gestellt werden.
6 May 2017
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Holzmarkt
Stadtentwicklung
Holzmarkt
Holzmarkt
Spreeufer
Techno
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zoff zwischen Land Berlin und Holzmarkt: Man sieht sich vor Gericht
Einst galt sie als Darling aus der alternativen Bauszene. Jetzt verklagt
die Holzmarkt-Genossenschaft das Land auf 19 Millionen Euro Schadenersatz.
Probleme beim Bauprojekt Holzmarkt: Auf dem Holzweg
Sie waren die Lieblinge der Stadt. Mit ihrem urbanen Dorf hat sich Berlin
im Ausland geschmückt. Nun steht der Holzmarkt an der Spree vor dem Aus.
Petition der Woche: The Hoff rettet schon wieder Berlin
David Hasselhoff, Schauspielerdarsteller und US-Schlagerstar, äußert sich
gegen die Bebauung des Spreeufers. Yeah.
Neue Elektroalben vom Rhein: Drei Farben Cologne
Was wurde aus Kölsche Techno? Die neuen Werke von Labelbetreiber und
Musiker Michael Mayer, GAS und Superpitcher geben Aufschluss.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.