# taz.de -- Krieg in Syrien: Vier Zonen und viele offene Fragen | |
> Das Syrien-Abkommen, das vier „Deeskalationszonen“ vorsieht, ist in Kraft | |
> getreten. Wer sorgt wie für seine Einhaltung? | |
Bild: Die Syrienkarte im Hintergrund: der russische General Sergei Rudskoi bei … | |
BERLIN taz | Nach der Einigung auf vier „Deeskalationszonen“ in Syrien sind | |
die Kämpfe im Land am Wochenende abgeflaut. Zwar habe es vereinzelt | |
Gefechte und Luftangriffe gegeben, die Intensität sei aber „deutlich“ | |
abgeschwächt gewesen, teilte die oppositionsnahe Syrische | |
Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag mit. Sie meldete „einige | |
Kämpfe und Bombardierungen“ in den Provinzen Hama, Homs, Damaskus und | |
Aleppo. | |
Das russische Außenministerium [1][veröffentlichte] am Samstag das | |
Dokument, das Russland, Iran und die Türkei am Donnerstag unterzeichnet | |
hatten. Das Übereinkommen stellt den ersten multilateralen Versuch dar, mit | |
bewaffneten ausländischen „Schutztruppen“ für einen Rückgang der Gewalt … | |
Syrien zu sorgen. Allerdings hat kein Syrer seine Unterschrift unter die | |
Vereinbarung gesetzt. Mit Russland, der Türkei und dem Iran sind zudem alle | |
Vertragspartner aktive Kriegsparteien im Syrienkonflikt. | |
Der Plan sieht vor, sogenannte „Deeskalationszonen“ in zunächst vier stark | |
umkämpften Gebieten einzurichten. In diesen sollen die Kämpfe eingestellt | |
werden. Für Kampfjets soll der Luftraum über den Zonen gesperrt sein. Dies | |
schließe Flugzeuge des syrischen Regimes sowie der US-geführten | |
Militärkoalition gegen den IS ein, hieß es. Russland behält sich | |
Kontrollflüge über den Zonen vor. | |
Obwohl die Deeskalationszonen offiziell bereits in der Nacht zum Samstag in | |
Kraft getreten sind, bleiben zentrale Fragen offen. Entscheidend ist, wer | |
für die Einhaltung des Abkommen sorgen wird. Das Memorandum bezeichnet | |
Russland, die Türkei und den Iran als Garantiemächte. Um die vier Zonen | |
herum sollen Grenzen mit Checkpoints und Beobachtungsposten errichtet | |
werden, die die Kriegsparteien auseinander halten. Diese sollen von den | |
drei Staaten kontrolliert werden. Drittstaaten können hinzugezogen werden. | |
Auch der genaue Verlauf der Grenzen soll bis zum 4. Juni erst noch | |
festgelegt werden. Das Dokument nennt grob die folgenden Gebiete: die | |
nordwestsyrische Provinz Idlib und Umgebung, Teile der Region Homs in | |
Zentralsyrien, Ost-Ghouta bei Damaskus sowie den Süden des Landes an der | |
jordanischen Grenze. In den Gebieten leben mehrere Millionen Zivilisten. | |
## USA an den Rand gedrängt | |
Sollte die Übereinkunft nachhaltig für einen Rückgang der Gewalt sorgen, | |
würde dies die Syrien-Gespräche in Astana weiter aufwerten. Die | |
Verhandlungen in der kasachischen Hauptstadt laufen parallel zu den | |
UN-Gesprächen in Genf. In Astana sitzen zwar die lokalen Kriegsparteien mit | |
am Tisch, vor allem aber handelt es sich um trilaterale Gespräche zwischen | |
Russland, Iran und der Türkei. Alle drei Staaten verfügen über großen | |
Einfluss in Syrien, den sie nutzen könnten, um die Gewalt im Land zumindest | |
stark einzudämmen. | |
Internationale Reaktionen auf die von Russland initiierten | |
Deeskalationszonen waren verhalten positiv. Die bewaffnete syrische | |
Opposition allerdings ging auf Distanz. Die Astana-Delegation der | |
Opposition verwies auf ein Waffenstillstandsabkommen, das die drei Staaten | |
im Dezember vermittelt hatten. Eine Feuerpause müsse das ganze Land | |
einschließen. Zudem lehnte sie jegliche Rolle des Iran als Garantiemacht in | |
Syrien vehement ab. | |
Entscheidend ist nun, ob die drei Unterzeichnerstaaten dafür sorgen, dass | |
sich das Assad-Regime an die Feuerpause in den vier Zonen hält. Damaskus | |
hat dem Plan nicht ausdrücklich zugestimmt, ihn aber auch nicht wie die | |
Rebellen abgelehnt. | |
Das Astana-Abkommen zeigt, wie es Russland gelungen ist, die USA, die unter | |
Donald Trump keine kohärente Syrien-Politik verfolgen, an den Rand zu | |
drängen. Gleichzeitig scheint Moskau aber eine lokal begrenzte Rolle der | |
USA in Nordost-Syrien zu akzeptieren. Dort arbeiten die USA im Kampf gegen | |
den IS eng mit kurdischen Kräften zusammen. | |
Die Opposition warnte vor einer Aufteilung Syriens. Obwohl in dem Dokument | |
auf die „territoriale Integrität der Syrischen Arabischen Republik“ | |
verwiesen wird, zeichnen sich im Land zunehmend Einflusszonen ab. Im | |
Nordosten bestimmen die USA und kurdische Kräfte das Geschehen, Russland | |
und Iran unterstützen das Assad-Regime in West- und Zentralsyrien. Im | |
Nordwesten sichert sich die Türkei ihren Einfluss. | |
7 May 2017 | |
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[1] http://www.mid.ru/ru/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/con… | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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