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# taz.de -- Herausgeber über Geflüchteten-Literatur: „Wir brauchen diese Ge…
> Die Anthologie „Zuflucht in Deutschland“ bringt Texte Verfolgter
> zusammen. Sie sollen die Entscheidung zur Flucht erklären. Und die
> Menschen, die zu uns kommen.
Bild: Autoren werden aus ganz unterschiedlichen Gründen und Motiven verfolgt
taz: Herr Haslinger, zusammen mit Franziska Sperr haben Sie eine
Textsammlung verfolgter Autoren herausgegeben. Was zeichnet in Ihren Augen
Prosa verfolgter Autoren aus?
Josef Haslinger: Verfolgte Autoren sind keine Gruppe, die sich freiwillig
nach einem bestimmten Kriterium zusammenfindet und gemeinsame Interessen
vertritt. Ich kann die Frage nicht beantworten, weil es die Prosa
verfolgter Autoren nicht gibt. Autoren werden aus ganz unterschiedlichen
Gründen und Motiven verfolgt. Was sie gemeinsam haben, ist nichts
Literarisches, sondern der Mut, sich das Wort nicht verbieten zu lassen,
auch wenn sich Widerstände auftun. Das begründet eine gemeinsame Art von
Tätigkeit.
Haben die Texte inhaltliche Gemeinsamkeiten?
Wir haben die Autoren ermutigt, über die Ereignisse zu schreiben, die sie
nach Deutschland gebracht haben. Und daran hat sich ein guter Teil
orientiert. Es gibt Ähnlichkeiten in den Verfolgungsgeschichten.
Inwieweit heben sich jene Texte von denen von Autoren ab, die nicht
verfolgt wurden oder verfolgt werden?
Sagen wir so: Wenn ein mit uns aufgewachsener Autor sich in seinen Texten
als Verfolgter ausgibt, ist er in Gefahr, sich lächerlich zu machen, aber
für die ins Exil getriebenen Autoren bildet ihre Fluchtgeschichte den
Rechtfertigungsgrund dafür, dass sie bei uns leben dürfen – oder müssen.
Den Weg ins Exil gibt es ja nicht neben vielen anderen Optionen im
Supermarkt zu kaufen, er ist oft der einzige Ausweg. Wir brauchen diese
Geschichten und Gedichte, um die Dimension des Schicksalhaften zu verstehen
und damit auch die Menschen, die zu uns kommen. An den Gedichten fällt auf,
dass sie oft einen narrativen Charakter haben und damit einen
geschichtlichen Horizont.
Wie haben Sie Ihre Autoren gefunden?
Sie sind oder waren allesamt Stipendiaten des vom deutschen PEN-Zentrum
durchgeführten Programms Writers in Exile, eines von der Bundesregierung
finanzierten Stipendienprogramms für verfolgte Autoren. Sie erhalten ein
monatliches Stipendium und eine Krankenversicherung. Sie werden beschützt,
beraten und – das ist das Besondere – sie bewegen sich in einem Kreis von
Kollegen, der sie ermutigt, ihre Schreibarbeit fortzusetzen, was
mittlerweile für Exilautoren leichter ist, weil es das Internet ermöglicht,
mit einem Teil der eigenen Sprach- und Lesergemeinde in Kontakt zu bleiben.
Wer sind Ihre Autoren?
Das lässt sich nicht auf einen Begriff bringen. Sie entstammen völlig
unterschiedlicher Schreibmilieus und Schreibansprüche. Der wegen seiner
liberalen Blogs von einer paramilitärischen Religionspolizei verfolgte
Zobaen Sondhi aus Bangladesch betreibt eine andere Art von Autorschaft als
der in seiner Heimat Kamerun erfolgreiche Schriftsteller Enoh Meyomesse,
der im Gefängnis landete, weil er es gewagt hatte, als Gegenkandidat des
langjährigen Präsidenten aufzutreten.
Hat sich die Lebensrealität deutscher Leser mit der Ankunft von
Flüchtlingen verändert? Sind die Deutschen nun näher dran an den
Weltproblemen, sodass die Prosa verfolgter Autoren auch ihre Prosa ist?
Ich glaube, dass uns die Welt mit den geflüchteten Menschen tatsächlich
nähergerückt ist. Die Fernsehbilder sind fürs Grobe, die Literatur ist für
die Feinabstimmung zuständig.
21 Apr 2017
## AUTOREN
Philipp Fritz
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Exil
Antonio Gramsci
Lesestück Recherche und Reportage
Lesestück Interview
Schwerpunkt taz Leipzig
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