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# taz.de -- Streit um Flughafen Tegel: Der große Lärm kommt immer näher
> Während die FDP mit einem schnell gestrickten Tegel-Gesetz abblitzt, naht
> der Zeitpunkt, zu dem TXL-Anwohner Anspruch auf Lärmschutz bekommen.
Bild: So eine Turbine kann ganz schön viel Krach verursachen – und Kosten
Nur die AfD checkte ein: Der Entwurf der FDP-Fraktion für ein
„Tegel-Offenhaltungs-Gesetz“ wurde am Donnerstag von den
Koalitionsfraktionen und der CDU abgeschmettert. Lediglich die rechten
Parlamentsneulinge wollten die Initiative von Sebastian Czaja & Co.
unterstützen.
Sozialdemokraten, Linke und Grüne sparten nicht mit Häme für den offenbar
mit wenig juristischem Sachverstand verfassten Entwurf – der auch nicht
Gegenstand des Volksentscheids am 24. 9. sein wird. Linken-Verkehrsexperte
Harald Wolf zählte noch einmal die Risiken auf, die ein Weiterbetrieb des
Flughafens bedeutete. Insbesondere sei die BER-Planfeststellung an ein Aus
des Westberliner Airports gekoppelt. Komme es dazu nicht, werde es eine
Klagewelle von Anwohnern des BER geben, die sogar dessen Inbetriebnahme
infrage stellen könnte. „Was Sie tun, ist fahrlässig“, so Wolf in Richtung
FDP.
Der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter warnte ebenfalls vor
Klagen – aus dem Umfeld des Flughafens Tegel. Im Gegensatz zu den vom Senat
angedeuteten dreistelligen Millionensummen rechnet Stroedter mit
Milliarden, die dann dort für Lärmschutz nach geltendem Recht fällig
würden. „Davon könnten Sie gleich einen neuen Flughafen in Sperenberg
bauen“, ätzte er.
Jetzt, da sich 2017 auf die Jahresmitte zubewegt und kein Termin für die
BER-Eröffnung in Sicht ist, zieht ein bedrohliches Szenario für Senat und
Flughafengesellschaft auf: Spätestens in anderthalb Jahren tritt das
Fluglärmschutz-Gesetz von 2007 auch für Tegel-Anwohner in Kraft – daraus
folgt ein deutlich verbesserter Lärmschutz. Auch wenn der keine Milliarden
kosten sollte, teuer würde es in jedem Fall.
Eigentlich hatte der Gesetzgeber 2007 beide Augen zugedrückt und eine
Ausnahmegenehmigung für Tegel ins neue Gesetz geschrieben. Der als „Lex
Tegel“ bekannte Absatz nimmt bestehende Flughäfen, die innerhalb von zehn
Jahren geschlossen werden sollen, von der Neufassung der Lärmschutzbereiche
aus. Diese Frist neigt sich dem Ende zu: Zwar interpretiert der Senat den
Text so, dass die Zehnjahresfrist erst Ende 2009 begonnen hat und nicht
Ende 2007, als das Gesetz in Kraft trat. Aber wer weiß, ob der BER dann
eröffnet ist und in Tegel wirklich nichts mehr fliegt. Bis zu einem halben
Jahr nach BER-Start darf TXL laut Schließungsbescheid noch offen bleiben.
## „Rein vorsorglich“
Erst unlängst hatte die Senatsverwaltung für Verkehr auf die Frage der taz
nach der Vorbereitung für den Fall der Fälle gemauert: „Noch ist kein neuer
Termin für die BER-Eröffnung bekannt“, hieß es, darum erübrigten sich
„Spekulationen über Konsequenzen möglicher Eröffnungstermine“. Anfang
dieser Woche sagte Sprecher Matthias Tang dann der Berliner Zeitung, die
„Fürsorgepflicht für die lärmgeplagten Anwohner“ gebiete es, „dass die
zuständige Senatsverwaltung rein vorsorglich im laufenden Jahr mit der
Erarbeitung von ersten Datengrundlagen beginnt, die für eine Neuberechnung
des Lärmschutzbereiches notwendig wären“.
Auch der Vorsitzende der Fluglärmschutzkommission für Tegel, Rainer
Teschner-Steinhardt, sagte der taz, die Verkehrsverwaltung bereite sich auf
eine Neuberechnung der Lärmschutzbereiche vor. Ende 2019 entstünde bei
weiterhin offenem Flughafen Tegel „sofort Anspruch“ auf Lärmschutz. Die
neuen Schutzbereiche müssten bis dahin also festgesetzt sein – „da kann
nicht erst der Festlegungsprozess folgen“. Und wenn der Senat das Prozedere
doch verschleppt, immer in der Hoffnung, Tegel ohnehin bald zu schließen?
„Dann hätten die Betroffenen bei Klagen gute Chancen“, so
Teschner-Steinhardt.
27 Apr 2017
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Flughafen Tegel
Sebastian Czaja
Fluglärm
Hauptstadtflughafen
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Tegel
Sebastian Czaja
Flughafen Tegel
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