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# taz.de -- Kommentar Sklaverei in Libyen: Entrechtung unter den Augen der EU
> Neu sind die Berichte über versklavte Flüchtlinge nicht, aber die
> Schlepper werden brutaler. Trotzdem will die EU Menschen nach Libyen
> zurückschicken.
Bild: Libyen wird zur Falle für diejenigen, die sich auf die Flucht nach Europ…
Erst sprach die deutsche Botschaft von „[1][KZ-ähnlichen Zuständen]“, jet…
redet die UN-Migrationsorganisation IOM von „Sklavenmärkten“. Gemeint ist
dasselbe: Das Schicksal zehntausender Flüchtlinge in Libyen. Direkt vor der
Südspitze Europas. Nicht irgendwann, sondern gestern, heute und wohl auch
morgen. Denn dass sich an der Lage etwas ändert, ist nicht zu erwarten.
Immer stärker offenbart sich das Ausmaß von Erpressung und Versklavung der
Flüchtlinge. Diese, so berichteten Betroffene es jetzt den
[2][IOM-Ermittlern,] würden auf Sklavenmärkten verkauft und müssten
schwerste körperliche Arbeiten verrichten. Schmuggler böten schutzlose
Menschen auf Märkten für 200 bis 500 Dollar feil. Frauen würden in die
Prostitution gezwungen und vergewaltigt. Die Menschen würden oft monatelang
festgehalten und ohne Lohn zu harter Arbeit gezwungen. Viele würden
gefesselt oder eingesperrt. Sie mussten ihre Familien anrufen, damit diese
die Schreie hören und Hunderte Dollar Lösegeld bezahlen.
Menschen, die kein Geld aufbringen konnten, hungerten teils zu Tode. Die
IOM hatte Menschen in Auffanglagern für Migranten in Niger befragt, die aus
Libyen zurückgekehrt waren.
Neu sind solche Berichte nicht. Allerdings scheint der Grad der mafiösen
Geschäfte, die die Schlepper jenseits der eigentlichen Schlepperei mit den
Flüchtlingen machen, stark zuzunehmen. Trotzdem hält die EU an dem Plan
fest, Menschen nach Libyen zurückzuschicken. Das einzige, was sie bislang
daran hindert, ist, dass die mit ihr verbündete Regierung des
Ministerpräsidenten al Sarradsch nicht imstande ist, die Errichtung von
Auffanglagern im Land gegen die Opposition durchzusetzen.
## Die EU hat nur ein Interesse in Libyen
Den Fluchtweg zu versperren ist das einzige, was die EU an Libyen
interessiert. Von dem Land ist praktisch ausschließlich nur dann die Rede,
wenn es um Schlepperbekämpfung geht. Und auch die dreistellige
Millionensumme, die Brüssel kürzlich für die machtlose al
Sarradsch-Regierung bereitgestellt hat, soll diesem Zweck dienen.
So bleibt das Chaos in Libyen, und damit die Voraussetzung dafür, dass die
Entrechtung der Flüchtlinge weitergeht. Ein Failed State kann niemanden
schützen. Gleichzeitig ist die Gesetzlosigkeit in Libyen der Grund, weshalb
die Menschen sich überhaupt dorthin begeben – denn nur dort gibt es das,
was sie wollen: Die Passage nach Europa, für die die Schlepper das Monopol
haben, weil die EU selbst die Menschen lieber ertrinken lässt, als sie auf
Fähren zu lassen.
Und so wird das nun anbrechende Frühjahr sich nur graduell von den
Vorjahren unterscheiden: Mehr Menschen als im letzten Jahr, so wird
erwartet, werden bald den Weg über das Meer gehen. Die Zeit des großen
Sterbens beginnt wieder.
12 Apr 2017
## LINKS
[1] https://www.welt.de/newsticker/news1/article161618538/Auswaertiges-Amt-krit…
[2] http://www.iom.int/news/iom-learns-slave-market-conditions-endangering-migr…
## AUTOREN
Christian Jakob
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