# taz.de -- Pensionsfonds in Baden-Württemberg: CDU warnt vor grüneren Geldan… | |
> Baden-Württemberg möchte Steuergeld endlich korrekt anlegen. Die | |
> Opposition hat Bedenken, obwohl selbst Daimler im Portfolio bleibt. | |
Bild: Trotz Diesel-Skandals soll Daimler eine ethische Geldanlage sein | |
Karlsruhe taz | Fast ein Jahr ist vergangen, seitdem das Recherche-Netzwerk | |
Correctiv aufdeckte, dass Baden-Württemberg bei Geldanlagen alles andere | |
als grün ist. 190 Millionen Euro seiner Rückstellungen für die Pensionen | |
der Staatsdiener hatte das Land damals in Unternehmen investiert, die | |
wesentlich für Klima- und Umweltschäden sowie Tabakkonsum verantwortlich | |
sind. | |
So investiert Baden-Württemberg allein zweistellige Millionenbeträge in die | |
Ölmultis Total und Shell. Auch der internationale Bergbauriese Rio Tinto, | |
dessen Minen vom norwegischen Staatsfonds wegen massiver Umweltschäden | |
ausgelistet worden sind. | |
Insgesamt wurden nach Aussagen des Finanzministeriums etwa vier Prozent des | |
Vermögens in die fossile Brennstoffindustrie investiert. Eine Investition, | |
die auch unter Renditegesichtspunkten nicht mehr zeitgemäß sei, wie die | |
heutige Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) zugibt. Wenn man die | |
Klimaziele von Paris ernste nehme, so die Grünen-Politikerin, sei es | |
fraglich, ob solche Investitionen „mittel- und langfristig noch rentierlich | |
sind“. | |
Ein denkbar schlechtes Zeugnis für die erste grün geführte Landesregierung | |
also und peinlich obendrein: Als einziges zeigte sich das | |
baden-württembergische Finanzministerium, damals geführt von Nils Schmid | |
(SPD), besonders bockig, diese Fakten transparent zu machen. Erst nachdem | |
Correctiv mit einer Klage auf Herausgabe der Daten drohte, stellte Schmids | |
Ministerium die Unternehmensliste zur Verfügung. | |
## Sorge um ungenannte einheimische Unternehmen | |
Nach dem Wechsel vom roten zum schwarzen Koalitionspartner ist die | |
Regierung Kretschmann bereit, diesen Makel auszugleichen. | |
Finanzstaatssekretärin Splett legte dem Investitionsbeirat, dem auch | |
Vertreter der Ministerien angehören, ein Konzept für ethisches Investment | |
vor, das sich an den durchaus pragmatischen Anlagekriterien der | |
evangelischen Kirche orientiert. So mahnen auch die Kirchenleute, es mit | |
der Ethik nicht zu übertreiben. Durch zu enge Ausschlusskriterien könnten | |
„Sicherheit, Liquidität und Rendite nicht mehr ausreichend beachtet | |
werden“, schreibt die EKD. | |
Trotzdem legten Wirtschafts- und Innenministerium – beide von der CDU | |
geführt – Widerspruch ein. Der finanzpolitische Sprecher der | |
CDU-Landtagsfraktion, Tobias Wald, sagt: „Wir wollen nicht, dass | |
baden-württembergische Unternehmen stigmatisiert und ausgeschlossen | |
werden.“ Die Nennung von Unternehmen, die den ethischen Kriterien nicht | |
entsprechen, könnten sich auf die Arbeitsplätze auswirken, befürchtete | |
Wald. Welche Unternehmen er damit meint, konnte Wald der taz aus | |
terminlichen Gründen bisher nicht sagen. | |
Möglicherweise ist der Widerspruch aber vor allem Schaufensterpolitik für | |
Parteigänger aus der Wirtschaft. Denn das Finanzministerium hat das | |
Investitionsportfolio inzwischen unter den bereits vorgelegten Kriterien | |
überprüft und festgestellt, es wäre kein heimisches Unternehmen darunter, | |
dem die Landesregierung Geld entziehen müsste. Selbst Daimler bleibt im | |
Portfolio – trotz Dieselskandal. | |
Länder wie Berlin haben nach der Kritik den Entwurf für eigene Kriterien | |
zum ethischen Investment an spezialisierte Finanzberater vergeben. | |
Baden-Württemberg, dessen Pensionsfonds von der Bundesbank sowie zwei | |
unabhängigen Fondsmanagern betreut werden, setzt auf Ethikrichtlinien im | |
Eigenbau. Bis spätestens zur Sommerpause will das Haus von Finanzministerin | |
Sitzmann den ethischen Investitionsleitfaden nun durch den Beirat bringen. | |
Das sollte klappen, heißt es im Finanzministerium. Im Grundsatz sei man | |
sich ja einig. | |
5 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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