# taz.de -- Urteil gegen Koze-AktivistInnen: Widerstand an der Untergrenze | |
> Im Prozess gegen Ex-AktivistInnen des Kollektiven Zentrums (Koze) wegen | |
> Widerstand und Nötigung bleiben mögliche Rechtsbrüche der Polizei | |
> unbewertet | |
Bild: Umstrittene Belagerung durch Polizisten: vor dem ehemaligen Kollektiven Z… | |
HAMBURG taz | So richtig strafen mag die Richterin nicht. Aber auch nicht | |
freisprechen – das widerspricht ihrem Rechtsverständnis. „Ich hätte dieses | |
Verfahren gerne eingestellt“, sagt die Juristin und spricht schließlich | |
eine „Verwarnung“ gegen Romy A. aus. Die Aktivistin des ehemaligen | |
Kollektiven Zentrums (Koze) im Münzviertel bekommt zudem eine „Geldstrafe | |
auf Bewährung“ auferlegt, die sie nicht zahlen muss, wenn sie zwei Jahre | |
straffrei bleibt. | |
Das ist das Ergebnis des ersten von fünf Strafverfahren gegen | |
Koze-MitstreiterInnen vor dem Amtsgericht St. Georg, das Präjudiz-Charakter | |
hat. Den linken AktivistInnen wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte | |
und Nötigung vorgeworfen. | |
Es geht dabei um einen morgendlichen Polizeieinsatz vom 25. Juli 2015 im | |
Münzviertel. Die Stadt wollte einen Bauzaun errichten, um das Gelände eines | |
an das Koze angrenzenden Schulgeländes abzusichern, bevor das Schulgebäude | |
asbestsaniert wurde. Die Koze-AktivistInnen wollten das verhindern, indem | |
sie ein Tor zum Schulareal blockierten. | |
Als die Polizei anrückte, verließen sie gemessenen Schrittes den | |
Torbereich, was ihnen die Staatsanwaltschaft als Widerstand gegen die | |
angeordnete Personalienfeststellung auslegt. Die Kernfrage des Verfahrens | |
ist, ob der Polizeieinsatz unter der Regie des leitenden Polizeidirektors | |
Hartmut Dudde rechtswidrig war und damit die Blockade gerechtfertigt wäre. | |
Dudde gilt seinen Kritikern als Freund repressiver Polizeieinsätze bei | |
Demonstrationen. Und gerade er wird als Gesamteinsatzführer die | |
polizeilichen Maßnahmen beim G20-Gipfel im Juli mit über 13.500 Polizisten | |
koordinieren. | |
## Strafbarkeit im „ganz untersten Bereich“ | |
Der Anwalt der Beschuldigten, Gerrit Onken, hält den Polizeieinsatz für | |
rechtswidrig. Der massive Einsatz der Bereitschaftspolizei mit Festnahme- | |
und Räumungseinheiten zur Absicherung der bevorstehenden Baumaßnahmen sei | |
rechtlich nicht gedeckt, die Asbestsanierung zudem vorher nicht angekündigt | |
gewesen. | |
Auch seien die Beamten vor Ort über den Zweck ihres Einsatzes von der | |
Einsatzleitung falsch gebrieft worden. Sie gingen davon aus, dass es hier | |
um die Beendigung eines Hausfriedensbruchs gehe, der auch nach Ansicht der | |
Staatsanwaltschaft gar nicht vorlag. Denn die Koze-AktivistInnen waren in | |
der an die Schule angrenzenden ehemaligen Kita und auch auf dem | |
Schulgelände seit Monaten von der Stadt geduldet. | |
Da die Rechtmäßigkeit des „gesamten Brimboriums“ erkennbar mehr als | |
fraglich gewesen sei, sei es angemessen gewesen, dass die AktivistInnen das | |
Tor zwischen Kita- und Schulgelände blockiert hätten, um „den Status quo | |
erst einmal abzusichern“, meint der Anwalt. Dass sie sich schließlich von | |
dem Tor entfernt hätten, könne zudem nicht als Widerstand gegen eine | |
Personalienfeststellung gewertet werden. | |
Die vorsitzende Richterin räumte zwar Fehler auf Seiten der Polizei ein, | |
fand aber das Verhalten der Angeklagten „im ganz unteren Bereich, an der | |
untersten Grenze“ strafbar. Rechtskräftig aber wird die Verwarnung samt | |
Geldstrafe auf Bewährung kaum werden. | |
Die Beschuldigte wird wohl Berufung einlegen, damit die rechtliche | |
Bewertung kein Präjudiz für die Parallelverfahren gegen andere | |
Koze-AktivistInnen wird. | |
21 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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