# taz.de -- Kommentar Benoît Hamon als Kandidat: Zu sehr Unruhestifter | |
> Im Kampf um die französische Präsidentschaft ist der Sozialdemokrat weit | |
> abgeschlagen. Ihm fehlt ein Programm, das die Linke einigt. | |
Bild: Hamon erscheint unbekannten KünstlerInnen hier als eine Art Joker | |
Benoît Hamon, der sozialdemokratische Präsidentschaftskandidat, ist | |
aufrichtig, mutig und erfinderisch. Er wusste das intellektuelle und | |
programmatische Erbe des französischen Sozialismus zu erneuern und war der | |
Auslöser dafür, dass sich ein Teil der Jugend – klein, aber begeistert – | |
wieder der Linken anschloss. Aus den Vorwahlen ging Hamon mit einem | |
durchaus anständigen Ergebnis hervor. | |
Warum also sehen sämtliche Umfragen Hamon nur noch unter 10 Prozent, weit | |
abgeschlagen hinter seinen Rivalen, dem unabhängigen Emmanuel Macron und | |
Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei? | |
Da wäre zum einen eine Reihe von taktischen Fehlern: Einen ganzen Monat | |
lang verhandelte Hamon mit den Grünen, ohne auch nur den geringsten Nutzen | |
für die Wahlen daraus zu ziehen. Dann umgarnte er Mélenchon, obwohl der | |
keinerlei Anstalten machte, diese Avancen zu erwidern. Immer wieder redete | |
er außerdem von einer „wünschenswerten Zukunft“, ohne auch nur ein Wort | |
über Arbeitsplätze zu verlieren. | |
Aber da ist noch etwas, und das wiegt schwerer. Die gesamte französische | |
Linke ist gespalten in Radikale und Reformer. Und man ist weit davon | |
entfernt, dass sich dieser Graben wieder schließt. Diejenigen | |
sozialdemokratischen Kandidaten, die bei vergangenen Wahlen Erfolg hatten – | |
Mitterrand, Jospin, Hollande – waren auch jene, die es verstanden haben, | |
diese Gegensätze zu vereinen. | |
Hamon hat das nicht einmal versucht. Er ist immer ein Unruhestifter | |
gewesen. Sein Programm, mehr grün als rot, hat die Realos so beunruhigt, | |
dass sie zu Macron abwanderten. Böse Zungen sagen sogar, dass sich Hamon, | |
indem er die Themen der Grünen quasi in ihrer Gesamtheit für seine eigenen | |
Zwecke aufgriff, dem Risiko ausgesetzt hat, bei den Wahlen auch ein | |
Grünen-Ergebnis einzufahren – wohingegen Macron die Frustwähler abgreifen | |
werde. | |
Dennoch sind Hamons Ideen richtungweisend. Aber wie sagte schon François | |
Mitterrand: Will man Politik machen, ist etwas Geschick dabei nicht | |
verboten. | |
Laurent Joffrin ist Chefredakteur der Libération. | |
20 Apr 2017 | |
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Laurent Joffrin | |
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