# taz.de -- Kommentar EU und Türkei: Milde Mahnungen | |
> Die EU-Kommission lässt Erdoğan gewähren und mahnt nur sehr milde. Sie | |
> will sich alle Optionen offenhalten. Aus Rücksicht auf Angela Merkel? | |
Bild: Erdoğan ganz entspannt | |
Es soll die dickste aller roten Linien sein: Wenn Präsident Recep Tayyip | |
Erdoğan die Todesstrafe wieder einführt, dann sei Schluss mit lustig! Dann | |
werde die Europäische Union die Beitrittsgespräche mit der Türkei | |
automatisch abbrechen, heißt es in Brüssel. Demokratie und Menschenrechte | |
seien nicht verhandelbar. | |
Doch wirklich ernst scheint es die EU mit dieser Warnung nicht zu meinen. | |
Denn schon bei der Demokratie nimmt man es nicht so genau: Obwohl die | |
Wahlbeobachter von OSZE und Europarat bemängeln, dass beim Referendum am | |
Sonntag internationale Standards verletzt worden seien, [1][zweifelt | |
Brüssel den hauchdünnen Wahlsieg nicht an]. | |
Man lässt Erdoğan gewähren – und beschränkt sich auf die milde Mahnung, | |
„transparente Untersuchungen“ einzuleiten. Dabei hat der zum | |
Alleinherrscher mutierte Präsident schon klar gemacht, was er von derlei | |
Appellen hält: nichts. Er werde die Analysen der Wahlbeobachter nicht | |
einmal lesen, höhnte Erdoğan. | |
Ziemlich mau ist auch die europäische Haltung zur Todesstrafe. Denn es | |
bleibt offen, wann man denn endlich einschreiten will: Wird Brüssel | |
reagieren, wenn das Parlament – wie von Erdoğan gefordert – Beratungen | |
darüber aufnimmt? Oder erst bei Verabschiedung eines Gesetzes? Vielleicht | |
noch später – bei der ersten Hinrichtung? | |
Die EU-Kommission legt sich nicht fest. Sie will sich alle Optionen offen | |
halten – und stellt die vermeintlich klare rote Linie damit selbst in | |
Frage. Doch warum wagt es Jean-Claude Juncker, der Präsident der angeblich | |
so „politischen“ Kommission, eigentlich nicht, klare Kante zu zeigen? Warum | |
haut er nicht endlich auf den Tisch? | |
In Brüssel glauben viele, dass er Rücksicht auf Kanzlerin Angela Merkel | |
nimmt. Denn Merkel kann nicht noch mehr Ärger mit Erdoğan gebrauchen, schon | |
gar nicht im beginnenden Wahlkampf. Deshalb ist die rote Linie so dünn | |
geworden, dass sie niemanden mehr schreckt. | |
19 Apr 2017 | |
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[1] /Nach-dem-Referendum-in-der-Tuerkei/!5398556/ | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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