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# taz.de -- Haltung von Legehennen: Huhn zufrieden, Boden überdüngt
> In der Nähe von Hühnerställen mit Auslauf ist mitunter die Konzentration
> von Nährstoffen zu hoch. Das zeigt ein Forschungsprojekt.
Bild: Hauptsache Auslauf und dann ist alles gut? So einfach ist das nicht
Berlin taz | Die vergleichsweise tierfreundliche Freilandhaltung von
Legehennen kann zu umweltschädlicher Überdüngung führen. „Unser vor Kurzem
abgeschlossenes Forschungsprojekt hat bestätigt, dass wir vor einer großen
Herausforderung stehen“, sagte Jürgen Heß, Professor für Biolandbau an der
Universität Kassel/Witzenhausen, der taz. „Die Hühner neigen dazu, sich in
Stallnähe aufzuhalten und dort einen bedeutenden Teil ihres Kots
abzusetzen, der Stickstoff- und Phosphorverbindungen enthält. Wenn der
Stall nicht oder zu selten bewegt wird, sind die Nährstoffmengen höher, als
die Pflanzen im Auslauf aufnehmen können.“
Der überschüssige Stickstoff in Form von Nitrat könne ins Grundwasser
gelangen. Da daraus das meiste Trinkwasser gewonnen wird, kann die
Belastung Gesundheitsrisiken verursachen.
Agrarwissenschaftler Heß hat auf einem Biohof in Nordrhein-Westfalen zwei
baugleiche „Mobilställe“ untersucht. „Wir haben den einen stehen lassen,
so, als ob er ein stationärer wäre.“ Der andere sei während des eineinhalb
Jahre dauernden Versuchs alle ein bis zwei Wochen versetzt worden, damit
sich der Kot nicht so stark auf einer Fläche konzentriert. Zudem kann sich
so der Pflanzenbewuchs erholen. Hühner picken und kratzen innerhalb weniger
Wochen das Areal in der Nähe eines Stalls quasi kahl.
„An dem stationären Stall gab es eine Anreicherung von Nährstoffen“, so
Heß. Das hätten monatliche Bodenproben gezeigt. In diesen Ausläufen seien
nach kurzer Zeit keine Pflanzen mehr gewachsen. „Dann besteht die Gefahr,
dass insbesondere Nitrat ausgewaschen wird.“
Die von der EU-Ökoverordnung zugelassenen 170 Kilogramm Stickstoff pro
Hektar und Jahr seien aber nicht überschritten worden, so der
Wissenschaftler. Denn diese Grenze müsse laut Vorschrift nur im
Durchschnitt des gesamten Betriebes eingehalten werden. „Da kompensiert in
der Theorie eine nicht gedüngte Fläche eine Fläche, wo das Doppelte der 170
Kilogramm raufgekommen ist. Würde die Grenze auch pro Teilfläche gelten,
also lediglich für den stallnahen Bereich, wäre man da drüber“, so Heß.
„Wir müssen verhindern, dass Nitrat ausgewaschen wird, auch wenn die
formelle Grenze eingehalten wird“, sagt der Forscher. Denn der Ökolandbau
habe schließlich den Anspruch, natürliche Ressourcen wie das Grundwasser zu
schonen. Zusätzlich würden wertvolle Nährstoffe verloren gehen, wenn Nitrat
ausgewaschen werde.
## „Ein gut bewegter Mobilstall ist die Lösung“
Die Wissenschaftler experimentierten mit einem Stall, in dem nur 220
Legehennen leben. Viele Betriebe halten aber Zehntausende Hühner in einem
Gebäude.
Heß deutete an, dass das Überdüngungsproblem bei größeren Anlagen größer
ist: „Der optimale stationäre Stall hat einen Auslauf in zwei, besser drei
Himmelsrichtungen, damit immer ein Teil des Freigeländes stillgelegt werden
kann zur Begrünung und zum Anbau von Pflanzen, die Nährstoffe entziehen.“
Große Anlagen hätten aber pro Stallabteil meist nur Auslaufflächen in eine
Richtung, weil sich rechts und links von ihm weitere Stalleinheiten
befinden. „Dann geht es also nur nach vorne raus, zum Teil sogar mehrere
hundert Meter, die dann aber nur in Stallnähe von den Tieren angenommen
werden. Und je mehr Abteile ich nebeneinander habe, desto größer ist die
Einschränkung.“
Fast nicht messbar sei die Nährstoffkonzentration dagegen bei dem Stall
gewesen, der regelmäßig bewegt wurde. Allerdings sei er dafür auch in einem
Auslauf versetzt worden, in dem jedes Huhn 32 Quadratmeter Platz hatte –
acht mal so viel wie die von den Öko- und Eiervermarktungsverordnungen
verlangten vier Quadratmeter. So konnten sich die Ausläufe länger
regenerieren. „Eine Flächenbeimessung von vier Quadratmetern pro Tier ist
eindeutig zu gering“, so Heß.
„Ein gut bewegter Mobilstall ist die Lösung“, schließt der Wissenschaftle…
Aber obwohl immer mehr Landwirte ihre Hühner so halten, werde es weiterhin
viele stationäre Anlagen geben. „Deshalb sind wir dabei, Lösungen für
solche Ställe zu erarbeiten.“
Die Ergebnisse aus den untersuchten Ökoställen seien übertragbar auf
diejenigen konventionellen Betriebe, die ihren Legehennen ebenfalls Auslauf
gewähren. Diese herkömmlichen Freilandhalter hätten möglicherweise sogar
ein größeres Problem, weil es dort mehr Betriebe mit größeren
Stalleinheiten gibt.
In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt 18 Prozent der insgesamt
40 Millionen Legehennen in herkömmlicher Freilandhaltung, 10 Prozent in
Öko-Betrieben. In beiden Systemen hat jedes Huhn Auslauf. Biohühner müssen
mehr Platz im Stall und fast ausschließlich Futter aus ökologischer
Landwirtschaft bekommen. Freiland- und Ökoeier sind teurer als Ware aus
Boden- oder Käfighaltung.
3 Apr 2017
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Hühner
Tierhaltung
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Legehennen
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