| # taz.de -- Touristen-Pädagogik in Friedrichshain: Piktogramme fürs Partyvolk | |
| > Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg will mit Videoclips und | |
| > Kiezversammlungen den Tourismus „stadtverträglich“ machen. | |
| Bild: In diesem Zustand durchaus noch ansprechbar: Touristen in Friedrichshain | |
| Der Sommer naht und mit ihm Lärm, Urin, Scherben. Um die negativen | |
| Auswirkungen des boomenden Partytourismus abzumildern, hat das Bezirksamt | |
| Friedrichshain-Kreuzberg seine Strategie für einen stadtverträglichen | |
| Tourismus unter dem Label „fair.kiez“ weiterentwickelt. Am Freitag stellte | |
| Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) die aktuellen Maßnahmen | |
| vor. | |
| Im Mittelpunkt stehen drei kurze Trailer, die seit Freitag auf den | |
| Riesenbildschirmen der Mehrzweckarena an der Warschauer Brücke und der East | |
| Side Gallery sowie auf der LED-Rückwand der Mehrzweckhalle laufen. Die | |
| 20-Sekunden-Spots empfehlen mit minimalistisch animierten Piktogrammen, | |
| sich leise zu verhalten, seinen Müll zu entsorgen und nicht an Häuser zu | |
| pinkeln. Insgesamt 654 Wiederholungen würden jeden Tag zwischen das übliche | |
| Werbeprogramm auf den Boards geschaltet, sagte Hehmke, es handele sich um | |
| eine unbefristete und kostenlose Unterstützung durch die | |
| Mercedes-Benz-Arena. | |
| Darüber hinaus, so der Stadtrat, werde der Bezirk weiterhin seine Linie der | |
| „Moderation, Mediation und Kommunikation“ verfolgen. Dafür stünden auch in | |
| diesem Jahr wieder 40.000 Euro aus den Einnahmen der City-Tax zur | |
| Verfügung. Insbesondere rund um die Simon-Dach-Straße sei man im Gespräch | |
| mit GastronomInnen und AnwohnerInnen. Hier häufen sich seit Jahren | |
| Beschwerden über den Billigfliegertourismus, der nicht nur vor den Kneipen | |
| und Bars sein Unwesen treibt, sondern den Kiez auch auf dem Weg zum | |
| RAW-Gelände passiert. | |
| In der nördlichen Hälfte der Simon-Dach-Straße konnte schon vor Jahren ein | |
| Konsens mit der Gastronomie darüber erzielt werden, dass der Ausschank auf | |
| den Gehwegen um 22 Uhr beendet wird. Im etwas weniger dicht versorgten | |
| südlichen Abschnitt habe man vergangenes Jahr das Gespräch gesucht, sagte | |
| Stefanie Raab von der coopolis GmbH, die die fair.city-Maßnahmen im Auftrag | |
| des Bezirksamts entwickelt. Ergebnis nach drei Kiezversammlungen sei eine | |
| „Charta“ der Gastronomen, in der diese feierlich versprechen, touristische | |
| Exzesse in ihren Läden nicht zu tolerieren und die Sorgen der AnwohnerInnen | |
| ernst zu nehmen. Letztere hätten eine „Bar-Telefonliste“ erhalten, über d… | |
| sie sich spontan melden können, wenn es ihnen doch mal zu bunt wird. | |
| ## Erster Versuch mit Pantomimen | |
| Die Aktionen unter dem Label fair.kiez starteten im Sommer 2015 mit einer | |
| Pantomimengruppe, die an den Wochenendabenden durch den Friedrichshainer | |
| Kiez zog, um das Bedürfnis der AnwohnerInnen nach Ruhe und Sauberkeit | |
| humorvoll zu illustrieren. Der Erfolg der Aktion gilt als durchwachsen, | |
| immerhin war die mediale Wirkung sehr hoch. Dagegen konnte der jahrelange | |
| Konflikt rund um die Kreuzberger Admiralbrücke, einen weiteren Hotspot des | |
| Straßentourismus, durch Mediatoren, vor allem aber durch regelmäßige | |
| Polizeipräsenz entschärft werden. | |
| Weil die gutwilligsten Barbesitzer wenig auf Touristen einwirken können, | |
| die nur auf dem Durchmarsch sind, will der Bezirk auch versuchen, die ganze | |
| Herde umzulenken: Man spreche mit den Einrichtungen auf dem RAW-Gelände | |
| darüber, ob dessen Nebeneingang am Ende der Simon-Dach-Straße zeitweilig | |
| geschlossen werden könne. | |
| 7 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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