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# taz.de -- Deutschtürkischer Fußballer verurteilt: „Der Putsch findet jetz…
> Deniz Naki ist nun wegen „Terrorpropaganda“ auf Bewährung. Die türkische
> Justiz ist nicht mehr frei, sagt Linken-Politiker Fabio de Masi.
Bild: Deniz Naki lässt sich weiterhin nicht den Mund verbieten
„Wenn ich das Wort Frieden in den Mund nehme, dann habe ich eine
Trainingspause hinter Gittern.“ Mit diesen Worten kommentierte der
deutschtürkische Fußballprofi und ehemalige U21-Nationalspieler Deniz Naki
seine neue, prekäre Lage. Ein Gericht im türkischen Diyarbakır hatte ihn
zuvor wegen vermeintlicher „Terrorpropaganda“ zu einer Bewährungsstrafe
[1][von einem Jahr, sechs Monaten und 22 Tagen verurteilt].
Das Urteil bedeutet, dass Naki, der bei Amed SK in der dritten türkischen
Liga spielt, jederzeit mit seiner Verhaftung rechnen muss. Dennoch will er
in der Türkei bleiben. „Ich werde weiter den Mund aufmachen, wenn ich
Menschen in Not leiden sehe“, kündigte er nach dem Prozess an.
Naki setzt sich auf Facebook, Twitter und auf dem Rasen für Frieden in den
türkischen Kurdenregionen ein. Nachdem Amed SK im Januar 2016 im Pokal
gegen den Erstligisten Bursaspor gewonnen hatte, schrieb Naki unter
anderem, der Sieg sei denen gewidmet, „die bei den Grausamkeiten, die seit
über 50 Tagen auf unserem Boden stattfinden, getötet oder verletzt wurden“.
Der Staat interpretiert das jedoch als Unterstützung der verbotenen
Kurdenpartei PKK. In der Türkei gelten alle PKK-Anhänger als Terroristen.
„Deniz hat auf das Urteil mit Galgenhumor reagiert“, sagte der
Europaabgeordnete der Linken, Fabio de Masi, nach der Gerichtsverhandlung,
die nur dreißig Minuten dauerte. De Masi, ein bekennender St.-Pauli-Fan,
war als Prozessbeobachter in die heimliche Hauptstadt der Kurdenregion
gereist. Die Lage vor Ort sei gespenstisch, sagte er: „Ständig sind
Kampfjets in der Luft, an jedem Laternenpfahl hängt Wahlwerbung für
Präsident Erdoğan.“
## „Großartige Haltung, gerade als Sportler“
Das Gericht habe kurz vor dem Referendum über Erdoğans Präsidialsystem
unter massivem politischen Druck gestanden, glaubt De Masi. „Derselbe
Richter, der Deniz im letzten Jahr vom Vorwurf der Terrorpropaganda
freigesprochen hat, verurteilt ihn heute.“ Die Unabhängigkeit der Justiz
sei nicht mehr gewährleistet. „Der eigentliche Putsch findet jetzt statt“,
so der Linken-Politiker.
Deniz habe sich „einfach nur Frieden gewünscht“, kritisierte er im Gesprä…
mit der taz. „Doch das ist jetzt schon strafbar.“ Wenn Naki in den nächsten
fünf Jahren das Wort Frieden in den Mund nimmt, drohe ihm Haft. Das Urteil
solle abschreckende Wirkung haben. Doch der Fußballer lässt sich nicht
einschüchtern. Kaum dass er den Gerichtssaal verlassen hatte, gab er schon
wieder Interviews – den Mund verbieten lässt er sich nicht. „Ich hoffe,
dass er den Ball flach hält und keine Haft riskiert“, sagte De Masi. Naki
sei ein Vorbild, nicht nur auf dem Rasen. Er hätte dem Prozess ausweichen
können, da er auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, doch er stellte
sich. „Er hätte auch die Klappe halten und Karriere als Profifußballer
machen können“, so der Linken-Politiker. Dass er dies nicht tat, sei „eine
großartige Haltung, gerade als Sportler“.
Der Prozess in Diyarbakır war international beachtet worden. Auch die
Bundesregierung zeigte sich an dem Fall Naki interessiert. Das
deutsch-türkische Verhältnis ist angespannt. Allerdings schickte Berlin
offenbar keinen Prozessbeobachter nach Diyarbakır. Nakis Anwälte hatten
darum gebeten, nicht zu viel Wirbel zu machen. Denn dies hätte ein noch
schärferes Urteil provozieren können. Im schlimmsten Fall drohten ihm bis
zu fünf Jahre Haft.
Özcan Mutlu, sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sagte der
Deutschen Presseagentur, der Fall Naki zeige, dass jeder Regierungskritiker
in der Türkei mit dem Schlimmsten rechnen müsse. Allein dass das Verfahren
wieder aufgerollt worden sei, sei eine „Farce und eine Schande für die
türkische Justiz“.
6 Apr 2017
## LINKS
[1] /Fussballer-in-der-Tuerkei-verurteilt/!5400156
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
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Schwerpunkt Türkei
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