# taz.de -- Neuer Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge: Hamburg gibt sich Sc… | |
> Senat und Volksinitiative einigen sich auf einen neuen Modus, um die | |
> Geflüchteten gleichmäßiger über die Stadt zu verteilen. | |
Bild: Koffer packen: Geflüchtete | |
Mit einem neuen Verteilungsschlüssel will Hamburg Geflüchtete gleichmäßiger | |
auf die Stadt verteilen. Das von Politik und Verwaltung gemeinsam mit der | |
Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ entwickelte Instrument | |
begrüßt der Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andreas Dressel, als | |
entscheidenden Hebel für „größtmögliche Stadtteilgerechtigkeit bei der | |
Flüchtlingsunterbringung“ und damit „für eine größtmögliche Akzeptanz … | |
den Bürgern vor Ort“. | |
Dazu wird Hamburg planerisch in 940 Quartiere aufgeteilt, für jedes | |
Quartier wird berechnet, wie viele Geflüchtete es theoretisch aufnehmen | |
müsste. Die zentralen Indikatoren für diese Berechnung sind die | |
Einwohnerzahl, die Fläche, aber auch der soziale Status des Gebiets. Gut | |
situierte Stadtteile müssen mehr Menschen aufnehmen als sozial abgehängte | |
Quartiere. | |
„Wir müssen jetzt auch in der Hafencity, Eppendorf und Blankenese | |
Unterkünfte bauen“, nennt der Fraktionsvorsitzende der | |
Bürgerschafts-Grünen, Anjes Tjarks eine der Konsequenzen aus dem neuen | |
Verteilungsschlüssel. | |
Dieser Schlüssel soll zur Anwendung kommen, wenn es um die Planung neuer | |
Unterbringungen, aber auch um den Abbau von Plätzen geht. In den kommenden | |
zwei Jahren ist eine schrittweise Korrektur der jetzigen Ungleichverteilung | |
und Ballung von Unterkünften geplant. Es werde „keinen Umzugsmarathon“ | |
geben, verspricht Tjarks. „Für die Zukunft ist der Verteilungsschlüssel ein | |
verbindlicher Maßstab für alle Kapazitätsentscheidungen“, ergänzt Dressel. | |
Durch den Schlüssel gibt es nun auch eine Berechnungsgrundlage dafür, wie | |
viele Geflüchtete jeder der sieben Hamburger Bezirke aufnehmen müsste. Der | |
Vergleich zu den tatsächlichen Zahlen ergibt: Bergedorf wird Ende des | |
Jahres mehr als 2.000 Geflüchtete „zuviel“ unterbringen, auch der Bezirk | |
Mitte nimmt mehr als 1.000 Schutzsuchende mehr auf, als er laut Schlüssel | |
rechnerisch müsste. Viel zu wenig Plätze in der Folgeunterbringung gibt es | |
hingegen in Eimsbüttel (- 2.000) und in Hamburgs einwohnerstärkstem Bezirk | |
Wandsbek (- 1.000). | |
Diese Unwucht will die rot-grüne Koalition nun im kommenden Jahr | |
korrigieren, indem sie die Großunterkunft am Mittleren Landweg von 2.500 | |
auf 1.500 abspeckt und in Eimsbüttel die Folgeunterbringungen am Hörgensweg | |
(1.400 Plätze) und Duvenacker (370 Plätze) an den Start bringt. Das | |
Bauvorhaben in Eidelstdt bremste das Hamburger Verwaltungsgericht | |
vergangene Woche allerdings mit einem vorläufigen einen Baustopp erst | |
einmal wieder aus. | |
Zufrieden mit dem neuen Instrument sind nicht nur SPD und Grüne, sondern | |
die Volksinitiative „Hamburg für eine gute Integration“. | |
Sie wirkte an der Entwicklung des Verteilungsschlüssels mit, den ihr | |
Sprecher Klaus Schomacker als wichtiges Werkzeug für eine faire Verteilung | |
der Geflüchteten und damit für eine erfolgreiche Integration bewertet. Mit | |
ihm werde der „Bürgervertrag weiter umgesetzt“, den Regierung und | |
Volksinitiative 2016 vereinbart haben. Nur gehe es vor allem darum, durch | |
die Forcierung des Wohnungsbaus langfristig die Unterkünfte zu ersetzen. | |
5 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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