| # taz.de -- Bürgerkrieg und Unterernährung: Der Jemen hungert | |
| > Mehr als die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung leidet an Hunger. Dies | |
| > sei gegenwärtig die größte humanitäre Katastrophe der Welt, so das Rote | |
| > Kreuz. | |
| Bild: Zwei Jahre alt und unterernährt: ein Kind in einer Klinik im jemenitisch… | |
| KAIRO taz | Die schieren Zahlen lassen einem den Atem stocken. 17 Millionen | |
| Menschen leiden Hunger im Bürgerkriegsland Jemen, 60 Prozent der | |
| Bevölkerung. Sieben Millionen Menschen können ohne internationale | |
| Hilfslieferungen nicht überleben. Es ist die größte humanitäre Katastrophe | |
| weltweit, hieß es am Montag in einer Erklärung des Internationalen Roten | |
| Kreuzes (ICRC). | |
| Das Hilfswerk fordert die Bürgerkriegsparteien im Jemen zu einem | |
| unmittelbaren Waffenstillstand auf. Der scheint derzeit aber in weiter | |
| Ferne. Es sei eine Krise, bei der die Welt wegblicke, schreibt das ICRC. | |
| Der Jemen ist das ärmste arabische Land und hat – abgesehen von der | |
| Bab-al-Mandab-Meerenge im Roten Meer – geringe strategische Bedeutung. Das | |
| Land an der Südspitze der Arabischen Halbinsel besitzt kaum Öl und ist zu | |
| weit entfernt, als dass die Flüchtlinge dieses Krieges nach Europa kommen | |
| würden. Das führt auch dazu, dass die humanitäre Krise im Jemen kaum | |
| Schlagzeilen macht. | |
| „Die Lage im Jemen ist so schlimm wie nie zuvor“, erklärt Reem Nada von der | |
| Welternährungshilfe in Kairo gegenüber der taz. Allein im letzten Jahr | |
| seien zu denen, die ohne internationale Hilfslieferungen nicht überleben | |
| können, drei Millionen Menschen dazugekommen. Der Bürgerkrieg habe die Lage | |
| rapide eskalieren lassen. | |
| ## Die Wirtschaft ist am Boden | |
| Auch das ICRC sieht den Bürgerkrieg, der nun schon fast zwei Jahre andauert | |
| und der durch regelmäßige Luftangriffe von Saudi-Arabien verschärft wird, | |
| als Hauptursache der humanitären Krise. Der Krieg verhindere | |
| Nahrungsmittelimporte, zerstöre den Lebensunterhalt vieler Menschen und | |
| verhindere Hilfslieferungen, heißt es in der ICRC-Erklärung. | |
| Das Hilfswerk fordert nicht nur die jemenitischen Kriegsparteien, sondern | |
| auch Saudi-Arabien zu einem unmittelbaren Waffenstillstand auf, damit | |
| Hilfsorganisationen Zugang zu allen Teilen des Landes bekommen. | |
| Der Krieg hat eine verheerende Kettenreaktion ausgelöst, schildert Reem | |
| Nada vom Welternährungsprogramm. „Der Jemen hängt heute fast vollständig | |
| von Nahrungsmittelimporten ab. Dazu kommt die wirtschaftliche Krise. Die | |
| Staatsangestellten haben seit sieben Monaten keinen Lohn mehr erhalten. Sie | |
| können sich Nahrungsmittel einfach nicht mehr leisten“, erklärt sie. | |
| Zudem habe die Abwertung des jemenitischen Riyal zu enormen | |
| Preissteigerungen geführt, weil Importe dadurch noch teurer geworden seien. | |
| Auch könnten sich Bauern nicht mehr die Dinge leisten, die sie für die | |
| Produktion ihrer Güter benötigten, wie zum Beispiel Treibstoff, Dünger und | |
| Saatgut. „Damit werden heute 30 Prozent weniger in der Landwirtschaft im | |
| Jemen produziert als vor der Krise“, sagt Nada. | |
| ## Millionen fehlen | |
| Die internationalen Organisationen haben derzeit zu wenig Mittel zur | |
| Verfügung, um die Lage zu managen. „Die UNO hat für ihre gesamte Arbeit im | |
| Jemen im Februar für das ganze Jahr 2,1 Milliarden Dollar veranschlagt, um | |
| diese humanitäre Krise zu managen. Bisher sind nicht einmal mal acht | |
| Prozent dieser Summe gedeckt“, erläutert sie. | |
| Das betrifft auch die Welternährungshilfe. „Uns fehlen 460 Millionen | |
| Dollar, um für die nächsten sechs Monate genug Nahrungsmittel für sieben | |
| Millionen Menschen zur Verfügung zu stellen. Wir geben daher pro Person nur | |
| ein Drittel der benötigten Ration aus“, sagt Nada. | |
| Das sei eine schwierige Entscheidung gewesen. Man könne entweder weniger | |
| Menschen versorgen oder mehr mit weniger Nahrung. Die Welternährungshilfe | |
| hat sich für Zweiteres entschieden: Möglichst viele Menschen werden | |
| versorgt, bekommen aber weniger, als sie brauchen. Die Hoffnung ist, dass | |
| so mehr Menschen überleben. | |
| 21 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Karim El-Gawhary | |
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