# taz.de -- Umstellung auf DVB-T2 HD: Privatfernsehen wird kostenpflichtig | |
> Mit DVB-T2 HD verschwinden Privatsender hinter einer stillen | |
> Bezahlschranke. Dass das vom Publikum akzeptiert wird, ist allerdings | |
> keineswegs sicher. | |
Bild: Berliner Fernsehturm: Ab Mittwoch wird DVB-T2 eingeführt | |
Veit Olischläger weiß, wie mächtig Privatsender sind. „Damit das | |
Antennenfernsehen auch im digitalen Zeitalter genug Fans für seinen Betrieb | |
hat, braucht es neben den Programmen von ARD und ZDF zwingend auch die | |
privaten Kanäle“, sagt Olischläger, der das Projektbüro für die Umstellung | |
von DVB-T2 HD leitet und deshalb von Berufswegen her derzeit permanent | |
Dinge wie „schärfere Bilder!“ und „mehr Programme!“ ruft. | |
Über den abgehangenen Übertragungsstandard DVB-T berichtet Olischläger: | |
„Überall dort, wo beide Teile des dualen Systems mit dabei sind, | |
funktioniert es.“ Kurzum: Ohne RTL, ProSieben und Co. könnte man es auch | |
gleich sein lassen mit dem Antennen-TV, das knapp jeder zehnte Haushalt | |
irgendwie nutzt. Öffentlich-rechtliche Kanäle reichen nicht. | |
Die Privatsender, die in den achtziger und neunziger Jahren mal als | |
werbefinanziertes Free-TV angetreten waren, halten dem Antennenfernsehen | |
zwar weiter die Treue. Doch wenn von diesem Mittwoch an viele Funktürme | |
statt DVB-T nur noch DVB-T2 HD senden, geht vor den Privatsendern die | |
Bezahlschranke herunter: Nur wer bereit ist, 69 Euro im Jahr zu bezahlen, | |
erfährt weitere Episoden aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, kann sich | |
auch künftig „Taff“ via Antenne reinziehen oder „Goodbye, Deutschland!“ | |
johlen. | |
Kurios daran: Die Plattform dafür heißt auch noch Freenet TV. Vom Einstieg | |
ins Pay-TV möchte aber kein Beteiligter reden. Die 69 Euro seien bloß ein | |
„Infrastrukturentgelt“ für den Zugang zu Privatsendern im Allgemeinen, | |
nicht für einzelne Kanäle im Besonderen. | |
## „Technisches Entgelt“ für Privatsender | |
Projektleiter Olischläger skizziert „ein Problem hinsichtlich der | |
Frequenzausstattung“: Für Kanäle in der lange üblichen SD-Qualität sei ke… | |
Platz, denn mit DVB-T2 HD sollen so viele Programme wie möglich | |
ausgestrahlt werden – Stichwort „Konkurrenzfähigkeit“. Bei HD wiederum | |
seien via Kabel, Satellit oder Internet ein „technisches Entgelt“ für | |
Privatsender üblich. Da könne das Antennenfernsehen „auch keine Ausnahme | |
bilden“. | |
Nun haben die Privatsender natürlich ein Argument auf ihrer Seite: Während | |
die ARD für die Ausstrahlung ihrer Programme via Antenne statt bislang etwa | |
110 Millionen Euro an Rundfunkbeiträgen im Jahr nur zirka 95 Millionen Euro | |
ausgeben muss, weil der neue Standard weniger Energie frisst als bisher, | |
wird die Ausstrahlung der Privatsender mehr Geld kosten. Nein, mit der | |
Umstellung steigt nicht etwa per Knopfdruck die Qualität der Programme. RTL | |
und Co. werden schlicht in mehr Regionen als bisher über Antenne | |
ausgestrahlt. Dafür braucht es eine stärkere Sendeleistung auf diversen | |
Funktürmen. | |
Gleichwohl: Die Gruppen rund um RTL und ProSieben haben zuletzt prächtig | |
verdient. Sie könnten auch ihren Werbekunden eintrichtern, dass | |
Tiefkühlpizzas und Geländewagen nun hochauflösend daherkommen. Am Ende | |
wollen aber alle sparen. Die Privaten wissen wiederum nun mal sehr genau, | |
wie unentbehrlich sie im Angebotsmix sind. Als die Verhandlungen über die | |
Zukunft der Antenne ins Stocken kamen, stiegen Sender der Mediengruppe | |
RTL-Deutschland 2012 teils aus – eine kleine Machtdemonstration. | |
Allerdings bleibt bei all dem Selbstbewusstsein eine große Unbekannte – und | |
zwar eine sehr entscheidende: das Publikum. Die ZuschauerInnen entscheiden | |
dieser Tage über nicht weniger als über Zukunft des Antennenfernsehens. | |
„Ein Stück weit ist das der Blick in die Glaskugel“, sagt | |
DVB-T2-HD-Projektbürochef Olischläger selbst. „Aber das ist Basis eines | |
unternehmerischen Geschäfts.“ | |
28 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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