# taz.de -- Digitales Antennenfernsehen: „RTL“ springt ab | |
> Die „RTL“-Gruppe will dem „Überallfernsehen“ den Rücken kehren. Der | |
> Grund: DVB-T sei zu teuer, die Frequenzen nicht sicher | |
Bild: DVB-T? Fertig machen zum Absprung... | |
So richtig Fahrt aufgenommen hat das digitale Antennenfernsehen hierzulande | |
vor nicht mal zehn Jahren – und dennoch droht der Technologie, die auf das | |
kryptische Kürzel DVB-T hört und von der Fernsehindustrie gerne als | |
„Überallfernsehen“ beworben wird, bereits ein rasches Ende: Die | |
Mediengruppe RTL-Deutschland will ihre Programme so bald wie möglich nicht | |
mehr über diesen Standard verbreiten. Die große Frage ist nun, ob damit der | |
klassischste aller Übertragungswege für das TV, der Funk über Land, sein | |
Ende finden wird. | |
Bereits zum Sommer dieses Jahres verschwinden die Kanäle der Kölner Gruppe, | |
zu denen auch RTL2, SuperRTL, VOX und n-tv gehören, im Großraum München. | |
Die übrigen Regionen, darunter auch Berlin, sind Ende 2014 dran. In und um | |
Nürnberg hat RTL die Verbreitung über den Funkstandard bereits leise | |
auslaufen lassen. | |
Warum? Der noch junge Standard sei zu teuer. Verglichen mit der | |
Ausstrahlung via Satellit müsse die Gruppe 30-mal so viel in die | |
Verbreitung investieren, um einen Haushalt zu erreichen, mahnen | |
RTL-Vertreter wie ihr Cheflobbyist Tobias Schmid. „Wir verzichten damit auf | |
knapp 1,2 Millionen für uns relevante Haushalte“, sagt er zu der | |
Entscheidung seines Hauses. „Das fällt uns nicht leicht, ist aber nötig.“ | |
Und nicht zuletzt fehle dem Bertelsmann-Ableger das Vertrauen, „dass die | |
nötigen Frequenzen seitens der Politik lange genug garantiert werden | |
können“. | |
Experten wie Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen | |
können Schmid & Co. sogar verstehen. „Da ist schon etwas dran“, sagt | |
Bobrowski zum Mangel an Planungssicherheit. Die Frequenzen, auf denen | |
Fernsehprogramme via DVB-T ausgestrahlt würden, seien den Sendern nicht auf | |
Dauer zugesprochen worden. Sie müssten vielmehr immer wieder neu vergeben | |
werden –und mit einer mächtigen Industrie konkurrieren: den | |
Telekommunikationsunternehmen, die immer mehr Frequenzen schlucken, um den | |
Bedarf nach mobilem Internet zu befriedigen. | |
## DVB-T ist viel zu beschränkt | |
Ein anderes Problem ist, dass DVB-T viel zu beschränkt ist: Nur gut zwei | |
Dutzend statt wie im digitalen Kabel an die hundert Kanäle sind im | |
digitalen Antennenfernsehen bislang möglich. Die Technik soll daher zu | |
DVB-T 2 hochgerüstet werden, das dann auch Platz für hochauflösende Kanäle | |
(HD) bietet – im Betrieb aber freilich noch teurer ist. | |
Privatsender würden ihre Programme daher gerne verschlüsseln, um mit einer | |
Art Pay-TV light den Zuschauer an den Übertragungskosten zu beteiligen, | |
über den Umweg des Plattformbetreibers, der kassieren würde. Gegen das | |
bisherige Modell hat sich nun aber das Bundeskartellamt gestemmt. Das | |
fördert die Unsicherheit. | |
Während die zweite große Privatsendergruppe ProSiebenSat.1 noch überlegt, | |
wie sie sich verhalten will, fordert Verbraucherschützer Bobrowski die | |
Politik auf, über eine neue Strategie nachzudenken, damit der Rundfunk im | |
Ringen mit der starken Telekommunikationslobby nicht den Kürzeren zieht: | |
„Da müssen entsprechende Überlegungen angestellt werden, ob hybride | |
Lösungen helfen.“ | |
Bobrowski schlägt beiden Industrien vor, Mobilfunk und den terrestrischen | |
Rundfunk „quasi miteinander zu verheiraten“. Damit würde nicht nur DVB-T | |
überleben, auf dem ja in jedem Fall ARD und ZDF weiter senden würden, | |
sondern auch der Mobilfunk profitieren. Seine Netze müssten dann neben der | |
wachsenden Datenflut für das mobile Web und Cloud-Angebote nicht auch noch | |
Massendienste wie TV-Sender bewältigen – und so könnte einem Kollaps | |
vorgebeugt werden. | |
3 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
Daniel Bouhs | |
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