| # taz.de -- Chaos bei der Ausstrahlung: Teure Übertragungstechnik | |
| > DVB-T2 soll endlich kommen und das Antennenfernsehen gehen. Wer trotzdem | |
| > fernsehen will, braucht neue Empfangsgeräte. | |
| Bild: War früher wirklich alles besser? | |
| HDTV, 3D-TV, Smart-TV? In jeder Saison wird eine neue Sau durch das | |
| U-Elektronik-Dorf getrieben. Eigentlich könnte es dem Zuschauer egal sein. | |
| Wie früher beim Umstieg vom Schwarz-Weiß-TV auf das Farbbild könnte er sich | |
| Zeit lassen und umsteigen, wenn sein Bildschirm den Geist aufgibt, und | |
| entscheiden, welche Technik er nun will. | |
| Nicht so bei der Übertragungstechnik. Da geben Sendeanstalten und | |
| Netzbetreiber vor, in welchem Standard ausgestrahlt wird. Heutzutage ist | |
| das Fernsehen überwiegend digital. Deutschland war das erste Land, in dem | |
| die TV-Verbreitung via Funkturm komplett digitalisiert und das analoge | |
| Signal abgeschaltet wurde. | |
| DVB-T heißt die Technik, brachte bis zu 30 TV-Programme über die | |
| Hausantenne auf den Bildschirm und sorgte für eine Wiederbelebung des | |
| Antennenfernsehens. Ein Viertel aller deutschen Haushalte haben | |
| mittlerweile einen DVB-T-Empfänger. Zum Vergleich: 2003, als DVB-T | |
| gestartet wurde, sahen gerade noch 8 Prozent der Haushalte via Dachantenne. | |
| DVB-T ist billig geworden. In den meisten modernen Bildschirmen sind die | |
| Empfangsteile eingebaut. Wer trotzdem noch eine Set-Top-Box benötigt, | |
| bekommt sie für knapp 30 Euro, ein Sechstel des Preises von 2003. Doch die | |
| Zukunft des digitalen terrestrischen Fernsehens ist bedroht. Von seinem | |
| Nachfolger, dem weiterentwickelten Standard DVB-T2. Damit lassen sich mehr | |
| Programme ausstrahlen oder die herkömmlichen Programme in besserer, | |
| hochauflösender Qualität. | |
| ## Teure Technik | |
| Was in anderen Ländern wie Finnland und Großbritannien schon längst | |
| eingesetzt wird, ist bis Sommer 2012 auch in Norddeutschland in einem | |
| Feldversuch getestet worden. Ab 2015 könnte die Technik hierzulande | |
| eingesetzt werden. Ihr einziger Fehler: Sie ist inkompatibel zu DVB-T(1). | |
| Die Haushalte müssten neue Set-Top-Boxen anschaffen. Angesichts dessen, was | |
| die Haushalte in neue Smartphones oder Computer alle paar Jahre | |
| investieren, wären aber 30 Euro für eine neue Set-Top-Box nicht unbedingt | |
| der Hemmschuh. | |
| Aber die kommerziellen Fernsehveranstalter wollen unter den derzeitigen | |
| Bedingungen nicht mehr mitmachen. Schon jetzt sind sie in einigen | |
| DVB-T-Verbreitungsgebieten nicht beteiligt. Die Ausstrahlungskosten sind | |
| ihnen schlicht zu hoch. Dort, wo sie beteiligt sind, laufen die | |
| Verbreitungsverträge Ende 2014 aus. Und jetzt wird gepokert. | |
| Die RTL-Gruppe und ProSieben-Sat1 wollen bei DVB-T2 nur mitmachen, wenn sie | |
| ihr Programm auch gegen Bezahlung vertreiben können. Die | |
| öffentlich-rechtlichen Sender haben ihre Bereitschaft erklärt, zügig zu | |
| DVB-T2 überzugehen, das allerdings wegen technischer Vorarbeiten erst ab | |
| 2016. Doch ohne Beteiligung der Privaten, nur mit öffentlich-rechtlichen | |
| Angeboten, befürchten Experten wie der Berliner Medienhüter Hans Hege, dass | |
| die Attraktivität des Antennenfernsehens erheblich abnimmt. Nach und nach | |
| müssten in den Ballungsräumen die Fernsehsender mangels Zuschauernachfrage | |
| abgeschaltet werden. | |
| ## Umstellung mit Folgen | |
| Das wiederum freut die Mobilfunkindustrie. Sie spekuliert auf technisch | |
| hervorragend geeignete Frequenzen für ihre Angebote. Schon fordert die | |
| Europäische Union neue Nutzungskonzepte für einen großen Teil der | |
| Fernsehfrequenzen für das Ende des Jahrzehnts. Daher drängt die Zeit, dass | |
| sich die Fernsehveranstalter auf die Weiternutzung ihres Frequenzbereichs | |
| verständigen. | |
| Ein Verzicht auf terrestrische Fernsehausstrahlung hätte aber auch noch | |
| ganz andere Folgen. Über viele Fernsehtürme werden auch Hörfunkprogramme | |
| abgestrahlt. Die Infrastrukturkosten für diese Sendeanlagen, die sich Radio | |
| und TV derzeit noch teilen, müssten nach 2014 dann auf die Radios umgelegt | |
| werden. | |
| 7 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Bischoff | |
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