# taz.de -- Antennenfernsehen startet: Aufgezwungene Technik | |
> Der Sendestandard DVB-T wird im Norden eingestellt. DVB-T2 bringt bessere | |
> Bilder und mehr Sender, aber auch Kosten und Elektroschrott | |
Bild: Schöner abhängen: Das Antennenfernsehen soll durch DVB-T2 noch attrakti… | |
Das neue Antennenfernsehen DVB-T2 startet am Mittwoch den Regelbetrieb in | |
den norddeutschen Ballungsräumen. Bis Mitte 2019 werden auch die letzten | |
Sender auf dem platten Land umgestellt sein. Den VerbraucherInnen und der | |
Umwelt bringt die Umstellung nicht nur Vorteile: Wer bisher das | |
Antennenfernsehen DVB-T nutzt, kann zwar in Zukunft mindestens 40 Programme | |
in moderner HD-Qualität empfangen, und damit die technischen Eigenschaften | |
neuer Fernseher ausschöpfen – dafür werden seine alten Geräte zu | |
Elektroschrott. | |
„ARD, ZDF und die großen privaten Programmveranstalter haben sich gemeinsam | |
entschieden, die Fernsehverbreitung über Antenne als eine für die | |
ZuschauerInnen einfach zu handhabende und kostengünstige | |
Empfangsmöglichkeit weiterzuentwickeln“, sagt Ralf Pleßmann vom | |
Norddeutschen Rundfunk. Vier Wochen lang wird es noch möglich sein, ARD, | |
ZDF und NDR über DVB-T zu schauen. | |
Für den neuen Standard müssen ZuschauerInnen neue TV-Geräte oder Receiver | |
kaufen. Außerdem sind private Sender ab Juli nur noch kostenpflichtig zu | |
empfangen – mit dem Programmpaket „Freenet TV“ für monatlich 5,75 Euro. | |
In Niedersachsen nutzen etwa 380.000 Haushalte DVB-T. In Schleswig | |
Holstein sind es 180.000, in Hamburg 170.000 und in Bremen 70.000. Die | |
hochgerechneten Zahlen gehen auf den Digitalisierungsbericht der | |
Landesmedienanstalten für das Jahr 2016 zurück. Wie viele ZuschauerInnen | |
auf DVB-T2 umrüsten oder auf andere Empfangswege wie Kabel oder Satellit | |
umsteigen, wird aus dem Bericht für 2017 hervorgehen. | |
Der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch von den Linken findet | |
es zwar gut, dass auf moderne Technik und neue Frequenzen umgesattelt wird, | |
dass die Leute sich neue Geräte anschaffen müssen, kritisiert er aber: „Es | |
gibt Leute, die keine 60 oder 70 Euro haben, um sich einen Receiver | |
anzuschaffen.“ Insbesondere für Transferleistungsempfänger stelle das ein | |
Problem dar. | |
Und auch andere VerbraucherInnen haben teilweise Nachteile durch die | |
Umstellung. Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen kritisiert | |
unglücklich gewählte technische Begriffe wie „DVB-T2 HD“, die für viele | |
Menschen unverständlich sind. Bei der Verbraucherzentrale Hamburg gab es | |
ebenfalls Anfragen zur Umstellung. „Mehrere beschwerten sich, dass sie nun | |
Investitionen haben, weil sie ihre Geräte nicht mehr nutzen können“, sagte | |
Anneke Voß, Fachbereichsleiterin für Medien. | |
Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe lehnt die neue Technik ab: | |
„Das ist in höchstem Maße bedenklich.“ Millionen funktionsfähiger Geräte | |
verwandelten sich zu Elektroschrott und der neue Standard werde den | |
VerbraucherInnen aufgezwungen, auch wenn sie keine HD-Qualität brauchten. | |
„Das ist so etwas wie geplante Obsoleszenz“, sagte Fischer. Technisch sei | |
es möglich, alte Geräte umzurüsten, das werde allerdings nicht angeboten. | |
Rasmus Andresen, Abgeordneter der Grünen in Schleswig-Holstein, kritisierte | |
die Entscheidung zur Umstellung von Bundesminister Alexander Dobrindt | |
(CSU) als „hastig und übereilt“. Außerdem gebe es kein Konzept für den | |
anfallenden Elektroschrott. Das niedersächsische Umweltministerium verwies | |
auf das Elektrogesetz, das regelt, dass alte Geräte im Handel kostenlos | |
zurückgegeben werden können. | |
28 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Milena Pieper | |
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