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# taz.de -- Die Wahrheit: Innerer Tango
> Schuhe, Schuhe, Schuhe, Schuhe! Die permanente Krise dieser Welt kann
> frau nur überstehen, wenn sie Tanzschuhe kauft.
Bild: Mann mit Pizza – immer eine gute Wahl. Taugt der Mann nichts, bleibt im…
Ich krieg die Krise! Frühlingsanfang! Sonne! Hormone! Ich brauche dringend
neue Tangoschuhe. Und zwar genau dieses eine, unglaublich schicke,
rot-schwarze, elegante, dezent auffällige, sündhaft teure, direkt aus
Argentinien stammende Luxuspaar. Seit über drei Jahren tanze ich Tango und
habe mir bisher nur fünf Paar Schuhe gekauft. Damit stehe ich in der
Frauenriege abgeschlagen in der allerletzten Reihe. Die Krise muss ein Ende
haben.
Mein innerer Schäuble gibt zu bedenken: „Es war richtig, in der Krise mehr
Schulden zu machen. Aber was in der Krise richtig war, ischt nach der Krise
falsch!“
Ich denke über die Krise nach. Bin ich noch drin, oder bin ich schon raus?
Ein Blick auf meinen Kontostand überzeugt mich: Ich bin mitten drin. Damit
ist es quasi meine Staatsbürgerinnenpflicht, neue Tangoschuhe zu kaufen.
Die Frage „Bin ich noch drin, oder bin ich schon raus?“ hat den inneren
Höcke geweckt. Von ganz rechts außen aus den Tiefen des Hirnstamms ist
Gebrabbel zu hören. Entwicklungsgeschichtlich handelt es sich um den
ältesten Teil des Gehirns, die Unterschiede zwischen Mensch und Tier fallen
hier gering aus. Der innere Höcke ist deswegen immer nur schwer zu
verstehen. Meist klingt es irgendwie nach „Schland“. Manchmal auch
irgendwie nach „Schlazi“.
Frau Wagenknecht mischt sich deutlich intelligenter aus dem Großhirn, vorne
links, ein: „Marxistin sein heißt zu versuchen, die Gesellschaft von ihren
ökonomischen Grundlagen her zu verstehen. Es heißt auch, sich nicht mit
diesem Kapitalismus abzufinden und eine sozialistische Alternative für
möglich zu halten.“ O, sozialistische Alternative . . . wäre okay für mich.
Luxustangoschuhe für alle! Kein Problem. Ich komme aus Köln. BAP sang schon
vor Jahrzehnten: „Jeder möht ene Rolls-Royce hann, jeder!“
Wagenknecht verdreht die Augen, Schäuble stöhnt. Ein trübes „Schland“ (o…
war es „Schnazi“?) hallt aus dem Stammhirn, rechts außen. Die innere Petri
hüstelt pikiert und ist froh, dass sie den inneren Pretzell geheiratet hat,
der zwar dasselbe zu meinen argentinischen Tangoschuhen denkt wie der
innere Höcke, sich aber gewählter ausdrücken kann: „Es sind Merkels Tote!�…
ruft er laut. „Schuhe, Schatz! Schuhe!“, korrigiert schnell die innere
Petri und streichelt sanft über das braune Haar ihres Mannes.
„Aber diese unsägliche Farbe!“, mischt sich der innere Özdemir noch spät…
die Diskussion. Seit er seine frühe Allergie gegen teure Flüge überwunden
hat, löst Rot-Schwarz bei ihm immer heftige Übelkeit aus. „Du musst dich
auf die Kernkompetenz besinnen!“, raunt er und besänftigt seinen
rebellierenden Magen mit grünem Balkonkraut.
Endlich tritt Ruhe ein im inneren Stimmengewirr. Kernkompetenz! Das
Zauberwort! Frau. Schuhe. Shoppen. Ich werde mir jetzt diese unglaublich
schicken, rot-schwarzen, eleganten, dezent auffälligen, sündhaft teuren,
direkt aus Argentinien stammenden Luxustangoschuhe kaufen.
21 Mar 2017
## AUTOREN
Gerlis Zillgens
## TAGS
Krise
Frauen
Schuhe
Frauen
Medizin
Köln
Genetik
Physik
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