Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Prozess um Raser in Berlin: Lebenslänglich wegen Mordes
> Der Unfallort glich einem Trümmerfeld, Beobachter sprachen gar von einem
> Schlachtfeld. Ein Mensch starb bei dem Autorennen. Die Fahrer sind nun
> verurteilt.
Bild: Der Tatort am 1. Februar 2016
Berlin dpa | Im Prozess um ein illegales tödliches Autorennen in Berlin
sind die beiden Angeklagten wegen Mordes verurteilt worden. Sie erhielten
am Montag vom Landgericht lebenslange Freiheitsstrafen. Angeklagt waren vor
dem Landgericht zwei junge Fahrer von aufgemotzten Sportwagen, die in der
Nacht zum 1. Februar 2016 einen Unfall verursachten. Einer der Fahrer
rammte einen Jeep, dessen 69-jähriger Fahrer starb. Die Anklage lautete auf
Mord und das Plädoyer des Anklägers auf lebenslanges Gefängnis.
Ein Mordvorwurf ist in Fällen von illegalen Rennen mit tödlichem Ausgang
bisher in Deutschland nach allgemeinem Kenntnisstand nicht erhoben worden.
Meist wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und verurteilt. Ein
derartiges Urteil für den Todesfahrer strebten auch die Verteidiger an. Das
hätte höchstens fünf Jahre Gefängnis bedeutet.
Die beiden Fahrer im Alter von 27 und 25 Jahren überfuhren bei der Raserei
über den Ku'damm mehrere rote Ampeln. Auf einer Kreuzung der
Tauentzienstraße kurz vor dem Luxuskaufhaus KaDeWe rammte der 27-Jährige
den Jeep, der selber Grün hatte und 70 Meter weit über die Straße
geschleudert wurde. Das Auto des zweiten Fahrers stieß mit einigen
Straßenbegrenzungen zusammen. Beide Raser wurde kaum verletzt.
Im Laufe des Prozesses äußerten sich die beiden Angeklagten nicht zu den
Vorwürfen. Eine Verkehrspsychologin beschrieb einen der Männer als
Autofahrer, der „massiv selbstüberschätzend“ unterwegs gewesen sei. Bei d…
Rennen sei es ihm darum gegangen, „zu gewinnen und dadurch sein Ego
aufzuwerten“. Der zuletzt arbeitslose 27-Jährige habe seinen gebraucht
gekauften Sportwagen nach eigenen Angaben „geliebt“ und damit sein
Selbstwertgefühl gesteigert.
## Hohes Rückfallrisiko
Die Psychologin erklärte weiter, mehrfach sei der Mann wegen
Verkehrsdelikten aufgefallen, „aber nicht mit der erforderlichen Härte
bestraft worden“. Bei dem Mann habe „kein echtes Erkennen der eigenen
Schuld begonnen“. Es bestehe ein hohes Rückfallrisiko.
Die Schuldfrage in diesem Prozess stand fest, die rechtliche Bewertung der
Tat und die Höhe der Strafe war hingegen umstritten. Die Staatsanwaltschaft
forderte lebenslange Freiheitsstrafen für beide Männer. Nach ihrer
Argumentation wollten die Männer bei ihrem Rennen zwar niemanden
vorsätzlich töten, sie hätten aber mögliche tödliche Folgen billigend in
Kauf genommen. Juristen nennen das einen bedingten Vorsatz.
Die Verteidiger der Fahrer sahen das anders. „Der Raserei ein Ende machen
darf man nicht, indem man die Gesetzeslage unzulässig ausweitet und
verschärft“, argumentierte ein Anwalt in dem Prozess. Der Vorsatz, an einem
Rennen teilzunehmen, sei nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichzusetzen.
Die Anwälte des 27-Jährigen plädierten daher auf einen Schuldspruch wegen
fahrlässiger Tötung. Die Verteidiger des 25-Jährigen sahen bei ihrem
Mandanten nur eine Gefährdung des Straßenverkehrs und forderten zwei Jahre
Gefängnis auf Bewährung. Der 25-Jährige könne für den Tod des Opfers
juristisch nicht mitverantwortlich gemacht werden.
Ein Verteidiger argumentierte, Raser wie sein Mandant seien „zu einem
bedingten Vorsatz schlichtweg nicht fähig“. Ihnen würde bei „bei so einer
Fahrt das Risiko nicht in den Sinn kommen“. Die Männer seien davon
ausgegangen, alles unter Kontrolle zu haben. In Selbstüberschätzung hätten
sie sich auf ihre Fahrkünste verlassen und keine hohe Gefahr gesehen.
27 Feb 2017
## TAGS
Illegale Autorennen
Mord
Illegale Autorennen
Straßenverkehr
Illegale Autorennen
Illegale Autorennen
Raser
Wochenvorschau
Ku'damm
## ARTIKEL ZUM THEMA
Illegales Autorennen: Dritter Start im Raser-Prozess
Ein Mordurteil gegen zwei Berliner Autoraser schrieb Geschichte – und wurde
aufgehoben. Nun beginnt ein neuer Prozess.
Kommentar Gesetz gegen Straßenrennen: Strafe für rasende Verbrecher
Die Bundesregierung will mit Strafverschärfungen gegen illegale Autorennen
vorgehen. Der Gesetzentwurf ist ein wichtiges Signal.
Psychologin über notorische Raser: „Das mickrige Ego aufpolieren“
Wie ticken Raser? Die Verkehrspsychologin Jacqueline Bächli-Biétry
begutachtete Hamdi H., der wegen eines Autorennens des Mordes schuldig
befunden worden ist.
Kommentar Urteil gegen Raser: Der Fetisch der Deutschen
Raserei ist nicht allein mit Gesetzen beizukommen. Mehr als 3.000
Verkehrstote rühren nicht nur von illegalen Autorennen.
Strafen für gefährliche Raser: Der Trend geht zum Vorsatz
Zwei Berliner Autofahrer wurden wegen Mordes verurteilt. Rasen wird immer
strenger geahndet, ein neues Gesetz ist auf dem Weg.
Wochenvorschau von Anna Klöpper: Wink mit goldenem Zaunpfahl
Das Urteil im Raser-Prozess, das Gedenken an den in Neukölln getöteten
Burak Bektas – das erwartet uns diese Woche in Berlin.
Prozess gegen Ku'damm-Raser in Berlin: Für die Anklage war es Mord
Ein illegales Autorennen, zwei Raser und der Tod eines Unbeteiligten: Die
Anklage plädiert auf lebenslange Freiheitsstrafen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.