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# taz.de -- Nachrichtenplattform von Flüchtlingen: News auf Arabisch und Farsi
> Auf „Amal, Berlin!“ veröffentlichen JournalistInnen, die selbst
> geflüchtet sind, Nachrichten für Flüchtlinge. Es geht um Meldungen aus
> Berlin – und um Teilhabe.
Bild: Die Journalisten (l. nach r.) Khalid Al Aboud, Muhamad Abdi und Abdol Rah…
Jeden Morgen sitzen Mitglieder des Teams um den großen Tisch im
Redaktionsraum in der Evangelischen Journalistenschule am Bahnhof Zoo und
wählen die wichtigsten Nachrichten des Tages aus: „Mangel an Kitaplätzen in
Berlin“ – „Eröffnung des Pierre-Boulez-Konzertsaals“ – „Konflikt u…
BER-Chef“, meldete die Seite zum Beispiel. Und auch den Tod von
Eisbärenbaby Fritz fanden sie berichtenswert, allerdings mit einem
erklärenden Satz zum leidenschaftlichen Interesse der BerlinerInnen an
Eisbärenbabys – und das alles auf Arabisch und Farsi.
Wer in Berlin lebt, soll auch Zugang zu den Nachrichten haben, die die
Stadt und ihre BewohnerInnen bewegen. Dies ist die Idee hinter der
Nachrichtenplattform „Amal, Berlin!“ die sich insbesondere an Flüchtlinge
richtet. Seit Anfang März ist die Seite online, auf der jeden Morgen fünf
bis sechs aktuelle Meldungen in den beiden Sprachen veröffentlicht werden.
Betrieben wird „Amal, Berlin!“ von zehn JournalistInnen, die alle selbst
einmal als Flüchtlinge hierherkamen. Neben tagesaktuellen Meldungen
verfassen sie längere Artikel oder produzieren Videos zu Themen, die es
Flüchtlingen erleichtern sollen, gesellschaftliche und politische
Gegebenheiten zu verstehen.
Die Auswahl werde oft kontrovers diskutiert. „Jenseits von reinen
Berlin-Nachrichten ist auch die Diskussion über Erdoğan und die Türkei und
Abschiebungen nach Afghanistan für uns ein Thema, aber genauso der Oscar
für ‚The Salesman‘ des iranischen Regisseurs Asgar Farhadi“, sagt Mahdis
Amiri.
„Wir wollen keine Infoseite, auf der Flüchtlinge lesen können, wo sie
Anträge stellen oder sich anmelden müssen“, erklärt Amiri aus dem Iran. Sie
hat bisher über Berlinale, Kirchenasyl und rechte Gruppen in Berlin
geschrieben. „Unser Ziel ist, dass die Menschen sich verbunden fühlen mit
der Gesellschaft und der Stadt, in der sie nun leben. Sie mit Nachrichten
zu versorgen zeigt auch, dass wir sie als NeuberlinerInnen respektieren.“
Alle, die neu in Berlin angekommen sind und noch nicht gut genug Deutsch
sprechen, „brauchen eine verlässliche Quelle für Nachrichten“, sagt auch
Abdol Rahman Omaren, leitender Redakteur der Plattform zum Konzept.
Omaren koordiniert den arabischsprachigen Teil der Seite und hat bereits in
Syrien und Dubai als Journalist gearbeitet, bevor er als Flüchtling nach
Deutschland kam. „Es ist ein wichtiger Schritt zur gesellschaftlichen
Teilhabe, zu wissen, was um einen herum geschieht“, und so eben auch die
Möglichkeit zu bekommen, sich an Diskussionen – ob nun gesellschaftlich
oder privat – zu beteiligen. „Viele verlassen sich zu sehr auf Facebook,
doch dort werden eben auch viele Gerüchte verbreitet“, sagt Omaren. „Wir
müssen daher absolut professionell arbeiten, um ernst genommen zu werden
und vertrauenswürdig zu sein.“
Die Idee zu der Plattform hatten die beiden Journalistinnen und Schwestern
Cornelia und Julia Gerlach. Die Evangelische Journalistenschule fand sich
als Träger und stellt einen Raum zur Verfügung. Die Evangelische Kirche in
Deutschland finanziert das Projekt.
Für die geflüchteten JournalistInnen ist die Plattform auch eine
Möglichkeit, im Medienbetrieb in Deutschland Fuß zu fassen. Zur
Vorbereitung haben sie in einem zweimonatigen Workshop mehr über das
politische System und Medienrecht in Deutschland gelernt, die meisten
arbeiten außerdem für andere Medien.
Cornelia Gerlach und ihre Schwester begleiten die Arbeit der Redaktion
bisher. „Wir unterstützen vor allem bei Begriffen, zum Beispiel bei der
Frage, wie man denn nun ‚Abgeordnetenhaus‘ ins Farsi übersetzt“, sagt
Gerlach. Es sei nicht immer einfach, entsprechende Entsprechungen zu finden
– in diesem Fall wurde es „Stadtrat“.
Die Mitarbeit bei „Amal, Berlin!“ ist bisher ehrenamtlich, wird allerdings
als berufsvorbereitendes Praktikum anerkannt. Gerlach hofft, dass sie die
Arbeit für die Plattform ab dem Sommer auch entsprechend vergüten können.
## Aufklärung ist wichtig
Dass ihre Nachrichtenplattform auch aufklären könne, erklärt Omaren: So
habe es nach dem Vorfall am U-Bahnhof Hermannstraße, bei dem ein Mann eine
Frau brutal die Treppe heruntergetreten hatte, in den sozialen Medien
schnell Gerüchte gegeben, dass sie eine Muslimin und der Angriff
rassistisch motiviert gewesen sei. „Viele Flüchtlinge hatten Angst oder
waren verunsichert“, sagt Omaren. Durch Recherche und Informationen über
die Tat und das Opfer könne man einen Verdacht aus dem Weg räumen.
Dass die Evangelische Journalistenschule „Amal, Berlin!“ als Institution
unterstütze, trage zu ihrer Glaubwürdigkeit als professionelle
Nachrichtenplattform bei, sagt Omaren. „Nun hoffen wir, dass wir mit
unserem Angebot auch viele Menschen unserer Zielgruppe erreichen.“
8 Mar 2017
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Flüchtlinge
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