| # taz.de -- Kolumne Habibitus: Gib mir meinen Pokal, du Otto! | |
| > Die Verwechslung der Gewinner_innen bei den Oscar-Verleihungen war kein | |
| > zufälliger Fauxpas. Sie war Teil einer rassistischen Tradition. | |
| Bild: Gewinner auf Umwegen: Mahershala Ali (l.) umarmt Emma Stone. Ryan Gosling… | |
| Es gibt Gewinner_innen und es gibt Verlierer_innen. Und dann gibt es jene, | |
| die faktisch gewonnen haben, aber den Erfolg trotzdem nicht genießen | |
| können. Letzteres gab es [1][in der Nacht von Sonntag] auf Montag bei den | |
| Oscar-Preisverleihungen vor einen Millionenpublikum zu sehen. | |
| Die Verwechslung des Gewinner_innenfilms in der Kategorie „Best Picture“ | |
| sorgte nicht nur für Schlagzeilen, sondern vor allem für eine peinliche | |
| Schlüsselszene: Die Moderationsottos lesen von der verkehrten Karte und | |
| verkünden fälschlicherweise „La La Land“ als Gewinner. Die komplette Crew | |
| kommt auf die Bühne, die ersten weißen Typen bedanken sich bei ihrer Sippe. | |
| Als der dritte weiße Typ noch schnell das Mikro ergreift und | |
| Familienmitgliedernamen droppt, ist (auch ihm) längst klar, dass er gerade | |
| nicht richtig steht. Schließlich beendet er seine Rede mit | |
| passiv-aggressivem Verlierergesicht und dem Satz: „Übrigens, wir haben | |
| verloren.“ Erst dann folgt die Korrektur: Der eigentliche Gewinner ist | |
| „Moonlight“, ein queerer Schwarzer Film. | |
| Nun gehöre ich nicht zu der Sorte Mensch, die nachts die Preisverleihung | |
| live verfolgt. Die spannendsten Ergebnisse lese ich am Tag drauf online | |
| nach. Neben der starken Rede von der Schauspielerin Viola Davis, Gewinnerin | |
| des Award als beste Nebendarstellerin, blieb nur dieser Fauxpas hängen. | |
| ## Kein Missgeschick | |
| Fauxpas klingt, als wäre es eine zufällige Verwechslung gewesen. Ein | |
| Missgeschick, das bei jeder Kategorie hätte passieren können. Das ist es | |
| aber nicht. Worum es wirklich geht, ist dass Schwarze Menschen und Personen | |
| of Color (BPoC) selten einfach nur gewinnen dürfen. | |
| Wie oft mussten wir uns dafür entschuldigen, als Beste abgeschnitten zu | |
| haben? Und immer erklären, dass ein Sieg ja nichts zu bedeuten hätte und | |
| wir doch eigentlich alle Gewinner_innen seien? Viele von uns sind total | |
| schlecht darin, Komplimente von weißen Menschen anzunehmen. | |
| Ich fühle mich immer gezwungen, etwas ähnlich Nettes zu spiegeln. Selbst, | |
| wenn es nicht zutrifft. Es fällt uns extrem schwer, vor weißen Menschen im | |
| Rampenlicht zu stehen. | |
| Entweder begeben wir BPoC uns von selbst in den in den Schatten weißer | |
| Menschen oder weiße Menschen funken dazwischen: Bei den Olympischen Spielen | |
| wird der Erfolg Schwarzer Athlet_innen 2016 immer noch anhand | |
| biologistischer, rassentheoretischer Logik erklärt. Ihr Gewinn darf nie | |
| einfach so stehen bleiben. | |
| ## Anerkennung genießen | |
| Warum weiße Menschen BPoC nie ihren hart erkämpften Ruhm lassen? Weil sie | |
| glauben, ihnen gehört die Welt. Weil es geschichtlich schon immer so | |
| dargestellt wurde, als wäre Gewinnen ein weißes Hobby. Wir wiederum sind es | |
| gewohnt, möglichst auf den uns zugeschriebenen Plätzen zu bleiben. Die sind | |
| meistens nicht mit am großen Tisch. | |
| Gleichzeitig müssen wir uns, um überhaupt mit weißen Menschen mithalten zu | |
| können, dreimal so stark anstrengen wie sie. Wenn wir auch noch Frauen oder | |
| trans Personen sind, vielleicht sogar fünf Mal. Dabei sollten wir unbedingt | |
| lernen, die Anerkennung zu genießen. Dass wir gut verlieren können, wissen | |
| wir eh. Dass wir noch besser gewinnen können, nun auch. | |
| 2 Mar 2017 | |
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| Hengameh Yaghoobifarah | |
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