# taz.de -- Übergriffe auf dem Kölner Karneval: Nach „Nafris“ gebohrt | |
> In Köln sollen Männer eine Frauengruppe attackiert haben. Ein Opfer | |
> klagt: Die Polizei wünschte sich bei der Anzeigenaufnahme | |
> nordafrikanische Täter. | |
Bild: Nicht nur lustig: Das, was vom Karneval in Köln übrigbleibt | |
BERLIN taz | Wieder geht es um Köln, wieder geht es um sexualisierte | |
Gewalt. Und wieder geht es um stereotype Vorurteile in Bezug auf die Täter. | |
Sie sei während der Weiberfastnacht vergangenen Donnerstag mit drei | |
Freundinnen am Kölner Neumarkt von vier weißen Männern sexualisiert | |
angegriffen und geschlagen worden, berichtete die in Bonn lebende Iljana | |
Groszinsky* am Samstag auf Facebook. Als sie auf der Polizeiwache in Bonn | |
Anzeige erstatten wollten, seien sie trotz gegenteiliger Schilderungen | |
wiederholt gefragt worden, ob es sich bei den Tätern um Nordafrikaner | |
gehandelt habe. | |
Die zuständige Beamtin habe „mehrfach mit Begriffen wie ‚Nordafrikaner‘�… | |
nachgebohrt – „es war klar, was sie von uns hören wollte“, schreibt | |
Groszinsky auf Facebook. Dann habe die Beamtin „genervt“ festgestellt, | |
„dass die Täter dann wohl ‚Deutsche‘ gewesen seien“. Groszinsky betont, | |
dass sie und ihre Freundinnen immer wieder unterstrichen hätten, über die | |
Nationalität keine Aussage machen zu können. Darauf habe die Beamtin | |
geantwortet, dass man „ja wohl erkennen könne, wenn jemand dem Augenschein | |
nach Deutscher“ sei. | |
Groszinsky beschreibt den Übergriff als eindeutig sexualisiert – die | |
Beamtin der Bonner Polizei habe das jedoch kleinreden wollen, berichtet die | |
Betroffene. Zunächst hätten die Männer sie bedrängt und nach Feuer gefragt. | |
Als die Frauen darauf nicht eingingen, seien sie ihnen auf die Rolltreppe | |
gefolgt. Sie hätten den Frauen an die Brust zu greifen versucht, sie | |
lesbenfeindlich und als „keine richtigen Frauen“ beschimpft, geschlagen und | |
getreten. „Wenn ihr Kerle gewesen wärt, hätten wir euch längst | |
abgestochen“, sollen sie ihnen hinterhergebrüllt haben. Nur weil die Frauen | |
sich vehement gewehrt hätten, sei nichts Schlimmeres passiert, betont | |
Groszinsky. | |
In der ersten Version des Protokolls bei der Polizei soll es geheißen | |
haben, die Opfer gingen davon aus, dass das Verhalten der Männer „nicht als | |
sexuelle Belästigung motiviert“ gewesen sei. Nach Widerspruch der | |
Anzeigenstellerinnen hätte die Beamtin den Satz erst ganz gestrichen, dann | |
in „möglichst lascher Formulierung“ doch aufgenommen. Auf den homophoben | |
Aspekt des Übergriffs sei sie überhaupt nicht eingegangen. Auch habe sie | |
den Betroffenen geraten, sich mit einer ärztlichen Untersuchung zu | |
Dokumentationszwecken Zeit zu lassen, es sei schließlich Wochenende, der | |
Fall ginge ohnehin erst in der nächsten Woche nach Köln. | |
Man gehe dem Fall nach, sagte Robert Scholten, Pressesprecher der Polizei | |
Bonn, der taz. Zuerst wolle man aber die Version der beteiligten Beamtin | |
hören. Dass es die wiederholten Nachfragen nach den „Nordafrikanern“ | |
gegeben habe, könne er zu diesem Zeitpunkt weder bestätigen noch | |
ausschließen. | |
Wie sie von der Beamtin behandelt worden seien, habe sie sehr überrascht, | |
sagt Groszinsky der taz. Sie sei davon ausgegangen, dass sich „nach all der | |
Aufmerksamkeit“ etwas am Umgang mit solchen Fällen geändert habe – gemeint | |
sind die Debatten um die vergangenen zwei Silvesternächte in Köln. Der | |
Vorfall zeige, wie alltäglich Gewalt gegen Frauen sei. Laut einer | |
Karnevalsbilanz der Kölner Polizei seien vom Freitag- bis zum Sonntagmorgen | |
allein in Köln und Leverkusen 30 Sexualdelikte zur Anzeige gebracht worden | |
– zehn mehr als im Vorjahr. | |
*Pseudonym der Betroffenen auf Facebook | |
28 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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