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# taz.de -- Postengeschacher in Berlin: Vom Krankenbett auf die Anklagebank
> Grüner Justizsenator will Polizeivizechefin als neue
> Generalstaatsanwältin. Die Opposition kritisiert, dass der Senator die
> Auswahlkommission ausgetauscht habe.
Bild: Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers im Abgeordnetenhaus
Sein Name ist kaum bekannt, so geräuschlos hat Ralf Rother seinen Job
versehen. Dabei ist er im Berliner Sicherheitsapparat der mächtigste
Beamte. Als Generalstaatsanwalt steht er noch über dem Polizeipräsidenten.
Das mit dem Bekanntheitsgrad dürfte sich ändern, denn Rother geht in den
Ruhestand. Nachfolgerin soll die Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers
werden.
Die parteilose, den Grünen nahestehende Koppers ist eine schillernde
Person, um die es schon viel Wirbel gegeben hat. Teile der linksliberalen
Öffentlichkeit hätten sie 2012 gern als Polizeipräsidentin gesehen, aber
der damalige CDU-Innensenator Frank Henkel sorgte dafür, dass ein Bewerber
mit CDU Parteibuch den Posten bekam: Klaus Kandt.
Nun könnte man sagen: Die Geschichte wiederholt sich – nur anders herum.
Wie einst bei der Stellenbesetzung des Polizeipräsidenten hat es mitten in
einem Bewerbungsverfahren einen Regierungswechsel gegeben. Der neue grüne
Justizsenator Dirk Behrendt hat die unter seinem CDU-Vorgänger Thomas
Heilmann eingesetzte Auswahlkommission ausgewechselt. Wie jetzt bekannt
wurde, hat die neue Kommission Koppers am 24. Januar als Nachfolgerin von
Rother gekürt.
Wie einst die linken Oppositionsparteien schreien nun die rechten Zeter und
Mordio. „Grüner Filz“ sei in der Justizverwaltung am Werke, schäumt der
rechtspolitische Sprecher der CDU, Sven Rissmann. Zusammen mit FDP und AFD
hat er durchgesetzt, dass der Rechtsausschuss am Mittwoch zu einer
Sondersitzung zusammen kommt.
Justizsenator Behrendt hüllt sich seit Tagen in Schweigen. Er will nicht
einmal bestätigen, dass sich die Auswahlkommission für Koppers und gegen
die Mitbewerberin Sabine Hoffmann ausgesprochen hat. Es handele sich um ein
Stellenbesetzungsverfahren, das noch nicht abgeschlossen sei, teilte
Justizsprecherin Peggy Fiebig der taz mit.
Die Brandenburger Staatsanwältin Sabine Hoffmann galt als Heilmanns
Wunschkandidatin. Über die 54-jährige Juristin, die früher bei der Berliner
Staatsanwaltschaft war, ist kaum etwas bekannt. Hoffmann war kurzzeitig
Vize-Generalstaatsanwältin in Brandenburg, zuletzt Abteilungsleiterin im
Potsdamer Justizministerium.
Die 54-jährige Koppers ist in Berlin deutlich bekannter.
„Polizeipräsidentin der Herzen“ hatte sie eine Zeitung mal genannt. In
Fachkreisen genießt die Juristin einen exzellenten Ruf, sie gilt als
meinungsstark und durchsetzungsfähig. Gleichzeitig wird sie als sehr
dominant und polarisierend beschrieben, auch von Leuten, die ihr ansonsten
wohlgesonnen sind.
Die frühere Richterin und Vizepräsidentin des Landgerichts wechselte 2010
zur Polizei. Während Kandt in Sicherheitskreisen den Ruf eines Zauderers
und als Henkels Buddy genoss, gilt die Vizepräsidentin in der Behörde als
treibende Kraft. Zu ihren Zielen gehörte es, Frauen in der
männerdominierten Polizei nach oben zu bringen. Es ist ihr gelungen.
Eigentlich wollte der amtierende Generalstaatsanwalt Rother schon im August
2016 in Pension gehen. Seit November 2015 war sein Posten ausgeschrieben.
Im Januar 2016 machte Bild bekannt, dass die Polizeivizepräsidentin zu den
Bewerbern gehört. Das Stellenbesetzungsverfahren unter dem
CDU-Justizsenator Heilmann zog sich in die Länge. In der Ära Heilmann war
das nicht das erste Mal. Bis heute ist der Chefsessel beim
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nicht besetzt, weil die
aussichtsreichste Anwärterin – die Richterin Sabine Schudoma – Heilmann
politisch nicht passte.
Auch die fünfköpfige Auswahlkommission für die Besetzung des
Generalstaatsanwalts soll Heilmann selbst ausgesucht haben. Zu den
Mitgliedern gehörten unter anderem zwei parteilose, aber als konservativ
geltende Richter am Bundesgerichtshof, eine parteilose frühere
Innenstaatssekretärin von Wolfgang Schäuble (CDU) und eine frühere
CDU-Justizstaatssekretärin aus Berlin.
Warum kam die Heilmann-Kommission zu keiner Entscheidung? Der Tagesspiegel
vermutet Folgendes: Koppers habe jeden von der Kommission angesetzten
Termin aus Krankheitsgründen abgesagt. Die Polizeivizepräsidentin war wie
berichtet seit dem Sommer 2016 krankgeschrieben. Erst Anfang 2017 kehrte
sie in den Dienst zurück.
Am 19. Januar wurde Koppers laut Tagesspiegel zum letzten Mal von der alten
Kommission geladen – und sagte ab. Am 24. Januar habe dann die neue
Kommission getagt. Koppers sei gekommen „und wurde prompt zur Siegerin
gekürt“. Zu den neuen Kommissionsmitgliedern gehören unter anderem ein
leitender Oberstaatsanwalt aus Lübeck, ein Generalstaatsanwalt aus
Stuttgart, die Landeswahlleiterin in Berlin und Behrendts
Justizstaatssekretärin Martina Gerlach.
Der vollständige Austausch einer hochrangigen Auswahlkommission sei ein
beispielloser Vorgang und in höchsten Maße erklärungsbedürftig, kritisiert
der CDU-Abgeordnete Rissmann. Der innenpolitische Sprecher der Grünen,
Benedikt Lux, spricht dagegen von einem ganz normalen Vorgang nach einem
Regierungswechsel. Der CDU-Innensenator Henkel habe seinerzeit beim
Polizeipräsidenten nichts anders getan.
Justizkreise gehen davon aus, dass die unterlegene Mitbewerberin Hoffmann
mit einer Konkurrentenklage vor Gericht ziehen wird. Es könnte also noch
eine Weile dauern, bis der Posten des Generalstaatsanwalts besetzt wird.
Von einem längeren Tauziehen scheint auch die Justizverwaltung auszugehen.
Inzwischen ist Rothers Vertrag bis Ende August 2017 verlängert worden. Auf
den Fluren im Kriminalgericht gibt es Juristen, die finden, es habe ein
Geschmäckle, wenn Koppers ein Bewerbungsverfahren für das Chefanklägeramt
derart aussitze. „Krank ist krank“, sagt Benedikt Lux dazu.
21 Feb 2017
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Polizei Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Berlin
Generalstaatsanwaltschaft
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Dirk Behrendt
Rigaer Straße
Thomas Heilmann
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