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# taz.de -- Untersuchungsausschuss in Bayern: Drei Urteile über Haderthauer
> Welche Rolle spielte die einstige CSU-Sozialministerin in der
> Modellbau-Affäre? Der Untersuchungsausschuss ist sich uneins.
Bild: Steht ein Comeback bevor? Christine Haderthauer im Bayerischen Landtag (A…
München taz | Das berühmte Geschmäckle hat die Sache in jedem Fall: Da ist
ein Arzt, der von einem Dreifachmörder im Rahmen einer Therapiemaßnahme
kostbare Modellautos fertigen lässt und diese gewinnbringend unter die
Leute bringt. Dann ist da seine Frau, die anfangs an dem Geschäft beteiligt
ist, gleichzeitig aber Karriere bei der CSU macht und schließlich sogar
Sozialministerin wird, also just jenes Ministerium übernimmt, das für in
der Psychiatrie untergebrachte Straftäter zuständig ist. Daneben gibt es
noch einen Geschäftspartner, der sich von beiden über den Tisch gezogen
fühlt, beim Bayerischen Rundfunk gehen ominöse Anrufe aus der Staatskanzlei
ein und, und, und …
Die Affäre, über die vor gut zwei Jahren die CSU-Spitzenpolitikerin
Christine Haderthauer gestürzt ist, hat nicht nur Gerichte, sondern seit
Dezember 2014 auch einen Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags
beschäftigt. Es geht um die Frage, wie es um die Unterbringung psychisch
kranker Straftäter in Bayern steht, vor allem aber darum, welche Rolle die
ehemalige Ministerin in der sogenannten Modellbau-Affäre gespielt hat.
Konkret: Hat Haderthauer als Ministerin nebenher unerlaubt ein Gewerbe
betrieben? Hat sie versucht, Einfluss auf die Berichterstattung über die
Affäre zu nehmen? Am Donnerstag will das neunköpfige Gremium nun in seiner
37. Sitzung zum Abschluss kommen.
Mit Untersuchungsausschüssen ist das so eine Sache. Da es bei ihnen oft um
die Verfehlungen von Regierungsmitgliedern geht, spaltet sich der Ausschuss
regelmäßig in zwei Lager: Regierungspartei versus Opposition. Die einen
wiegeln eher ab, die anderen bauschen eher auf. Der Ausschuss ist eine
politische Veranstaltung. Statt eines Urteils steht am Ende ein
Abschlussbericht. Oder zwei. Oder drei. Im Fall Haderthauer werden sich die
Parteien wohl kaum auf einen gemeinsamen Bericht einigen können. Dazu sind
die Positionen zu unterschiedlich.
Am Dienstag nahm sich zunächst die Opposition das Wort, und selbst die ist
gespalten. Um 12 Uhr riefen SPD und Grüne zur Pressekonferenz, um ihren
eigenen Abschlussbericht vorzulegen, gut eine Stunde später luden die
Freien Wähler ein. 169 Seiten umfassten die Erkenntnisse, die der
Ausschussvorsitzende Horst Arnold (SPD) gemeinsam mit Ulrike Gote (Grüne)
präsentierte, auf 204 Seiten brachte es das Werk des
Freien-Wähler-Abgeordneten Peter Bauer.
SPD und Grüne attestieren Christine Haderthauer eine fehlende Eignung für
ein Ministeramt. So habe sie sich „uneinsichtig, anmaßend und repressiv“
gegenüber Kritikern und Journalisten verhalten. Die Pressestelle der
Staatskanzlei habe sie missbraucht, um unliebsame Fragen abzuwehren und
eine Drohkulisse gegenüber Medien aufzubauen. Für ihren Mann, den
Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer, habe sie zunächst in der Firma Sapor
Modelltechnik die „Strohfrau“ gespielt, um von dessen Interessenkonflikten
als Angestellter des Bezirkskrankenhauses Ansbach abzulenken. Eine
Übertragung der Firma auf seinen Namen im Jahr 2003 sei rechtlich unwirksam
gewesen.
Peter Bauer von den Freien Wählern wiederum ist mit der Arbeit des gesamten
Ausschusses unzufrieden und spricht von einem „parlamentarischen
Armutszeugnis“. Auch er sieht erhebliches Fehlverhalten und Amtsmissbrauch
Haderthauers, darüber hinaus wirft er jedoch seinen Ausschusskollegen vor,
sie hätten es „nicht so genau wissen wollen“ und sich auf eine
minimalistische Beantwortung des Fragenkatalogs beschränkt.
Ganz anders erwartungsgemäß die Sicht der CSU: Florian Herrmann,
stellvertretender Ausschussvorsitzender, und Parteichef Horst Seehofer
taten am Montag kund, sie sähen Haderthauer völlig rehabilitiert. Die
damalige Ministerin habe gegen keine Gesetze verstoßen, auch ihre Stellung
als Ministerin habe sie nicht missbraucht.
Steht nun das politische Comeback Haderthauers an? Im vergangenen Jahr ließ
sie in ihrer Heimatzeitung, dem Donaukurier, gewisse Ambitionen erkennen.
Sie wünsche sich, „dass man mir die Chance gibt, mit der zweiten Luft
durchzustarten“. Gerichtlich war die Sache für die Politikerin da schon
ausgestanden. Sie hatte einen Strafbefehl über 30 Tagessätze wegen
Steuerhinterziehung akzeptiert; ihr Mann war wegen Steuerhinterziehung und
versuchten Betrugs verurteilt worden.
Seehofer antwortete diese Woche ausweichend auf die Frage nach einer
Rückkehr Haderthauers ins Kabinett: „Wir haben 101 Abgeordnete, und ich
halte jede Person für denkbar.“
22 Feb 2017
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Christine Haderthauer
Bayerischer Landtag
Untersuchungsausschuss
Religionsfreiheit
Markus Söder
Justiz
CSU
Christine Haderthauer
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