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# taz.de -- Haderthauer-Affäre in Bayern: Die Autos, der Partner, der Arzt
> Wegen der Oldtimer-Affäre steht der Psychiater Hubert Haderthauer in
> München vor Gericht. Die CSU-Karriere seiner Frau Christine liegt in
> Trümmern.
Bild: Christine Haderthauer stolperte über Geldgier und Modellautos.
München taz | Ziemlich zerknittert sitzt Hubert Haderthauer auf seinem
Stuhl im Münchner Landgericht. „Ihm ging es gesundheitlich zuletzt sehr
schlecht“, sagt sein Verteidiger Norbert Scharf. Dann beginnt Staatsanwalt
Achim von Engel mit der Verlesung der Anklage. Von Steuerhinterziehung
spricht er, von „bewusst fingierten Betriebsausgaben“ und Betrug zu Lasten
Roger Pontons, dem ein Schaden von 84.400 Euro entstanden sei.
Das Verhängnis hätte wohl gar nicht seinen Lauf genommen, wäre Haderthauer
etwas großzügiger gewesen. Hätte er seinen Exgeschäftspartner Ponton nicht
mit 20.000 Euro abgespeist, sondern ihm 50.000 gegeben. Ponton, ein 86
Jahre alter, leutselig wirkender Mann aus dem Elsass, fühlte sich „belogen
und betrogen“. So hatte er es im Modellbau-Untersuchungsausschuss des
Bayerischen Landtags gesagt. Er zeigte den Landgerichtsarzt und früheren
Gefängnispsychiater Haderthauer an, ebenso wie dessen Frau Christine.
Es begann das Ende einer vielversprechenden Karriere der in der CSU einst
als Powerfrau geltenden Haderthauer, die bis [1][zu ihrem Rücktritt im
September 2014] als Leiterin der Staatskanzlei die engste Mitarbeiterin von
Ministerpräsident Horst Seehofer war. Und es trat eine Affäre zutage, wie
sie auch der Freistaat nicht häufig erlebt – eine Affäre um edelste
Modellautos, einen psychisch kranken Dreifachmörder, Hungerlöhne und eine
gewisse Geldgier des Ehepaars H.
An der Firma Sapor Modelltechnik, die teure Oldtimer-Sammlerstücke für
Verkaufspreise von bis zu 30.000 Euro pro Stück fertigen ließ, waren
ursprünglich das Ehepaar Haderthauer und Ponton beteiligt. Als Ehefrau
Christine 2003 Landtagsabgeordnete wurde, überschrieb sie ihre Anteile an
den Ehemann. Verkauft wurde das Unternehmen 2008, als die Politikerin in
Bayern zur Sozialministerin aufgestiegen war.
Auf die Modellauto-Geschäftsidee hatte Haderthauer ein Strafgefangener
gebracht. Dem heute 77 Jahre alten Roland S. begegnete der Arzt in der
forensischen Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus im fränkischen Ansbach. S.
hatte drei Sexualmorde begangen. Und S. konnte aus etwa 6.800 Einzelteilen
einen wunderschönen Mercedes Simplex von 1904 bauen, Maßstab 1:8.
„Produziere, produziere“, habe der Arzt ihm gesagt, so S. in seiner Aussage
im Untersuchungsausschuss.
Der heute 58-jährige Psychiater Haderthauer kümmerte sich, sozusagen im
Nebenjob, um den Verkauf der Oldtimer. Um ein Automodell unversehrt zu
einem Käufer zu bringen, ist er auch einmal selbst damit nach Kanada
geflogen. „Die Madame“, so sagte Ponton, habe in früheren Zeiten „den La…
geschmissen“ und sich um Büro und Verwaltung gekümmert. Der Autobauer S.
und seine Mitarbeiter jedoch bekamen nur den üblichen Lohn für die
arbeitstherapeutische Maßnahme im Gefängnis – damals waren es 300 D-Mark im
Monat. S. durfte aber, so berichtete er, in Ingolstadt mit den Haderthauers
essen gehen.
Am 7. Januar will Hubert Haderthauer zu den Vorwürfen aussagen. Er werde
sich „der Befragung stellen“, so sein Verteidiger. Frau Christine hat am
Mittwoch ihre Immunität als Abgeordnete verloren, sie akzeptiert einen
Strafbefehl. Hubert Haderthauer ist als Gerichtsarzt vom Dienst
suspendiert.
4 Dec 2015
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[1] /Modellauto-Affaere-in-Bayern/!5034182
## AUTOREN
Patrick Guyton
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