# taz.de -- BBC-World-Chefin über Fake-News: „Ein politischer Begriff“ | |
> Die BBC muss mehr Aufwand in das stecken, was dort schon immer getan | |
> wurde: „Behauptungen prüfen“, sagt World-Chefin Francesca Unsworth. | |
Bild: 350 Millionen Pfund sparen? Nicht ganz: Boris Johnsons Wahlkampfbus | |
taz: Frau Unsworth, zum EU-Referendum startete die BBC das Angebot „Reality | |
Check“ – noch bevor „Fake News“ Dauerthema wurden. Weil Ihnen bewusst w… | |
dass die Kampagne von Falschbehauptungen geprägt sein würde? | |
Francesca Unsworth: Nicht ganz. Wir rechneten nicht mit Falschbehauptungen | |
der Art, wie wir sie heute unter „Fake News“ verstehen – also schlicht | |
erfundene Geschichten. Es ging eher um Aussagen, die unserer Ansicht nach | |
eine Überprüfung verdienten. | |
Wie die Behauptung der „Leave“-Kampagne, dass durch den Brexit 350 | |
Millionen Pfund wöchentlich für die Gesundheitsversorgung gespart würden? | |
Einsparungen in dieser Größenordnung sind theoretisch denkbar. Allerdings | |
war die Zahl aus dem Kontext gerissen. Bei genauerer Betrachtung wurde | |
klar, dass die mit ihr verbundene Behauptung unrealistisch war. | |
Geht es also weniger um „Fake News“ als um „Incomplete News“? | |
Es herrscht Uneinigkeit darüber, was mit „Fake News“ überhaupt gemeint is… | |
Geht es um Blogger in Estland, die sich virale Geschichten ausdenken, um | |
Geld zu verdienen? Um Versuche, gezielt Wahlergebnisse zu beeinflussen – | |
wie es im Zusammenhang mit dem US-Wahlkampf unterstellt wird? Oder schlicht | |
um Nachrichten, die einem nicht passen? „Fake News“ ist ein politischer | |
Begriff geworden. Für uns bei der BBC bedeutet das, dass wir mehr Aufwand | |
in das stecken müssen, was wir schon immer getan haben: Behauptungen zu | |
prüfen. | |
Sind die vielen neuen Projekte gegen „Fake News“ nicht eigentlich ein | |
kluges Vermarkten klassischer journalistischer Arbeit: Recherche? | |
Die sozialen Medien haben alles verändert. Früher bezog man Nachrichten von | |
einer vertrauten Quelle. Inzwischen hat das Teilen zugenommen. Dadurch | |
entwickeln Geschichten bisweilen eine gewisse Zugkraft, auch außerhalb der | |
klassischen Medien. Gleichwohl nehme ich an, dass beim Publikum weiterhin | |
das Bedürfnis besteht, zu wissen, welche Behauptungen wahr und welche | |
falsch sind. Für manche ist das aber offensichtlicher als für andere. | |
Nehmen wir die Geschichte, der Papst hätte Donald Trump unterstützt. Dem | |
Nachrichtenjunkie wird sofort klar gewesen sein, dass da etwas nicht | |
stimmen kann. Aber anderen eben nicht. Da kommen wir ins Spiel. | |
Was tut die BBC, was sie nicht „schon immer getan“ hat? | |
Einfach mehr davon. Im Moment ist der „Reality Check“ mit etwas sechs | |
Mitarbeitern eine recht kleine Abteilung, die wir aber verdoppeln wollen. | |
Zudem geht es um Vernetzung mit anderen, ähnlichen Projekten. Wir arbeiten | |
auch an einem Netzwerk aus Experten. Experten, über die die BBC bereits | |
verfügt, zum Beispiel Datenjournalisten. | |
Welche Rolle spielt Geschwindigkeit? Behauptungen verbreiten sich ja | |
schneller, als man seriös recherchieren kann. | |
Wir können nicht das Internet überwachen. Vielmehr müssen wir beobachten, | |
welche Behauptungen diese Zugkraft entwickeln. Dann geht es darum, sie zu | |
überprüfen – wie wir es ohnehin gemacht hätten, aber mit vereinten Kräfte… | |
Die BBC ist groß, früher hätten verschiedene Redaktionen möglicherweise | |
verschiedene Schwerpunkte gesetzt. In Zukunft soll das zentralisierter | |
ablaufen. Zugleich müssen wir uns über die Ausspielkanäle Gedanken machen. | |
Es kann nicht alles trocken und langweilig sein. Wir müssen Menschen mit | |
unterschiedlichen Interessen ansprechen. Die Newsjunkies genau wie alle | |
anderen. | |
15 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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