# taz.de -- Korruption in Rumänien: Amtsmissbrauch wird weniger strafbar | |
> Per Eilverordnung hat die Regierung die Strafverfolgung eingeschränkt. | |
> Zehntausende demonstrieren dagegen. Präsident Iohannis spricht von einem | |
> „Trauertag“. | |
Bild: Die Menschen sind sauer: Über 10.000 haben sich Dienstag in Bukarest ver… | |
Bukarest dpa/afp | Trotz massiver vorheriger Proteste hat Rumäniens | |
sozialliberale Regierung per Eilverordnung die Strafverfolgung des | |
Amtsmissbrauchs eingeschränkt. Justizminister Florin Iordache sagte am | |
Dienstagabend in Bukarest, mit der Verabschiedung der Neuregelungen sei die | |
Gesetzgebung nun wieder „auf einer Linie mit den Entscheidungen des | |
Verfassungsgerichts“. Durch die Verabschiedung per Dekret wird das | |
Parlament umgangen, die Neuregelung tritt umgehend in Kraft. Das teilte | |
Justizminister Florin Iordache am Dienstagabend nach einer Kabinettssitzung | |
mit. | |
Der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis sprach daraufhin von einem | |
„Trauertag“ und einem Schlag gegen den Kampf gegen Korruption. | |
Generalstaatsanwalt Augustin Lazar forderte in der Nacht zum Mittwoch, dass | |
die Verordnung vor dem Verfassungsgericht angefochten wird. | |
Kurz nach Iordaches Bekanntmachung füllte sich der Platz vor dem | |
Regierungssitz mit mehr als 10.000 Demonstranten. Sie verlangten den | |
Rücktritt der Regierung und harrten dort bei minus sieben Grad Celsius | |
stundenlang aus, bis weit nach Mitternacht. Auch in anderen Städten kam es | |
zu Protestkundgebungen. Eine weitere Hochburg war die siebenbürgische | |
Universitätsstadt Cluj mit etwa 10.000 Teilnehmern nach Angaben der | |
Polizei. | |
„Der Rechtsstaat hat von den Gegnern der Justiz, der Gerechtigkeit und des | |
Kampfs gegen Korruption einen schweren Schlag bekommen“, schrieb Iohannis | |
bei Facebook. Der Schritt der Regierung kam überraschend, denn das Thema | |
stand nicht auf der Tagesordnung der Kabinettssitzung, die vorab | |
bekanntgegeben wurde. Rumäniens Justizbehörden sowie viele | |
Bürgerrechtsorganisationen hatten sich gegen die Regierungspläne | |
ausgesprochen. | |
Nach der Neuregelung soll der Amtsmissbrauch nur dann mit Gefängnis | |
bestraft werden können, wenn der dadurch entstandene Schaden mindestens | |
200.000 Lei (rund 50.000 Euro) beträgt, sagte Iordache. Den ursprünglichen | |
Plan, die Strafverfolgung davon abhängig zu machen, dass der Geschädigte | |
klagt, habe man fallengelassen. | |
## Führender Sozialist vor Gericht | |
Noch in der Nacht zum Mittwoch wurde die umstrittene Verordnung im | |
Gesetzblatt veröffentlicht. Eilverordnungen treten sofort in Kraft und | |
haben unumkehrbare Folgen, selbst wenn das Parlament sie später außer Kraft | |
setzt. Damit soll nach Meinung von Kritikern der Vorsitzende der | |
mitregierenden Sozialisten (PSD), Liviu Dragnea, geschützt werden, der | |
unter dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100.000 Lei vor | |
Gericht steht. Eine erste Verhandlung in diesem Prozess fand am Montag in | |
Bukarest statt. | |
Der ursprüngliche Plan, eine bestimmte Kategorie von Häftlingen auch per | |
Eilverordnung zu begnadigen, wurde unterdessen fallengelassen. Stattdessen | |
soll dieses Projekt als normaler Gesetzesentwurf dem Parlament vorgelegt | |
werden. | |
Die Regierung begründet diesen Amnestieplan mit der Notwendigkeit, die | |
überfüllten Gefängnisse zu entlasten. Auf Rumänien kämen hohe | |
Entschädigungszahlen zu, die der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg | |
wegen schlechter Haftbedingungen verhängen könne, hieß es. Die | |
Regierungsgegner halten dies hingegen für eine Hintertür zur Haftentlassung | |
von Personen, die wegen Korruption verurteilt wurden. | |
1 Feb 2017 | |
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