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# taz.de -- Mossul nach dem IS: Zwischendurch knallt's
> Gesprengte Brücken und kein Benzin: Mossul ist zerstört, doch in Teilen
> der Stadt kehrt der Alltag zurück. Westlich des Tigris herrscht weiter
> Krieg.
Bild: Zerstört, aber weiter in Benutzung: Passanten auf einer Brücke in Ost-M…
Mossul taz | Auf Deutsch heißt Mossuls Saidadi-Al-Jamila-Platz „Platz der
schönen eleganten Dame.“ Zwar ist die obere Hälfte eines der Häuser durch
Artilleriebeschuss vollkommen zerstört. Vor dem Haus bietet ein
Gemüsehändler aber schon wieder enthusiastisch seine Waren feil. Gegenüber
schneidet ein Dönerverkäufer in einem Kebabrestaurant Fleischstücke vom
Spieß. An der Einfahrt des Kreisverkehrs drängeln sich Autos.
Nach über zwei Jahren unter der Terrororganisation IS (Islamischer Staat)
und nach vier Monaten Krieg fängt das normale Leben in der nordirakischen
Metropole langsam wieder an. Zumindest am östlichen Ufer des Tigris. Auf
der anderen Seite herrscht immer noch der IS.
„Die Befreiung von Ostmossul ist abgeschlossen“, sagt Generalleutnant
Abdel Wahab Al-Saedi, Kommandeur der Antiterroreinheit der irakischen
Armee. „Wir wollen, dass die Zivilisten zurückkehren.“
Wenige Kilometer vom Kreisverkehr entfernt radelt ein junger Mann, eine
Hand am Lenker, die andere hält einen Benzinkanister. „Ich versuche, Benzin
zu organisieren, denn es gibt keinen Treibstoff. Wir sind ein Öl
produzierendes Land, aber es gibt hier kein Öl“, klagt Ali Nejem. Der
Student ist glücklich, den IS losgeworden zu sein – „aber es fehlt der
Regierung an Ernsthaftigkeit, die Menschen schnell wieder zu einem normalen
Leben zu bringen“, sagt er.
Ali Nejem deutet auf eine Autobrücke hinter ihm, deren Mittelteil
eingestürzt ist: vom IS in die Luft gejagt. „Wir sind hier schon einen
Monat befreit, aber es tut sich nichts“, meint er. Ob er nicht etwas
ungeduldig ist? Schließlich geht der Krieg nur wenige Kilometer entfernt
weiter. „Der Krieg geht natürlich weiter, aber unsere Ostseite ist befreit.
Bei uns ist es weitgehend ruhig.“ Er hat den Satz gerade zu Ende
gesprochen, da knallt es zweimal. Ein Lkw-Fahrer hat mit seiner
Kalaschnikow in die Luft geschossen, weil es ihm im Stau zu langsam
vorangeht. Auch ohne IS ist es nicht so einfach mit der Normalität im Irak.
Die Dschihadisten konnten in Mossul nie wirklich Fuß fassen, glaubt der
Student. „Natürlich hat der IS versucht, die Leute auf seine Seite zu
ziehen. Aber sie haben es nicht geschafft. Die Mehrheit der Einwohner
Mossuls sind gebildet und zivilisiert. Wir haben hier eine städtische und
keine Stammesgesellschaft. Wir können unterscheiden zwischen dem wahren
Islam und dem dieser Verbrecher.“
Er hofft nun, weiterstudieren zu können, nachdem er in den Zeiten des IS
nur zu Hause herumsaß. Aber der Krieg hat einen guten Teil der Universität,
die sich im befreiten Ostteil befindet, in Ruinen verwandelt.
## Kain Nachschub für den IS
Zurück im Hauptquartier der Antiterroreinheit wägt deren Chef die
Sicherheitslage ab. „Wir haben einige Maßnahmen getroffen, um Anschläge des
IS in Ostmossul zu verhindern“, sagt Al-Saedi. „Wir wissen, sie haben
Schläferzellen, daher ist die Arbeit der Geheimdienste so wichtig. Wir
kooperieren mit den Einwohnern Mosuls, denn die wissen genau, wer mit dem
IS sympathisiert oder zusammengearbeitet hat.“
Der schwierigste Teil des Krieges kommt erst noch: die Eroberung des
Westteils von Mossul mit den engen Gassen der Altstadt. Aber der
Generalleutnant ist optimistisch. „Der IS hat Tausende seiner Kämpfer
verloren und Hunderte seiner Selbstmordattentäter, auch die
Kommandozentrale und die Drohnen. Sie bekommen keinen Nachschub. Viele der
ausländischen Kämpfer sind gefallen. Die Moral der Dschihadisten auf der
anderen Seite des Flusses ist im Keller.“
Ein paar Straßen weiter Richtung Tigris ist die Fahrt zu Ende. Ein Soldat
der Antiterroreinheit fordert zum Anhalten auf. Ab hier sei es nicht mehr
sicher, erklärt er. Die Straße weiter unten Richtung Fluss liege im Bereich
der IS-Scharfschützen. Auf der anderen Seite des Tigris werden am gleichen
Tag von Flugzeugen Flugblätter der irakischen Regierung abgeworfen, die den
Zivilisten Hinweise geben, wie sie sich verhalten sollen. Demnächst, steht
da, beginne die Offensive zur Rückeroberung Westmossuls.
6 Feb 2017
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
Irak
Mossul
„Islamischer Staat“ (IS)
Kolumne Stadtgespräch
Zerstörung
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