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# taz.de -- Streit um Autobahn: Öko-Desaster in Wilhelmsburg
> Anwohner und Naturschützer protestieren gegen die Pläne einer
> Stadtautobahn im Süden Hamburgs. Diese sei ein anachronistisches
> Armutszeugnis.
Bild: Die geplante Brücke über die Süderelbe führt am Kühlturm des Kohlekr…
HAMBURG taz | Es könne nicht angehen, dass es beim Bau der Hafenquerspange
„nur noch um das Wie gehen soll, nicht mehr um das Ob“, sagt Malte Siegert
vom Naturschutzbund (Nabu). Die Informationsveranstaltung der
Verkehrsbehörde in Moorburg sei „keine ernsthafte Bürgerbeteiligung“,
kritisiert er. Es müsse möglich sein, über andere Trassenführungen durch
Wilhelmsburg zu diskutieren, findet er ebenso wie das „Bürgerbündnis
Verkehrswende Hamburg“, in dem sich mehrere Initiativen aus dem
Süderelberaum zusammengeschlossen haben.
Stadt und Bund wollen möglichst schon 2020 mit dem Bau der seit rund einem
Vierteljahrhundert diskutierten Hafenquerspange durch den südlichen
Hamburger Hafen beginnen. 2030 könnte die fast zehn Kilometer lange
„Hafenpassage“, wie die Trasse nun weniger schwergängig heißen soll,
fertiggestellt sein (siehe Kasten). Das wäre „der Lückenschluss im
Autobahnnetz“, wie Verkehrs-Staatsrat Andreas Rieckhof die Verbindung der
beiden Autobahnen A7 und A1 nennt.
Für das Projekt, das seit Ende 2016 im vordringlichen Bedarf des
Bundesverkehrswegeplans steht, soll in Kürze das Planfeststellungsverfahren
eingeleitet werden. Die fast eine Milliarde Euro teure Trasse werde als
überregionale Verbindung gebraucht, um den Süden Hamburgs verkehrlich zu
entlasten, sagt Rieckhof.
## In Zukunft mehr Verkehr
Die Prognosen des Bundes gehen von einer Steigerung des Verkehrsaufkommens
bis 2030 um mehr als 40 Prozent aus. Der LKW-Verkehr soll um 38 Prozent
steigen. Die Hafentrasse soll täglich bis zu 60.000 Autos aufnehmen und so
die Straßen in Wilhelmsburg, Moorburg und Harburg um 20 bis 85 Prozent
entlasten.
Für eine „ökologische Katastrophe“ sowie verkehrlich unsinnig halten
hingegen Bürgerinitiativen und Umweltschützer die Pläne. Die Autobahn würde
zusätzlichen Verkehr erzeugen, zudem beschneide sie die
Entwicklungsmöglichkeiten Wilhelmsburgs, kritisiert der Verein „Zukunft
Elbinsel“. Auch gebe es „stark betroffene Naturräume“, sagt der
Nabu-Vorsitzende Alexander Porschke. Lebensräume mit 53 Pflanzen- und zwölf
Brutvogelarten der Roten Liste würden zerstört.
## Mehr Lärm und Abgas befürchtet
Nabu und Initiativen bevorzugen deshalb eine Trasse im Norden Wilhelmsburgs
über eine neu zu bauende Köhlbrandbrücke, denn die bestehende muss ohnehin
ersetzt werden. Diese Nordvariante sei „verkehrlich und wirtschaftlich
weniger sinnvoll“, sagt Staatsrat Rieckhof. Deshalb könnten in einem
Beteiligungsverfahren, das am 1. Februar im Bürgerhaus Wilhelmsburg
beginnen solle, nur noch „im Rahmen der beschlossenen Trassenführung die
verträglichsten Lösungen für die Menschen auf den Elbinseln gefunden
werden“.
Die Kritiker befürchten bei dieser Variante mehr Lärm und Abgase. Rieckhof
verweist auf intensive Lärmschutzmaßnahmen. Ein Teil der Strecke am
Finkenriek soll sogar überdeckelt werden. Das Anwohner-Bündnis findet, das
ändere nichts am Grundsätzlichen: „Diese Planung ist ein infrastruktureller
Anachronismus, ein stadtplanerisches Armutszeugnis und ein ökologisches
Desaster.“
17 Jan 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Autobahn
Umwelt
Lärm
Moorburg
S-Bahn
Anwohner
Verkehrswende
Hamburg
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