# taz.de -- Kanzlerkandidat Martin Schulz: Was will denn der? | |
> Reichlich Geld ausgeben, Putin auf Englisch rüffeln, vielleicht | |
> Stopfleber essen: Martin Schulz’ Pläne in der Bundespolitik. | |
Bild: Viel gesagt hat er noch nicht und doch ist vieles bereits bekannt | |
BERLIN taz Ein Kanzler aus Brüssel? Bislang konnte niemand so recht sagen, | |
wofür der SPD-Kandidat eigentlich steht – außer eben „für die EU“. Dab… | |
hat sich Martin Schulz in den letzten Jahren durchaus zur Bundespolitik | |
geäußert. | |
Den Mindestlohn hat er mehrfach verteidigt. Im Oktober erwähnte er das | |
Gesetz als Beispiel für SPD-Politik, wie sie nach der Wahl gemacht werden | |
soll. Die Partei solle sich denen widmen, „die malochen müssen“, sagte er | |
beim Basiskongress der SPD-Linken in Berlin. | |
Der frühere Buchhändler wirbt für Tarifbindung. Allerdings tadelten | |
Gewerkschaften 2015 seine Mitarbeit an einem Papier, das für jedes EU-Land | |
einen Wettbewerbsrat vorschlug. Dieser hätte wie ein Wirtschaftsprüfer den | |
nationalen Wettbewerb beurteilt und sich vielleicht indirekt in Lohnstreits | |
eingemischt. | |
2006 hat sich Schulz vergeblich dagegen gewehrt, Hartz-IV-Empfänger*innen | |
stärker zu sanktionieren und das Arbeitslosengeld II zu kürzen. | |
Als eine der ersten Amtshandlungen wird Kanzler Schulz wohl den | |
Geldspeicher öffnen, den Wolfgang Schäuble gefüllt hat. Von Sparpolitik | |
hält Schulz nichts. In einer Rede bezeichnete er Investitionen als | |
„Grundvoraussetzung“, um Staatshaushalte zu sanieren. Zu Zeit Online sagte | |
Schulz, er habe „das Mantra einer Politik, die einseitig und einfallslos | |
aufs Sparen setzt, schon immer falsch“ gefunden. | |
## Steuern, Flüchtlinge, Freihandel | |
Schulz schlägt ein europäisches Steuersystem vor. Wer in einem Land Gewinn | |
macht, soll in demselben Land Steuern zahlen. So könne der Bund | |
Steuerflucht bekämpfen und von großen Konzernen mehr einnehmen. In | |
Deutschland verlangt Schulz schon seit der letzten Bundestagswahl eine | |
Finanztransaktionssteuer. | |
Eine Obergrenze für Geflüchtete schließt Schulz aus. Die EU-Länder sollen | |
aber die Menschen fairer unter sich aufteilen. | |
Der Kandidat denkt auch beim Freihandel supranational. Er wehrt sich gegen | |
die Kritik an TTIP. Das Ceta-Abkommen mit Kanada nannte er laut Berliner | |
Morgenpost einen „der besten Handelsverträge, die wir seit Jahren | |
ausgehandelt haben“. | |
Im Gegensatz zu Angela Merkel spricht Martin Schulz kein Russisch. Er muss | |
Putin also auf Englisch rüffeln. Dass er das macht, gilt als gesetzter | |
Bestandteil seiner Außenpolitik. Spannend dürfte die erste Amtsreise nach | |
Israel werden: 2014 sprach er in der Knesset über die Zustände im | |
Westjordanland und kritisierte den Siedlungsbau. Einige Abgeordnete | |
verließen empört das Parlament. | |
Bislang nicht geäußert hat sich Martin Schulz zum Tierschutz. Scheint ihn | |
auch nicht so zu interessieren: Bei einem Essen mit Journalisten in | |
Straßburg bestellte er Gänsestopfleber. | |
26 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Jana Anzlinger | |
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