# taz.de -- Korruption in Bayern: Regensburger Klüngel | |
> In einem der größten kommunalen Bestechungsskandale verliert der | |
> amtierende Oberbürgermeister den Rückhalt seiner Partei. Auch die CSU ist | |
> betroffen. | |
Bild: Joachim Wolbergs im Januar 2014. Drei Jahre später wurde er verhaftet | |
MÜNCHEN taz | Im [1][Regensburger Korruptionsskandal] verliert der | |
beschuldigte SPD-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs offenbar den Rückhalt | |
seiner Partei. Scheidet er aus dem Amt, steht in Regensburg eine Neuwahlen | |
an. Zudem werden nun auch Vorwürfe gehen seinen Amtsvorgänger von der CSU | |
erhoben. | |
Beim [2][Fall Regensburg] handelt es sich um einen der mutmaßlich größten | |
kommunalen Bestechungsskandale der Republik. Nicht nur der inhaftierte | |
SPD-Oberbürgermeister Wolbergs soll Hunderttausende Euro an Schmiergeld von | |
dem ebenfalls festgenommenen Unternehmer Volker Tretzel angenommen haben, | |
sondern auch gegen seinen Vorgänger Hans Schaidinger (CSU) ermittelt die | |
Staatsanwaltschaft, er ist aber auf freiem Fuß. Es geht um die Vergabe | |
eines 35 Hektar großen Baugebiets, der ehemaligen Nibelungenkaserne, an | |
Tretzels Firma. | |
Oberbürgermeister Wolbergs hatte nach seiner Festnahme vergangene Woche | |
erklärt, dass er erst nach einer Verurteilung zurücktreten werde. Formal | |
hätte er Recht. Achim Sing vom bayerischen Städtetag bestätigte der taz: | |
„Ein Oberbürgermeister kann so lange im Amt bleiben, bis er rechtskräftig | |
verurteilt wird.“ | |
Doch dieser Kurs wird sich kaum halten lassen. „Das geht jetzt alles sehr | |
rasch“, sagt Margit Wild, SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der | |
Regensburger Sozialdemokraten, gegenüber der taz. „Wir wollen eine klare | |
Positionierung.“ Es wird erwartet, dass die SPD und die Spitzen der in der | |
Stadt regierenden „bunten Koalition“ aus SPD, Grünen, Freien Wählern (FW) | |
und der FDP Wolbergs fallenlassen und ihn voraussichtlich am Dienstag zum | |
Rücktritt auffordern. Die bayerische Landesanwaltschaft, die für | |
Kriminalität bei Beamten zuständig ist, wird bis Ende der Woche über eine | |
vorläufige Dienstenthebung Wolbergs entscheiden. | |
## Blick in die Zukunft | |
Wie schwer es den Kommunalpolitikern fällt, sich von Wolbergs abzuwenden, | |
beschreibt der dritte Bürgermeister Jürgen Huber (Grüne). „Er war jemand, | |
der mich beeindruckt hat“, sagte er der taz. Und das neue Stadtviertel | |
Nibelungenkaserne sei „eines der besten Modelle, die wir haben“. Darüber, | |
dass Wolbergs unter anderem 500.000 Euro Schmiergeld auf das Konto des | |
SPD-Ortsvereins erhalten hat, meint Huber: „Wir sind nicht davon | |
ausgegangen, dass so etwas möglich ist.“ Die bunte Koalition soll seiner | |
Auffassung nach weiter regieren, Wolbergs aber zurücktreten. | |
Der 45-jährige Noch-OB konnte sich im Mai 2014 bei der Wahl gegen den | |
CSU-Bewerber durchsetzen. In Regensburg, der viertgrößten Stadt im | |
Freistaat, sorgte er für eine Aufbruchstimmung, auch die Landes-SPD sah ihn | |
als Hoffnungsträger. | |
Für die bei derzeit 14 Prozent darbende Landes-SPD ist die Angelegenheit | |
ein weiterer Tiefschlag. Es wird spekuliert, dass der wenig beliebte | |
Landeschef Florian Pronold im Mai nicht mehr antritt. Sollt er sich doch | |
dazu entschließen, wird es wohl zu einer Kampfkandidatur kommen. Als | |
Gegenkandidaten werden die Generalsekretärin Natascha Kohnen oder der | |
Münchner Abgeordnete Florian von Brunn gehandelt. | |
Mit den Ermittlungen gegen Alt-OB Hans Schaidinger steckt auch die CSU in | |
der Affäre. Dieser war früher als Städtetagspräsident eine große Nummer in | |
Bayern und in der Partei. Aus der CSU wird sein Parteiaustritt sowie die | |
Aberkennung der Regensburger Ehrenbürgerwürde verlangt. Schaidinger soll | |
laut Staatsanwaltschaft nach seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem | |
OB-Amt bei der Firma Tretzel einen Beratervertrag mit einem Honorar von | |
20.000 Euro monatlich erhalten haben. | |
22 Jan 2017 | |
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## AUTOREN | |
Patrick Guyton | |
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