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# taz.de -- Die Wahrheit: Dechiffriertes Dunkel
> Mensch und Netz: Warum das Darknet nur die Höllenvorstufe ist und warum
> es längst eine noch viel dunklere Alternative gibt.
Bild: Im Darknet gibt es nicht nur magische „My little Pony“-Seiten, sonder…
Trotz seines düsteren Namens ist das Darknet per se keine schlechte
Erfindung. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Internet finden Kinder dort
soziale Netzwerke vor, in denen niemals ihre Eltern („Huhu, kommst du bald
zum Essen?“) herumgeistern. Und Journalisten und Blogger unterlaufen mit
seiner Hilfe die staatliche Zensur. Das Darknet bietet auch mehr Sicherheit
vor pauschaler Ausspähung durch Geheimdienste, und Katzenclips werden
sofort geschreddert – es sei denn, die Katze kommt darin zu Tode. Doch was
ist dieses Darknet überhaupt, und wie funktioniert es?
Verschlüsselung und Anonymisierung sind die Hauptprinzipien dieser
Parallelwelt. Alles ist vollstoff supergeheim. Keiner weiß was. Jeder tappt
im Dunkeln. Die Anonymisierung läuft dergestalt ab, dass die Leute einfach
nicht verraten, wer sie sind. Stattdessen verwenden sie sogenannte
Nicknames: „Störtebeker“, „Kohlhaas“, „Robin Hood“ oder „Winneto…
solchen verwegenen Nicks erkennt man zweifelsfrei die typischen
Darknet-User.
## Verschleierung des Unwesens
Allerdings eher die guten. Die bösen nennen sich „Schwarzer Wolf“,
„Brüllschwein 18“ oder „Sauron’s After“. Denn das ist der große Hak…
der ursprünglich libertären Idee eines Internets ohne Kontrolle. Es lockt
auch Waffenhändler, Drogendealer, IS-Kämpfer und Rechtsradikale an, die
dort ungehindert ihr Unwesen treiben. Ob Pädophile, Päderasten oder
Pädiküre: Sie bezahlen in Bitcoins und kommunizieren in Codes. Und damit
sind wir schon beim zweiten Prinzip: dem der Verschleierung.
„Kok-a-non-non-sos-tot dod-u mom-i-ror Wow-a-fof-fof-e-non
sos-e-non-dod-e-non?“ In der nicht zu entschlüsselnden Geheimsprache, die
Astrid Lindgren einst eigens für ihren Kinderdetektiv „Kalle Blomquist“
erfand, laufen die schmutzigsten Deals ab. „Kannst du mir Waffen senden?“,
hat ein Aussteiger aus der Szene kürzlich diese Anfrage für uns übersetzt,
bevor er sich vor unseren Augen erschoss, um nicht mehr leiden zu müssen.
Die Polizei ist in der Regel machtlos. Wenn überhaupt, kommt sie immer zu
spät.
Doch die Kriminalisten rüsten auf. Mittlerweile gibt es weltweit wohl ein
halbes Dutzend Spezialisten, die in der Lage sind, mithilfe von
Geburtstagsdaten der global mächtigsten Drogenbosse an deren Zugangsdaten
für das Darknet zu gelangen. In über neunzig Prozent der Fälle handelt es
sich sogar um das Master-Password mit Zugriff auf die Nummernkonten in der
Schweiz, die Zugänge für Facebook, MySpace und Amazon sowie den
persönlichen Bereich der „My Little Pony“-Webseite. Loggt man sich hier nun
beispielsweise als Joaquín Guzmán, berüchtigter Chef des Sinaloa-Kartells,
ein, stößt man unter der kodierten Aufgabenstellung, „Finde heraus, was
Prinzessin Twilight Sparkle und ihre Freunde unternehmen!“, rasch auf die
Verstecke sämtlicher Todesschwadronen von „El Chapo“.
Auch das BKA verfügt heute über verdeckte Ermittler, die im trüben Sumpf
des Darknets nach Cyberstrolchen fischen, die unter falschen Namen Bücher
in der Stadtbibliothek ausleihen – in der perfiden Absicht, sie für immer
zu behalten. Doch da haben Letztere die Rechnung ohne den Staat und seine
aufgeweckten Strafverfolgungsorgane gemacht. In Schnellkursen lernen die
Fahnder, wie man eine Textdatei speichert, Wörter markiert und wo der
Reset-Knopf zu finden ist. Von da aus sind es nur noch wenige Schritte bis
zum Beginn der „Reise in die digitale Unterwelt“, wie eine
ARD-Dokumentation kürzlich die Tiefen des verbotenen Netzes nannte.
## Eingang zum Reich des Bösen
„Aber wie kommt man denn jetzt genau ins Darknet?“, fragt sich an dieser
Stelle längst so mancher Leser und reibt sich gierig die halbseidenen
Wurstfingerchen. Nun, das ist in der Tat äußerst kompliziert: Bei Windows
kann man es über den Shortcut Alt + F13 + 666 versuchen, und bei Apple,
indem man das Totenkopfsymbol anklickt. Bei Linux muss man hingegen ein
feinstens austariertes Gemisch aus Brotkrümeln und Mandarinenpelle in die
Tastaturzwischenräume bröseln und schon ist man mittendrin im Reich des
Bösen.
Leider ist das Darknet ungeachtet dieser gewaltigen Hürden schon in
absehbarer Zeit zum Scheitern verurteilt. Denn wo sich immer mehr
frühverrentete Trolle, Esoteriker und drittklassige Hacker des
Verfassungsschutzes tummeln, gehen die Vorzüge langsam verloren. Daher
haben sich die wagemutigsten Regimekritiker, aber auch die fiesesten
Verbrecher nun das „Finsternet“ geschaffen, das man durch ein Tor am
allerhintersten Ende des Darknets betritt. Jedoch wartet genau dort ein
fast unüberwindliches Hindernis in Form von zwei Buttons: „Ich bin über 120
Jahre alt“ und „Ich bin noch nicht 120 Jahre alt“. Kaum einer errät den
Trick: Man muss nämlich lügen.
18 Jan 2017
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Darknet
Verbrechen
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Horst Köhler
Getränke
Schwerpunkt Afghanistan
Valentinstag
BKA
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Schule
Schwerpunkt Pegida
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