# taz.de -- Kommentar zu Videoüberwachung: Berlins SPD blickt nach rechts | |
> Opposition und Polizei kritisieren die Pläne des Senats harsch. Das | |
> trifft vor allem die SPD. Kann sie mit diesen Angriffen umgehen? | |
Bild: Was sieht sie, was bringt sie? | |
Es ist nur ein halbes Jahr her, dass sich die SPD-Fraktion als Hüterin | |
freiheitlicher Bürgerrechte feiern ließ. Ende Juni scheiterte an ihrem | |
Widerstand die bereits vom Senat beschlossene Videoüberwachung öffentlicher | |
Plätze. | |
Auf der Senatsklausur am Montag haben die SPD-Senatoren das Thema noch mal | |
ausgepackt. Nun wird es zwar keine permanente Überwachung gefährlicher Orte | |
geben. Aber anlassbezogene: Auf Grundlage des Allgemeinen Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetzes (ASOG) können auch Plätze überwacht werden, „wenn | |
besondere Kriminalitätslagen“ vorliegen, erläuterte Innensenator Andreas | |
Geisel (SPD). Und kündigte an, das ASOG „breit auszulegen“. | |
Man kann davon ausgehen, dass die SPD-Fraktion diesmal nicht gegen die | |
Pläne interveniert. Das liegt am innenpolitischen Druck nach dem Anschlag | |
am Breitscheidplatz; daran, dass die Koalition ihre Arbeit erst begonnen | |
hat; vor allem aber daran, dass die SPD jetzt den rechten Teil der | |
Regierung bildet. | |
Nun dürfen Linke und Grüne die Bürgerrechte hochhalten und brav | |
bescheinigen, dass man nur vorhandene Gesetze konsequent anwende; dass man | |
die Überwachung wissenschaftlich begleite. Für die SPD ist spätestens seit | |
Montag klar, dass sie sich verabschieden muss von ihrem Mantra aus der | |
letzten Legislatur. Vor allem Fraktionschef Raed Saleh hatte gerne betont, | |
man mache auch mit der CDU „linke“ Politik. Die Partei muss nun weit in die | |
rechte Mitte blicken. Eine undankbare Aufgabe, wie sich am Dienstag zeigte: | |
Die Reaktionen auf die sicherheitspolitischen Vorschläge fielen durchweg | |
negativ aus. | |
Das war ein Vorgeschmack auf die politische Auseinandersetzung der nächsten | |
Jahre: Die SPD wird härter getroffen werden durch Angriffe von FDP, CDU und | |
AfD als Grüne und Linke. Um sie fünf Jahre lang auszuhalten, brauchen die | |
Sozialdemokraten ein gesundes Selbstbewusstsein. Doch das ist nach dem | |
Wahldebakel vom September angeknackst. Brave unterstützende Worte von den | |
Koalitionspartnern sind Balsam auf die Parteiseele. Mehr aber nicht. | |
10 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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Antje Kapek | |
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