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# taz.de -- Ein Jahr Macri in Argentinien: Papst und Gewerkschaft gegen Staat
> Seit einem Jahr ist der Rechtsliberale Mauricio Macri an der Macht. Das
> Volk ist unzufrieden. Die Opposition bleibt hart, andere wollen
> verhandeln.
Bild: Schon ein Jahr nach dem Machtwechsel geht das Volk gegen Macri auf die St…
Buenos Aires taz | Nach dem ersten Amtsjahr des rechtsliberalen Präsidenten
Mauricio Macri in Argentinien ist von dessen versprochener „Revolution der
Freude“ wenig zu spüren. Jeder Dritte lebt unter der Armutsgrenze, knapp
die Hälfte der Beschäftigten arbeitet informell ohne jegliche
Sozialversicherung, die Arbeitslosenquote im formellen Sektor ist auf 10
Prozent gestiegen, 40 Prozent Jahresinflation frisst allen die Kaufkraft
weg.
Noch immer ist die politische Opposition dabei, sich nach der Niederlage
neu zu orientieren und aufzustellen. Die Anhänger von Expräsidentin
Cristina Kirchner haben sich vorläufig zurückgezogen: Solange das
wirtschaftssoziale Modell der neuen rechten Regierung besteht, würden
jegliche soziale Verhandlungen durch die neoliberale Wirtschaftspolitik
annulliert, sagen sie. Ihr Motto: hart bleiben und die nächsten Wahlen
gewinnen.
Dagegen will ein Bündnis aus Teilen der Gewerkschaften und sozialen
Bewegungen die Regierung zu Verhandlungen zwingen. Die Menschen hätten
jetzt Hunger, so die Argumentation. Der Staat müsse die sozialen
Organisationen als politische Partner anerkennen.
Die treibenden Kräfte hinter den Forderungen stammen fast alle aus der sich
seit Mitte der 1990er Jahre formierenden Piquetero-Bewegung (benannt nach
den Piquetes, den Straßenblockaden, die sie als Kampfmittel nutzen), die
während der Krise 2001 starken Zulauf hatte. Sie berieten ihre Strategie
auch auf dem Bewegungstreffen Encuentro Mundial de Movimientos Populares im
Herbst, das von Papst Franziskus unterstützt wurde. „Papst Franziskus ist
der große Gegenspieler von Macri“, sagt der argentinische Politologe
Eduardo Vior.
Auch wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche seit seiner Wahl 2013 nicht
wieder argentinischen Boden betreten hat, ziehe es überall seine Fäden.
„Man merkt, dass einige Leute sich wie nach einem Drehbuch verhalten.“ Dass
sich der lange gespaltene Gewerkschaftsdachverband CGT kurz nach dem
Wahlsieg Macris wiedervereinigt habe, sei auf direkten Befehl aus Rom
erfolgt, so Vior.
Anfang Dezember verabschiedete der Kongress ein mit der Regierung
ausgehandeltes Gesetz, das informell Beschäftigte und ihre Organisationen
erstmals als relevante Gruppe anerkennt. Es soll ein staatliches Register
für informell Beschäftigte und einen Rat für den informellen
Wirtschaftsbereich geben, der aus VertreterInnen der drei zuständigen
Ministerien sowie drei VertreterInnen von registrierten Organisationen
bestehen wird.
Erstes Ziel ist es, einen Manteltarifvertrag auszuhandeln, mit dem die
Löhne der informell Beschäftigten durch eine staatliche Kofinanzierung auf
das Niveau des gesetzlichen Mindestlohnes angehoben werden.
Der Preis ist jedoch hoch: Bis 2019 verzichten die sozialen Organisationen
auf Protestaktionen. Präsident Macri hat sich damit bis zum Ende seiner
Amtszeit zumindest von diesen Organisationen sozialen Frieden erkauft.
9 Jan 2017
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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