# taz.de -- Blckcrckr mit neuem Album: Kette rauchen am Freitag | |
> Ellison Renee Glenn beschreibt sich selbst als „Mann mit Transerfahrung“. | |
> Selten hört man so geschmeidigen Rap, der ohne Slutshaming auskommt. | |
Bild: „Es gibt keine sexuelle Identität für Transgendermänner“, sagt Gle… | |
Der historische englische Begriff Cracker – er bezeichnet den weißen | |
Sklaventreiber – ist ein Relikt der Kolonialzeit Amerikas. Wie ein | |
„Cracker“ sieht Ellison Renee Glenn ganz gewiss nicht aus. Dafür ist seine | |
Haut viel zu dunkel, seine Stimme viel zu tief und sein Gemüt viel zu | |
ausgelassen. Nein, der Mann scheucht bestimmt keine Leute durch die Gegend. | |
Um zu verwirren, habe sich der 39-jährige „Black Cracker“ diesen Namen | |
ausgedacht, sagt er. Seit 2009 trägt Glenn das Alias. 2012 veröffentlicht | |
er unter diesem Namen sein Debütalbum „Tears of a Clown“, 2014 schloss er | |
mit „Poster Boy“ an und nun, bei Album Nummer drei, heißt es laid-back: | |
„Come As U R“. | |
Glenn ist in Alabama als Celena geboren. Seine Teenagerjahre hat er auf | |
einer US-Militärbasis nahe Kaiserslautern verbracht, bis es ihn vor ein | |
paar Jahren zur New Yorker Spoken-Word-Szene zog. Zurück nach Europa ist er | |
nun wegen des Jazzprojekts „Grand Pianoramax“ gekommen. Auf dem Album | |
„Smooth Danger“ (2010) klingt die Stimme noch nach junger Missy Elliott – | |
anders als die etwas rauchige, dunkle, die man von Auftritten im Hebbel am | |
Ufer in Berlin kennt. | |
Auf den Bühnen der Hauptstadt scheint sich Ellison Renee Glenn, der aus der | |
bildenden Kunst kommt, wohlzufühlen. Erst kürzlich wirkte er mit Muse und | |
Partnerin Merrill Beth Nisker alias Peaches in der Deutschen Oper bei der | |
Mozart-Neuinterpretation „Così fan tutte“ mit; er spielt aber auch mit | |
Neubauten-Frontmann Blixa Bargeld – dann nennen sie sich KiKu. | |
## Wandlung in der Stimme | |
Von Labels hält der Poster Boy der Berliner Queerszene nicht viel. Wenn man | |
ihn beschreiben müsste, dann als „Mann mit Transerfahrung“. Als | |
Ex-Poetry-Slammer und MC beherrscht Glenn seine Stimme, die sich in den | |
letzten Jahren unglaublich gewandelt hat, seit er sein Geschlecht zum Mann | |
angleichen ließ. Seine Intention hat sich dadurch nicht verändert, sagt er | |
im Gespräch. „Bei der Musik, die ich mache, muss ich Rassismus brechen, um | |
männlicher Sexualität eine Stimme zu geben, ohne abwertend zu Frauen zu | |
sein. Das ist schwer“, sagt er. Doch es gelingt. Selten hört man so | |
geschmeidigen Rap, der ohne Slutshaming auskommt. | |
„Es gibt keine sexuelle Identität für Transgendermänner“, sagt Glenn. Dem | |
hat er schon mit dem Vorgängeralbum entgegengewirkt, das sexueller, | |
HipHop-lastiger war als jetzt „Come As U R“. Nun klingt tatsächlich alles | |
„easy“. Die zwölf Songs schweben als transidentische Bass-Musik zwischen | |
R&B, HipHop und elektronischen Rhythmen. Produziert hat Glenn im Studio | |
Wannsee mit den Softwares Ableton Live und „Maschine“ von Native | |
Instruments. „Ich rauche kein Gras, aber es fühlt sich wie ein | |
Smoke-Weed-Album an“, scherzt er. | |
Der musikalische Einstieg mit „Chain Smoking on a Friday“ fängt smooth mit | |
einem Tempo von 80 Bpm an. Nu ZIA steuert soulige Vocals bei, zu denen man | |
sich bewegen muss, ehe man sich darin verliert. Die erste Singleauskopplung | |
„Tide“ hingegen ist sehr düster. Dubsteppig langsam mit subsonischen Bäss… | |
und verzerrt-schreienden Samples, dazu Glenns Stimme: „Come as you are. I | |
am what I am.“ Der Weg zu Neuem wirkt in diesem Moment unsicher und grau, | |
doch es gibt kein Zurück, wir haben die Sonne im Rücken. | |
Ähnlich gefühlsbetont ist der Synthpop-Clubtrack „Waterfall“: Versprich | |
mir, dass du mich fängst und ich werde fallen – wohl eine Liebeserklärung, | |
an die Frau an seiner Seite, die mit dem Takt auf 130 raufgeht. In „I Wanna | |
lay with U, Till The Sun Comes Out“ beschreibt er das Gefühl, zwischen | |
Auftritten endlich einmal mit dem Liebsten das Bett nicht mehr zu | |
verlassen. Gerade im Berliner Winter eine einladende Vorstellung. „Come As | |
U R“ ist auf eine positive Art ein geerdetes Soulalbum. | |
Ein Plädoyer, romantisch ohne kitschig zu sein; in einer Stadt wie Berlin | |
keine Angst zu haben, das L-Wort zu sagen, denn die Liebe kann so schön | |
sein. | |
6 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
## TAGS | |
HipHop | |
Rap | |
Transgender | |
Queer | |
Schwerpunkt LGBTQIA-Community | |
Schwul | |
HipHop | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Pop | |
Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neues Album von Cakes Da Killa: Saufen, ficken, Rechnungen zahlen | |
Party-Animal am Mikrofon: Der exzentrische US-Rapper balanciert zwischen | |
entwaffnender Ehrlichkeit und gekonnter Performance. | |
Hiphop von Loyle Carner: Der junge Milde | |
Ein neuer Posterboy der britischen Rapszene: Loyle Carner und sein jazziges | |
Debütalbum „Yesterday’s Gone“ machen Furore. | |
Margaret Chos neue Comedy-Show: Lachen über sexuelle Gewalt | |
Margaret Cho ist Comedy-Star und queere Ikone. In ihrem neuen Programm | |
verarbeitet sie die eigenen Missbrauchserfahrungen. | |
Peaches über ihr neues Album „Rub“: „Das eigene Begehren anerkennen“ | |
Die kanadische Sängerin und Produzentin Peaches lässt in ihren Videos | |
Laserstrahlen aus Hintern leuchten. Auch ihre Musik basiert stark auf | |
Körperlichkeit. | |
Queere Compilation: Frech, wütend und explizit | |
Der Sampler des queeren Magazins „Hugs and Kisses“ feiert die Unterschiede | |
der Interpreten. Er eignet sich für die Party wie für den Ohrensessel. |