# taz.de -- Birmas diskriminierte Rohingya: Druck auf Aung San Suu Kyi aus Asien | |
> Die Friedensnobelpreisträgerin muss sich gegenüber den Nachbarstaaten | |
> einer Diskussion über die Militärgewalt gegen die Rohingya-Minderheit | |
> stellen. | |
Bild: Protest in Jakarta Ende November: Eine Demonstrantin trägt eine Maske vo… | |
Berlin taz | Auf Druck Malaysias und Indonesiens hat Birmas | |
de-facto-Machthaberin und offizielle Außenministerin Aung San Suu Kyi am | |
Montag ihre Amtskollegen der südostasiatischen Asean-Staaten zu einer | |
Klausur empfangen. Einziges Thema des Treffens in der früheren Hauptstadt | |
Rangun (Yangon): die Lage der muslimischen Rohingya-Minderheit in Birmas | |
Rakhine-Staat an der Grenze zu Bangladesch. | |
Eigentlich besteht Birmas buddhistische Regierung darauf, dass der Umgang | |
mit den rund eine Million Rohingya, die offiziell nur Bengali genannt | |
werden dürfen und seit Jahrzehnten diskriminiert werden, eine interne | |
Angelegenheit sei. Auch die Asean-Staaten betonten bisher stets das Prinzip | |
der Nichteinmischung. | |
Doch in den letzten Wochen hat sich das Verhältnis Birmas, das von der | |
früheren Militärjunta in Myanmar umbenannt wurde, zu den mehrheitlich | |
muslimischen Nachbarstaaten Malaysia und Indonesien dramatisch | |
verschlechtert. Dort gibt es immer wieder Proteste zugunsten der verfolgten | |
Rohingya. | |
Malaysias Regierung, die innenpolitisch stark wegen eines | |
Korruptionsskandals unter Druck ist, zeigt deshalb jetzt besonders gern auf | |
Probleme in Birma. Und die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi | |
musste schon im November eine Jakarta-Reise absagen, wo gegen sie | |
demonstriert wurde. | |
## Kritik an Gewalt des Militärs | |
Die Regierungen in Jakarta und Kuala Lumpur verurteilten zuletzt immer | |
deutlicher die Angriffe auf Rohingya-Dörfer durch Birmas Militär. Laut | |
Menschenrechtsorganisationen wurden dabei seit Oktober 90 Rohingya getötet, | |
27.000 flohen nach Bangladesch. | |
Schon seit den Unruhen 2012 leben rund 100.000 Rohingya in unterversorgten | |
gettoartigen Camps. | |
Birmas Militär, das nicht von Aung San Suu Kyis Regierung kontrolliert | |
wird, rechtfertigt seine Gewalt mit einem Angriff mutmaßlicher | |
Rohingya-Rebellen auf Grenzposten am 9. Oktober. Dabei starben neun | |
Grenzpolizisten. Seit dem Angriff hat das Militär das Konfliktgebiet für | |
Journalisten und Hilfsorganisationen gesperrt. | |
Menschenrechtsorganisationen berichten seitdem von willkürlicher | |
Militärgewalt, angezündeten Dörfern, Vertreibungen und Vergewaltigungen. Am | |
Montag sprach Amnesty International von einer „systematischen | |
Gewaltkampagne“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und kritisierte | |
zugleich Aung San Suu Kyi, die das Schicksal der Rohingya offenbar kalt | |
lasse. | |
Darin unterscheidet sich die Friedensnobelpreisträgerin allerdings nicht | |
von der großen Mehrheit der Birmesen, die jahrzehntelang von den Militärs | |
eingetrichtert bekamen, dass Rohingya illegale Einwanderer seien. Auch | |
nationalistische buddhistische Mönche machen Stimmung gegen Rohingya und | |
andere Muslime. | |
Aung San Suu Kiys Regierung verteidigt bisher das brutale Vorgehen des | |
Militärs erstaunlich deutlich. Dabei behauptet das sogar, Rohingya hätten | |
ihre eigenen Dörfer angezündet, um sich als Opfer zu inszenieren. | |
## Neue Front im globalen Dschihad? | |
Die angesehene International Crisis Group bestätigte allerdings letzte | |
Woche in einem umstrittenen Bericht zumindest die Version des Militärs, | |
wonach exilierte Rohingya mit Verbindungen zum internationalen Dschihad | |
hinter dem Überfall am 9. Oktober steckten. | |
Sollten militante Islamisten im Westen-Birmas jetzt wirklich eine neue | |
Front in ihrem globalen Dschihad eröffnen, hätte der Konflikt in der Tat | |
eine neue Qualität. Die | |
Asean-Staaten fürchten jetzt, dass Birmas Militär mit seinen harschen | |
Reaktionen gemäßigte Rohingya in die Arme der Rebellen treiben und so den | |
Konflikt nur weiter anheizen könnte. | |
Die Asean-Staaten verwiesen schon jetzt auf die neue Flüchtlingswelle, | |
welche die ganze Region treffen könne. Schon bisher sind Zehntausende | |
Rohingya auch nach Thailand, Malaysia und Indonesien geflohen, wo sie oft | |
brutal ausgebeutet werden. | |
Birmas Regierung stellte jetzt bei der Klausur den südostasiatischen | |
Außenministern vage in Aussicht, dass humanitäre Organisationen bald in der | |
Konfliktregion helfen dürften. Und einheimische und ausländische | |
Journalisten könnten sich für eine begleitete Reise dorthin bewerben. | |
20 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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