# taz.de -- Gewalt in Birma: Angriff befeuert Hass auf Rohingya | |
> Unruhen im Rakhine-Staat fordern mindestens 40 Tote. Die Lage bleibt | |
> angespannt, hunderte Rohingya sind auf der Flucht. | |
Bild: Hunderte Rohingya fliehen aus den Kampfgebieten | |
Rangun taz | Es war, als würde das Unheil heraufbeschworen, wenn nur | |
darüber gesprochen wird. Nachdem am Morgen des 9. Oktober neun birmesische | |
Grenzschutzpolizisten von damals noch unbekannten Tätern bei Maungdaw | |
getötet wurden, herrschte erst mal Stille. Journalisten hielten länger inne | |
als sonst und Analysten, die sich normalerweise zu schnellen Einordnungen | |
hinreißen lassen, waren rar gesät. | |
Alle fürchteten eine Wiederholung der verheerenden Unruhen von 2012. Damals | |
metzelten sich über hundert Buddhisten und Muslime in Birmas (Myanmars) | |
westlichem Teilstaat Rakhine gegenseitig nieder, nachdem das Gerücht | |
kursierte, ein Buddhist hätte eine Muslimin vergewaltigt. | |
Inzwischen kamen seit dem jüngsten Angriff auf die drei Grenzschutzposten | |
am Übergang zu Bangladesch in Maungdaw und Bhutidaung bei | |
Auseinandersetzungen zwischen Militär und vermeintlich bewaffneten | |
Angreifern mindestens 40 Menschen ums Leben. Mehrere Hundert sind auf der | |
Flucht. Ein Ausmaß wie das von 2012 blieb bislang aus. Doch die Situation | |
bleibt angespannt. „Hier steht weiter menschliches Leben auf dem Spiel“, | |
fürchtet der politische Analyst Min Zin. | |
Birmas Regierung identifizierte inzwischen eine islamische Terrorgruppe als | |
Täter. Die Gruppierung sei aus dem muslimischen Ausland finanziell | |
unterstützt worden, der Anführer von pakistanischen Taliban trainiert | |
worden. | |
## Rohingya werden als illegale Einwanderer gesehen | |
Die muslimische Minderheit in Birma versetzen die tödlichen Unruhen in | |
Alarmbereitschaft. Vorurteile gegenüber Muslimen, die landläufig als | |
„Kalar“ (wörtlich: Dunkle) bezeichnet werden, sind verbreitet. Muslime | |
machen in der früheren Militärdiktatur der Volkszählung von 2014 zufolge | |
rund 2 Prozent der Bevölkerung aus. | |
Menschenrechtsgruppen und Beobachter warnen, die Attacken auf die | |
Grenzschutzpolizei könnten als Vorwand dienen, dem Hass auf die Rohingya | |
freien Lauf zu lassen. Matthew Smith von Fortify Rights sagt deshalb: „Das | |
Militär hat die Verantwortung die Bürger zu schützen, egal welcher Religion | |
oder Ethnie sie angehören.“ | |
Die Rohingya werden von einem Großteil der Birmesen als illegale | |
Einwanderer aus Bangladesch angesehen. Seit den Unruhen von 2012 leben über | |
hunderttausend von ihnen in Rakhine in Lagern, in denen sie nur | |
beschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung und Arbeitsplätzen | |
haben. | |
Für die demokratische Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu | |
Kyi sind die Unruhen eine Bewährungsprobe. Wird sich das Militär, das seit | |
der von ihm eingeleiteten Demokratisierung noch immer große Macht hält, im | |
Zaum halten lassen? Dass bei einer Pressekonferenz ein Oberst aus dem Kreis | |
des Armeechefs kürzlich sagte „Wir haben keine andere Wahl als zu | |
schießen“, lässt wenig Hoffnung zu. | |
19 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Verena Hölzl | |
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