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# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Ghana: Mit aller Macht gegen Migration
> Weder Asyl noch ein Visum: Viele Ghanaer haben so gut wie keine
> Möglichkeit, nach Europa zu gelangen. Die EU setzt weiter auf
> Abschreckung und Rückführung.
Bild: Unter anderem friedliche Machtwechsel machen Ghana für die EU zum sicher…
Neben dem Senegal gilt Ghana aus deutscher Sicht als sicheres
Herkunftsland, was andere Staaten der Europäischen Union (EU) ähnlich
bewerten. Dennoch haben im Jahr 2015 insgesamt noch 8.858 Ghanaer weltweit
Asyl beantragt.
Die Aufnahmequote lag lediglich bei 2,5 Prozent. Mit 1.109 Anträgen stand
Deutschland an dritter Stelle nach Italien (3.621 Anträge) und Südafrika
(1.778), wo überraschend am zweithäufigsten Asyl ersucht wurde. Im Jahr
zuvor waren es dort sogar 2.449 Anträge. Ghana gehört zu jenen Ländern, für
deren Bevölkerung es extrem kompliziert ist, ein Visum für den
Schengen-Raum zu erhalten. Laut Frontex-Bericht von 2014 wurden 20.000 Visa
ausgestellt, 38 Prozent der Anträge indes abgelehnt.
Nach EU-Angaben lebten 2014 mehr als 120.000 Ghanaer legal in der EU und
zwar am häufigsten in Großbritannien, Italien und Deutschland. 4.660 wurden
ohne Papiere aufgegriffen. In diesem Jahr sollten 4285 Ghanaer abgeschoben
werden. Tatsächlich kam es jedoch lediglich zu 1.315 Abschiebungen. Die
Rate für 2015 ist etwas niedriger als diese 31 Prozent und liegt bei 29,5
Prozent.
Bereits seit 2005 gibt es ein „Memorandum of Understanding“ zwischen Ghana
und Spanien. Darin festgehalten sind unter anderem soziale, wirtschaftliche
und politische Kooperation und Zusammenarbeit in Migrationsangelegenheiten.
In diesem Zusammenhang haben 5000 Ghanaer in Spanien eine
Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Ein weiteres Memorandum wurde 2010
zwischen Ghana und Italien unterzeichnet. Mit der EU ist ein drittes in
Arbeit. Es ist das zentrale Thema des Treffens zwischen dem
niederländischen Außenminister Bert Koenders, Ghanas Außenministerin Hanna
Tetteh sowie Innenminister Prosper D.K. Bani gewesen. Nach EU-Informationen
liegt ein klarer Fokus auf der Rückführung von Migranten, die zeitnah
erfolgen soll, sowie auf Abschreckungsmaßnahmen.
## Neutrale Information
Nur wenige Tage vor Koenders Besuch hatte Ghana, wo knapp 27 Millionen
Menschen leben, eine nationale Migrationsstrategie verabschiedet, an der
auch die Internationale Organisation für Migration (IOM) beteiligt war.
Migration sei wünschenswert, wenn sie gut geregelt werden würde, so die
IOM-Chefin in Ghana, Sylvia Lopez-Ekra.
Aus dem elften Europäischen Entwicklungsfond (EDF) soll Ghana für die
Bereiche Arbeitsbeschaffung und soziale Sicherung 31 Millionen Euro
erhalten. In den Sektor Landwirtschaft sollen 161 Millionen Euro fließen.
Weitere sechs Millionen Euro sind für Kommunalprojekte sowie zur
Unterstützung der Zivilgesellschaft geplant. Ziel ist es, wirtschaftliche
Entwicklung auf lokaler Ebene voran zu treiben und Jobs zu schaffen.
EU, IOM, die ghanaische Einwanderungsbehörde GIS sowie der Regionalrat von
Brong Ahafo, eine Region in Zentralghana, haben im Februar 2016 Ghanas
Migrationsmanagement Programm GIMMA gestartet. Kernstück ist das
Informationszentrum für Migration MIC, das „neutrale Informationen“ bieten
soll. Dafür wurden im zehnten Europäischen Entwicklungsfond drei Millionen
Euro bereitgestellt.
Ghana ist allerdings nicht nur ein Ausreiseland, sondern innerhalb
Westafrikas auch Zielland. Nach Schätzung der Vereinten Nationen lebten
2010 mehr als 1,8 Millionen Einwanderer im Land, die somit 6,5 Prozent der
Bevölkerung ausmachten. Grund dafür ist die politische Stabilität, die seit
Jahrzehnten anhält. Erst am 7. Dezember 2016 war es zu einem friedlichen
Machtwechsel gekommen. Bis 2015 galt die Wirtschaft außerdem als stabil.
Derzeit liegen die Inflationsrate allerdings bei 15,8 Prozent und die
Arbeitslosenquote von jungen Ghanaern unter 25 bei rund 50 Prozent.
Die größte Gruppe der Immigranten machen die Nigerianer mit 20 Prozent aus.
Darunter sind nicht nur Geschäftsleute: Ghanaische Universitäten sind bei
nigerianischen Studenten beliebt. Im Vergleich zu Nigeria wird dort wenig
gestreikt, und die Ausbildung kann in der geplanten Zeit absolviert werden.
In den 1970er Jahren war das jedoch noch ganz anders, sodass
hunderttausende Ghanaer zum Arbeiten nach Nigeria zogen. 1983 wurden jedoch
bis zu eine Million von ihnen wieder deportiert. Seit der Krise in Libyen
sind außerdem mindestens 18.000 Ghanaer aus dem nordafrikanischen Land
zurückgekehrt.
13 Dec 2016
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
migControl
Abschiebung
Ghana
EU-Türkei-Deal
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