| # taz.de -- Regierungsumbau in Italien: Renzis Leute bleiben am Drücker | |
| > Paolo Gentiloni ist Italiens neuer Ministerpräsident. Die Regierung Renzi | |
| > kann aber weitermachen wie gehabt – wenn auch ohne den alten Chef. | |
| Bild: Ein „bacio“ von Matteo: Maria Elena Boschi, die Autorin der gescheite… | |
| ROM taz | Italiens neue Regierung steht. Paolo Gentiloni, der erst am | |
| Sonntag den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten hatte, präsentierte sich | |
| schon am Montagabend mit seinem Kabinett bei Staatspräsident Mattarella zur | |
| Vereidigung. Am Dienstag begann die Vertrauensdebatte im Parlament. | |
| Gentiloni war der Wunschkandidat des scheidenden Ministerpräsidenten Matteo | |
| Renzi, und er enttäuschte seinen Sponsor nicht. Die Regierung Renzi macht | |
| nämlich einfach weiter – wenn auch ohne den alten Chef. Besser hätte der | |
| Neue nicht klarmachen können, dass er sich als bloßen Statthalter sieht. | |
| Praktisch alle Ressorts behalten ihre alten Minister, angefangen von | |
| Schatzminister Pier Carlo Padoan. Nur eine wichtige Rochade gab es, da | |
| Gentiloni bisher Außenminister war. Auf seinen Posten rückt Angelino | |
| Alfano, Innenminister im Kabinett Alfano und Vorsitzender des kleinen NCD | |
| (Nuovo Centro-Destra – Neues Mitte-rechts-Lager). | |
| Bleiben durften alle anderen Ressortchefs, auch jene, die angesichts | |
| bescheidener Popularitätswerte oder ausgebliebener Resultate eigentlich auf | |
| der Abschussliste standen. Zum einzigen Bauernopfer wurde die | |
| Schulministerin Stefania Giannini, die im Jahr 2015 die vor allem unter den | |
| Lehrern höchst unpopuläre Schulreform verantwortet hatte. | |
| „Ohne Matteo wird es hart, sehr hart“ – mit diesen Worten wird Gentiloni | |
| von der ersten Kabinettssitzung zitiert. Doch als klares Signal, dass der | |
| eigentliche Dominus weiterhin Renzi heißt, darf wohl die Tatsache gelten, | |
| dass Maria Elena Boschi den Posten der Staatssekretärin im Amt des | |
| Ministerpräsidenten übernimmt. Auch die bisherige Reformministerin Boschi, | |
| eine der seit je engsten Vertrauten Renzis, stand eigentlich auf der | |
| Abschussliste. Sie war die Autorin jener Verfassungsreform, die im | |
| Referendum vom 4. Dezember krachend durchgefallen war. Statt wie erwartet | |
| aus dem Kabinett auszuscheiden, übernimmt sie nun die zentrale | |
| Koordinationsrolle. | |
| ## Renzi will Neuwahlen, spätestens im Juni 2017 | |
| Zwar bleibt die Koalition aus Renzis gemäßigt linker Partito Democratico | |
| (PD), aus der NCD und weiteren Mini-Fraktionen der rechten Mitte | |
| unverändert, doch ihre parlamentarische Basis wird schmaler. Bisher nämlich | |
| konnte sich die Regierung auch auf 18 Senatoren stützen, die sich unter | |
| Führung von Denis Verdini von Silvio Berlusconi losgesagt hatten. Verdini | |
| hatte jetzt für seine Fraktion Posten am Kabinettstisch verlangt. Da er | |
| selbst jedoch in diversen Korruptions- und Bankrottprozessen angeklagt ist, | |
| wollte die PD dies ihrer Basis nicht zumuten – mit dem Resultat, dass | |
| Verdini ein Nein beim Vertrauensvotum ankündigte. | |
| Damit wird die Mehrheit schmaler; sicher kann Gentiloni nur auf 165 der 315 | |
| Stimmen im Senat zählen. Doch Matteo Renzi kann das nur recht sein: Er kann | |
| so jederzeit die Regierung seines Freundes Gentiloni zu Fall bringen. | |
| An Renzis Fahrplan nämlich hat sich nichts geändert. Er will Neuwahlen, | |
| dann wieder unter seiner Führung, spätestens im Juni 2017. Schon für | |
| nächsten Sonntag hat er die 1000 Delegierten des Kleinen Parteitags der PD | |
| zusammengerufen. Sie werden voraussichtlich die vorgezogene Neuwahl des | |
| Parteichefs schon im nächsten März beschließen, in Urwahlen, an denen alle | |
| Bürger teilnehmen können. Anschließend möchte Renzi sich sofort in den | |
| Parlamentswahlkampf stürzen und dort die Revanche für die Referendumspleite | |
| suchen. | |
| 13 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
| ## TAGS | |
| Italien | |
| Matteo Renzi | |
| Italien | |
| Italien | |
| Matteo Renzi | |
| Italien | |
| Italien | |
| Italien | |
| Italien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neuwahl und Wahlgesetz in Italien: Wählen nach deutschem Vorbild | |
| Im Herbst wollen alle Parteien des Landes sich an der Urne messen lassen. | |
| Dazu haben sie in seltener Einmütigkeit ein Wahlgesetz beschlossen. | |
| Demokratische Partei in Italien: Renzis Partei vor der Spaltung | |
| Die Regierungspartei Partito Democratico zerlegt sich gegenwärtig selbst. | |
| Streitpunkt ist erneut der Machtanspruch von Matteo Renzi. | |
| Wahlrechtsrefom in Italien gescheitert: Neuwahl nach altem Muster | |
| Das Verfassungsgericht kassiert die Wahlrechtsreform, die Renzi durchs | |
| Parlament geboxt hatte. Trotzdem rechnet dieser sich gute Wahlchancen aus. | |
| Korb für die 5-Sterne-Bewegung in Italien: Knapp an der Sensation vorbei | |
| Die Fünf-Sterne-Bewegung wollte Mitglied der liberalen Fraktion des | |
| EU-Parlaments werden. Die Liberalen bedankten sich – und lehnten ab. | |
| Ministerpräsident verkündet Besetzung: Italiens neue Regierung steht | |
| Italiens designierter Regierungschef Paolo Gentiloni stellt das neue | |
| Kabinett vor. Der bisherige Innenminster Angelino Alfano wird künftig | |
| Außenminister. | |
| Italien hat neuen Regierungschef: Gentiloni vor enormen Aufgaben | |
| Italiens Staatspräsident weiß um die prekäre Lage des Landes. Seine Lösung | |
| heißt Paolo Gentiloni. Der als besonnen Geltende soll es jetzt richten. | |
| Kommentar Referendum in Italien: Calmatevi! | |
| Das Votum der Italiener ist kein Sieg der Populisten und keine Absage an | |
| die Demokratie. Wer vor Europas Untergang warnt, macht Panik. |