# taz.de -- Evakuierung aus Ost-Aleppo beginnt: Keine Schüsse, keine Menschen | |
> Syriens Präsident Assad verkündet, die Stadt sei befreit. Busse und | |
> Krankenwagen bringen Zivilisten und Kämpfer in andere Rebellengebiete. | |
Bild: Abzug oder Vertreibung? Ost-Aleppo unter Kontrolle des Assad-Regimes | |
Berlin taz | „Ich bitte euch nicht, unsere engen Straßen zu retten, unsere | |
Märkte und Mauern, sie sind verschwunden. | |
Ich bitte euch nicht, die verstorbenen Seelen zu retten, sie sind | |
verschwunden. | |
Ich bitte euch nicht, die Freiheit zu retten, sie ist verschwunden. | |
Ich bitte euch um mehr. | |
Ich bitte euch darum, den Rest unseres Lebens zu retten, unsere Frauen und | |
Kinder, indem ein Korridor geöffnet wird.“ | |
Mit diesem Appell hat sich Brita Hagi Hasan, Bürgermeister von Ost-Aleppo – | |
das heißt Vorsitzender des von den Rebellen eingesetzten Stadtrats – am | |
Donnerstag an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und | |
den Präsidenten des Europarats gewandt, die sich zu einem Gipfeltreffen in | |
Brüssel versammelt hatten. | |
Hasan hält sich seit Ende November in Europa auf, wo er sich seither für | |
die Rettung der eingeschlossenen Bevölkerung aus den Rebellengebieten | |
seiner Stadt einsetzt. | |
Erst am Donnerstag, nach zähen Verhandlungen, hat die mehrfach verschobene | |
Evakuierung eingeschlossener Kämpfer und der Zivilbevölkerung aus Aleppo | |
schließlich begonnen – einen Monat nach dem Beginn der Bodenoffensive | |
syrischer Truppen und ihrer Verbündeten. | |
Am selben Tag hat der syrische Präsident Baschar al-Assad Aleppo für | |
„befreit“ erklärt. | |
Mindesten 17 Busse und zehn Krankenwagen brachten Bewohner aus dem | |
ehemaligen Rebellengebiet im Osten der Stadt nach Ramusa, ein Viertel im | |
Westen, das von Regierungstruppen gehalten wird. | |
Nach Angaben einer Rebellengruppe waren auch Krankenwagen des türkischen | |
Roten Halbmonds beteiligt, neben dem Internationalen Komitee vom Roten | |
Kreuz und dem Syrischen Roten Halbmond. | |
Die Evakuierten sollen in die Rebellenhochburg Idlib sowie in Gebiete im | |
Westen der Provinz Aleppo gebracht werden, die ebenfalls von Rebellen | |
kontrolliert wird. | |
Mit dem ersten Konvoi wurden nach offiziellen Angaben 951 Menschen aus dem | |
Osten Aleppos gebracht. Darunter seien vor allem Frauen, Kinder und | |
Verletzte gewesen. Ein zweiter Konvoi mit 15 Bussen sollte möglicherweise | |
noch am Donnerstag Aleppo verlassen und in Gebiete fahren, die von Rebellen | |
gehalten werden. | |
## Sanitäter unter Beschuss | |
Seit dem frühen Morgen waren in Aleppo keine Schüsse mehr zu hören. | |
Allerdings berichten Rebellen davon, dass Krankentransporte unter Beschuss | |
genommen worden seien. Der Leiter des Rettungsdienstes erklärte, dabei | |
seien drei Personen verletzt worden, darunter ein Sanitäter. | |
Laut dem russischen Verteidigungsministerium sind die Rebellen inzwischen | |
aus ganz Aleppo verdrängt worden. 3.000 Kämpfer hätten die Stadt verlassen | |
und über 108.000 Zivilisten seien in sichere Bezirke von Aleppo geflüchtet, | |
meldeten die russischen Nachrichtenagenturen Tass und RIA. Mehrere | |
medizinische Hilfsorganisationen riefen zu dringender Nothilfe für die | |
Bewohnerinnen und Bewohner Aleppos auf. | |
Die 17 Organisationen warfen der internationalen Gemeinschaft | |
„Komplizenschaft“ bei der humanitären Katastrophe in Aleppo vor. „Währe… | |
sich die Diplomaten in Genf, New York oder (…) in Brüssel treffen, macht | |
die Menschlichkeit in Aleppo ihren letzten Atemzug“, heißt es in einer | |
gemeinsamen Erklärung. | |
Der Vormarsch der Regierungstruppen in Aleppo „deckt die Hohlheit, | |
Ineffizienz und den Bankrott der internationalen Gemeinschaft auf“. (Mit | |
Agenturen) | |
15 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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