| # taz.de -- Union-Freundeskreis: „Heute ist mir das zu fett“ | |
| > Torsten Hradecky ist Theatermeister an der Staatsoper und Mitglied des | |
| > Union-Freundeskreises der Berliner Theater. Ein Gespräch übers | |
| > Union-Weihnachtssingen. | |
| Bild: Sie können auch singen, die Mannen vom 1. FC Union Berlin – sogar Weih… | |
| taz: Sie gehören zu den Unioner Opernfreunden … | |
| Torsten Hradecky: … nicht ganz, wir nennen uns „Union-Freundeskreis der | |
| Berliner Theater“. Wir sind einfach ein Zusammenschluss von Union-Fans, die | |
| an Berliner Theatern arbeiten, vom Bühnenbildner bis zum Intendanten. | |
| Unsere zusammengewürfelte Truppe verteilt sich über mehrere Häuser: | |
| Deutsches Theater, Deutsche Oper und Staatsoper, wo ich als Theatermeister | |
| für die ganze Bühnentechnik zuständig bin. | |
| Von der Volksbühne, wo im Januar die 50-Jahr-Feier des Vereins stattfand, | |
| ist keiner dabei? | |
| Bisher nicht, aber wer will, kann sich uns anschließen. Wir gehen so oft | |
| wie möglich gemeinsam ins Stadion oder mal zu einem Auswärtsspiel, | |
| allerdings nie alle zusammen wegen der Dienste. Wenn’s ungünstig läuft, | |
| kann gar keiner. | |
| Aber das Weihnachtssingen ist für Sie ein fester Termin? | |
| Nein, vor Heiligabend kriegen wir nicht frei. Da sind die Vorstellungen | |
| voll, weil sie viele Besucher mit Weihnachtsfeiern verbinden. Bei uns läuft | |
| am 23. die „Zauberflöte“, da habe ich auch Dienst. | |
| Zum Weihnachtssingen waren Sie aber schon mal? | |
| Na klar! Gleich im zweiten Jahr, 2004, als es noch familiär war. Auch 2008, | |
| als wir während des Stadionumbaus vorm Köpenicker Rathaus sangen, war ich | |
| dabei. Jetzt mit 28.000 Leuten im Stadion ist mir das zu heftig. Ein | |
| Bekannter hat mal erzählt, wie er schiefe Blicke von der Seite bekam, als | |
| er beim Weihnachtssingen einen Unionfangesang anstimmte. Das muss ich mir | |
| nicht antun. Ein bisschen Respekt gegenüber dem Verein sollte man schon | |
| haben. Ich bin ja seit 1976 Fan und habe auch die ganzen Niederungen des | |
| Vereins mit durchwandert. | |
| Ist Ihnen das Weihnachtssingen zu sehr Event? | |
| Ich sag mal so, es hat ein Ausmaß angenommen, das ich kritisch sehe. Denn | |
| der Ursprungsgedanke war mal ein ganz anderer. Es begann ja, als der Verein | |
| schlecht dastand und Torsten Eisenbeiser und die anderen Leute vom Fanklub | |
| Alt-Unioner spontan über den Stadionzaun geklettert sind, um für sich zu | |
| singen. Das war Union. Heute ist mir das zu fett. Aber wer will, soll | |
| natürlich hingehen. | |
| Fußball ist ja mehr denn je Event und Dauerthema. Wie ist das an der | |
| Staatsoper? | |
| Als ich 1985 hier begann, war Fußball auf der Arbeit gar kein Thema. Heute | |
| ist das anders. Da verabredet sich der Beleuchtungsmeister schon mal mit | |
| dem Regisseur Wim Wenders in der Alten Försterei, weil ihr Lieblingsteam | |
| Fortuna Düsseldorf dort spielt. Oder wir Union-Fans hatten mal versucht, | |
| den Hauptdarsteller im Gaetano-Donizetti-Stück „Liebestrank“ in ein | |
| Union-Trikot zu stecken. Eigentlich hat der ja ein Trikot von Parma an, | |
| weil es in Italien spielt. Aber das funktionierte nicht, weil die Erben des | |
| Komponisten auf dem Originalkostümbild bestanden. Wir sind ja Mitarbeiter | |
| aus 56 Ländern und aus ganz Deutschland, da hat jeder seinen Verein, und | |
| darüber wird dann viel geredet. Darüber steht natürlich unsere gemeinsame | |
| Liebe zur Kunst. | |
| Sind Sie selbst Opernfan? | |
| Klar, aber nicht „Zauberflöte“. Die hört man mal beim Saubermachen oder s… | |
| Ich liebe Wagner. | |
| Oper und Fußball hatten ja lange Zeit keine Berührungspunkte. Inzwischen | |
| werden zum Beispiel in Dortmund sogar Fußballopern aufgeführt. Ist das | |
| Anbiederei der Hochkulturfraktion oder okay? | |
| Also, ich begrüße es, wenn sich die Theater öffnen. Auch die Theaterstücke | |
| zur Union-Geschichte, die sie in Köpenick aufführen, finde ich gut. Viele | |
| denken ja, Fußballfans sind alles Proleten, die sich nicht für Theater | |
| interessieren. Stimmt aber nicht. | |
| Werben Sie unter Union-Fans manchmal für die Staatsoper? | |
| Ja, es gibt günstige Dienstkarten oder Tickets für öffentliche | |
| Generalproben, da frage ich schon mal, ob die nicht jemand möchte. Selbst | |
| zum Ballett sind Union-Kumpels schon gekommen. Manche müssen sich | |
| überwinden, aber wenn der erste Schritt gemacht ist, stellen sie fest, das | |
| es im Theater gar nicht so steif zugeht. Am Ende waren immer alle | |
| begeistert. | |
| Weiß Generalmusikdirektor Daniel Barenboim eigentlich von dem | |
| Union-Freundeskreis in seinem Haus? | |
| Ne, bestimmt nicht. Ich weiß gar nicht, ob der sich überhaupt für Fußball | |
| interessiert. | |
| Vielleicht würde er das Weihnachtssingen gut finden. | |
| Keine Ahnung. Unser Intendant Jürgen Flimm findet es auf jeden Fall gut. | |
| Der war ja früher mehr Fan von St. Pauli und Bremen und wurde dann von uns | |
| Unionern umgepolt. In seinem Büro hängt sogar ein Union-Fähnchen im | |
| Fenster. | |
| Der schnelle, auch von Unionfans unterstützte Stadionumbau in Köpenick | |
| sorgte vor Jahren für positive Schlagzeilen, der Staatsoper-Umbau ist ein | |
| Desaster. Ihr Kommentar? | |
| Was soll ich da sagen? Wir hoffen und bangen, dass wir bald vom | |
| Schillertheater in unser Stammhaus zurückkönnen. So wie wir damals auch aus | |
| dem Jahnsportpark zurück nach Hause an die Alte Försterei wollten. Für mich | |
| ist es schon die zweite Sanierung. 1985/86 wurden 700 Fachleute und | |
| Handwerker von der Armee geschickt, da arbeiteten im Bühnenbereich 100 | |
| Leute gleichzeitig. Wenn du heute auf der Baustelle vorbeischaust, siehst | |
| du niemanden. | |
| 19 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Gunnar Leue | |
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